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Alexander

Alexander

Titel: Alexander Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klaus Mann
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unterhielt. In die Späße flocht er mit böser Gewandtheit seine eigennützigen kleinen Ratschläge. So brachte er es dahin, daß der König beschloß, mit der üppigen Kleopatra öffentliche Hochzeit zu machen.
    Die kleinen Griechen schüttelten sich vor boshaftem Amüsement: endlich würde es zum ganz gehörigen, fetten Skandal kommen.
    Es kam dazu, so laut, wie es sich das sensationslüsterne Pack nur gewünscht hatte. Die Vermählung des Königs mit seiner Nichte machte den Attalos unvorsichtig, es war zu viel des Triumphes, zum ersten Male trank er reichlicher, als er vertrug. Er lallte und rülpste, im schwarzen Bartgestrüpp blühte sein ordinärer Mund üppig-rot. Mit zitteriger Hand wies er auf den Prinzen Alexander, der ihm unbeweglich gegenübersaß: »Jetzt ist es mit dem vorbei« – er spuckte und lachte, während er schrie –, »jetzt kommt der erbberechtigte Prinz, der wirkliche Mazedone, der Sohn der Kleopatra!« Da hatte er den schweren Becher im Gesicht, er blutete, brüllte dumpf und schlug hin; Alexander, der ihn geschleudert hatte, stand aufrecht, zuckend, mit gefährlich flammendem Blick.
    Drüben richtete sich Philipp aus der Umarmung der betrunkenen Kleopatra auf, die mit weiß strotzenden Brüsten über dem Tisch lag; er schrie, stampfte: man hatte seinen eigenen Oheim beleidigt. Da ihn Alexanders haßzitterndes Schweigen bis zur Raserei und Tollwut reizte, stürzte er torkelnd auf ihn zu, mit wackelnd gereckter Faust, zornesrot geschwollenem Gesicht. Ihn hielten die Getreuen zurück, Parmenion, Antipatros. Aber die unverschämten Griechen stichelten, kicherten, hetzten; »ich prügle ihn!« schrie der König, ihn erwartete unbeweglich der Kronprinz. Dicht vor ihm stolperte der Vater, schlug hin, erbrach sich, lag besudelt zu seinen Füßen. Alexander wandte sich, kurz und verächtlich. Er ging rasch hinaus, ohne noch einen Blick für den Liegenden. Ihm folgten einige seiner Freunde. –
    Am nächsten Morgen verließ der Prinz mit seiner tiefbeleidigten Mutter die Hauptstadt. Er selber kehrte, durch geschickte Mittler bewogen, nach einigen Wochen zurück; Olympias blieb über ein Jahr Pella fern, am Hofe von Epiros bei den Verwandten.
    Damals war Alexander fünfzehn Jahre alt.
    Mit einer Genauigkeit, die aus Haß kam, beobachtete, beurteilte, prüfte Alexander die Politik seines Vaters. Er kam zu dem Resultate, daß er sie vorzüglich fand, gleichzeitig aber abscheulich.
    Alexander, der Sechzehn- und Siebzehnjährige, wußte, was er selber wollte, noch nicht; oder wußte es doch nur undeutlich-großartig, wie man den wundervollen Traum der vergangenen Nacht weiß. Aber täglich klarer wurde, daß das Ziel des Philipp nicht das seine war, wenngleich es ihm äußerlich ähnlich sehen mochte. Philipp plante den Zug nach Asien, wenn er erst die Hegemonie über Griechenland hätte, der panhellenische Rachezug war der Vorwand, unter dem er die Hegemonie anstreben konnte. »Ich bin hart mit euch«, sagte er zu den Griechen, die er frech unterdrückte, »aber nur, damit ihr eines Tages unter meiner Herrschaft einig werdet. Ich will euer Bestes, will den Aufschwung eurer Nation, mir sollt ihr‘s danken, wenn der Großkönig gebüßt hat, für euch einstmals angetane Schmach.«
    Er wollte, das war alles, griechischer Nationalheld werden, der asiatische Feldzug sollte ihn dazu machen. Dieser grobe, aber listige Mann ging Schritt für Schritt vor, er war nie ungestüm, immer verschlagen und konsequent. Sein Sohn beobachtete, angeekelt und bewundernd, diese grausam schlau berechneten Schritte.
    Selbstverständlich irrte Demosthenes mit jedem Wort, das er sagte; viel Psychologie schien dieser rabiate Advokat nicht zu haben. Was für ein borniertes Mißverständnis, zu argwöhnen, Philipps Unternehmungen richteten sich gegen Athen, da ihm doch an nichts so viel wie an der Anerkennung seines Heldentums gerade in Athen lag. Dort ein Denkmal zu haben, dort Heros zu sein, das war seiner Eitelkeit einziges, glühendes Ziel.
    Was also wollte dieser aufgeregte Rechtsanwalt? Er ging so weit, sich sogar mit dem Perserkönig einzulassen, aus hysterischem Haß gegen Philipp. Als redlicher Nationalist hätte er ein Bündnis zwischen Mazedonien und Athen propagieren sollen, anstatt es zu begeifern und zu verhindern. Oder war die absolute Vorherrschaft Athens seine fixe Idee? Er kannte seine Landsleute, denen er im pädagogischen Eifer so harte Wahrheiten sagte, zu gut, um nicht zu wissen, daß das unmöglich

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