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Alexander

Alexander

Titel: Alexander Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klaus Mann
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Mazedonenjüngling verloren gewesen. Es wäre sein Ende, sein Ruin geworden. Ich sterbe ihm gerade zur rechten Zeit.«
    Nach einer gramvollen Pause sagte er noch: »Wenn mich einer von diesen Persern vergiftet hat, ist es ein Zeichen der Götter, daß sie zum Untergang reif sind. Reif, reif, reif –«, schrie er und warf gepeinigt den Oberkörper. »Nun widersteht dem Einbruch dieses Barbaren keiner mehr. So wie ich ihn hasse, kann kein Asiate es tun, nur ein Grieche. Er ist Griechenlands Feind mehr als der Persiens. Er vermischt alles, er bringt alles durcheinander. – Wir aber waren die Reinen.«
    Er lag zurückgesunken, sein quittegelbes, vornehmes und zerarbeitetes Gesicht ruhte schmerzlich. Das Kinn ragte spitz, der Mund schien greisenhaft einzufallen. Nur an den dunklen leidenschaftlichen Augen sah man, daß er immer noch dachte, so unerbittlich und leidenschaftlich wie je.
    Als Abschluß dieses letzten großen Gedankenganges sagte er leise: »Er hat Glück, dieser Alexander. Die Götter geben ihm Glück.« Mit einer traurig nach vorn sinkenden Stirn, hoffnungslos, aber stolz: »Ich war der Letzte, den er zu fürchten hatte.«
    Mit einer müden und resignierten Feierlichkeit wandte er sich wieder dem Neffen zu, der angstvoll lauschte. »Ich ernenne dich zu meinem Nachfolger«, sagte er matt. »Versichere den Großkönig meiner Treue und Anhänglichkeit –«
    Den Alexander erreichte die Nachricht vom Tode seines bedeutenden Widersachers in Gordion. Sie stimmte ihn nicht lustig, eher feierlich. Jeder neue Gunstbeweis der Götter erschütterte ihn fast bis zu Tränen. Er teilte in gehobenen Ausdrücken die neue Gnade seiner Mutter mit.
    »Die geheimnisvollen Götter, zu denen du für mich betest, haben meinen schlimmsten Feind vertilgt. Sie begünstigen mich mit ihrer großen Huld, um des Auftrages willen, in dessen Sinn ich mich zu handeln mühe.«
    An diesem Tage zeigte man ihm in der phrygischen Königsburg den heiligen Wagen, in dem Midas unters Volk gefahren war, so daß man, dem Orakel Zufolge, seine Göttlichkeit hatte erkennen dürfen. Man wies ihm auch, an der Wagendeichsel, den Knoten, der aus dem Baste vom Kornelkirschbaum unlösbar geflochten schien, weder sein Anfang noch sein Ende war sichtbar. Dieser Knoten, hieß die Prophezeiung, müsse von dem gelöst werden, der über Asien Herr sein wolle.
    Alexander beugte sich über ihn, er prüfte ihn mit zusammengekniffenen Augen; er fingerte an ihm herum, schließlich schnupperte er sogar, wie er roch. Er roch etwas faulig; ein alter Knoten, zäh in sich verfilzt. Er fühlte sich vor Alter klebrig an, wenn man ihn fest anpackte, mußte er auseinanderfallen wie ein bißchen Asche. Ihn zu lösen freilich wäre eine häßliche Mühe gewesen.
    Mit einer nachdenklichen und Zerstreuten Gebärde nahm Alexander sein kurzes Schwert aus der Scheide; er stocherte und spielte mit der Spitze des Metalls in der etwas unappetitlichen Masse herum, plötzlich, niemand war darauf vorbereitet, schnitt er zu; der Knoten zerbröckelte und zerfiel.
    Die Stadtväter, die die Führung leiteten, wollten entsetzte Augen machen. Alexander aber verneigte sich leicht wie nach einem geglückten Kunststück, und er zeigte sein strahlendstes Lächeln.
    »So hat sich die Prophezeiung erfüllt –« Da liefen und trippelten die Alten, um ihrem Volke von dem Wunder Mitteilung zu machen. –
    In Gordion vereinigten sich die verschiedenen Abteilungen des mazedonischen Heeres: Parmenion kam aus der Winterrast von Sardes mit seiner Abteilung, die Neuvermählten kehrten von ihrem Vergnügungsurlaub zurück, mit ihnen eine große Zahl Neuausgehobener, dreitausend zu Fuß, sechshundertfünfzig zu Pferd.
    Während das große Lager sich zum Aufbruch rüstete, hatte Alexander im Zelt schwerwiegende Konferenzen. Es ergab sich die Notwendigkeit, eine neue Flotte zu schaffen, um mit dem Mutterlande Verbindung zu halten, denn Mytilene hatte sich doch noch dem Pharnabazos ergeben, die Intrigen des Memnon wirkten nach.
    »Athen wird sich weigern uns Schiffe zu liefern«, gab der sorgenvolle Parmenion zu bedenken. Jemand warf ein: »Sie sind vertraglich verpflichtet.« Der Alte schüttelte den Kopf: »Trotzdem.«
    Alexander war es, der die Diskussion abschnitt. »Ich werde Befehl geben, alle aus dem Pontos kommenden Handelsschiffe aufzuhalten, zu besetzen und als Kriegsschiffe einzurichten.«
    Die erlauchte Stadt mit Samthandschuhen anzufassen, war er keineswegs gesonnen. Er schaute brutal und

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