Alexander
Freunde hatten Spaß mit den Schätzen, die sie in den königlichen Zelten gefunden hatten. Sie probierten die edelsteingeschmückten Prunkgewänder, schnupperten an den Salben, ließen sich in den goldenen Schüsseln servieren.
Alexander stellte sich den Kameraden im Festkleid des Großkönigs vor, sie jubelten, klatschten und lachten. Zum Scherze ließ er sie vor sich niederfallen. Als sie vor ihm den Boden mit den Stirnen berührten, wurde er plötzlich ernst.
Dareios wurde von seinen Reitern und Generalen eingeholt, fast gefangen. Sie brachten ihn zu sich, mehr barsch als verehrungsvoll erinnerten sie ihn an das, was er war, was er sich und der Nation schuldig sei. Unter ihrem Einfluß verfaßte er eine Note, die mit den Worten begann:
»Der König der Könige, der Achämenide, Sohn des Ahura-Mazda, des Sonnengottes, Dareios Kodomannos – an Alexander, den Mazedonen.«
Im Laufe des Schreibens legte er in bitteren und schmerzbewegten Worten dar, was der Eindringling ihm angetan; wie er, durch nichts gereizt, Ruhe, Friede und Wohlergehen seines großen und schönen Reiches zerstört habe. Da aber die Götter in ihrer unergründlichen und oft so schwer verständlichen Weisheit die große Schlacht für ihn, Alexander, entschieden hätten, sei er bereit, als König mit dem Könige, von gleich zu gleich mit ihm zu verhandeln. Er möge ihm erst seine Damen, an denen er so innig hänge, wiedergeben, dann wäre auszumachen, unter welchen Bedingungen das mazedonische Heer Gebiet räumen wolle, das ihm nicht zukomme.
Auf dieses friedlich-ahnungslose Angebot hin erhielt der arme Großkönig eine Antwort, die überschrieben war: »König Alexander von Mazedonien, Sohn des Philippos, der Heraklide – an Dareios«, und die mit dem strahlenden Satz begann:
»Da ich so Herr über Asien bin …«
Es hieß kurz und bündig, daß an eine Verhandlung ›von gleich zu gleich‹ nicht zu denken sei. Wolle Dareios sich dem Alexander nahen, so nur, wenn er ihn als seinen Herren unbedingt anerkenne. Tue er das nicht, so müsse man noch einmal die Schlacht entscheiden lassen. – Was seine Damen betreffe, so möge er selber kommen, sie sich zu holen und gleichzeitig vor seinem Herren den Fußfall zu tun. –
Dareios, der diese Erwiderung las, saß lange reglos, nur den Kopf schüttelnd.
IV
Alexander hatte die Gewohnheit angenommen, bei entscheidenden Besprechungen oder auch allein, nachdenkend, die Hände auf den Rücken gelegt und mit geducktem Kopfe im Raum auf und ab zu rennen; nur bei den abschließenden Worten stehen zu bleiben, unter gesenkter Stirn seine kurzen Sätze zu formulieren.
Im Zelt auf und ab rennend sann und beschloß er.
»Wollte ich nach den Wünschen meiner Offiziere, meiner Armee handeln, nützte ich den großen Sieg unmittelbar aus, indem ich nach Babylon aufbräche.
Ich darf es nicht. Ich brauche die phönizischen Handelsstädte. Ich brauche vor allem Ägypten.«
»Ich brauche Ägypten«, sagte er laut, dabei blieb er mitten im Raum stehen. »Es gehört zu meinem Reich.«
Die Ahnung, die vor ihm aufstieg, war so groß, daß er die Augen schließen mußte. Er sah ›das Reich‹, dessen östliche Grenze sich im Ungewissen verlor; war Griechenland mitsamt Mazedonien mehr als ein Anhängsel an seiner Herrlichkeit? Sein Herz aber lag in Ägypten; man zog durch eine Wüste, tief drinnen fand man das Heiligtum. Von dorther kam der Segen, die Bestätigung.
»Von dorther kommt die Bestätigung.« –
Alexander befahl seine Generale zur Audienz. Er setzte ihnen, was zu geschehen hatte, knapp auseinander; sie lauschten betroffen.
Die wichtigsten Handelsstädte hatten sich schon ergeben: Sidon, Arados, Byblos. Sie waren es, die Herren zu wechseln, gewohnt, hatten hintereinander unter assyrischem, babylonischem, persischem Regiment gestanden. Immer hatte man ihnen die Möglichkeit gelassen, Geschäfte zu treiben, üppig zu leben und im Purpur zu sitzen.
Renitent blieb Tyros, das sich als Inselstadt für uneinnehmbar hielt.
Die Belagerung dauerte mehrere Monate.
Nach der Eroberung von Tyros und der Feste Gaza besuchte Alexander, nur von kleinen Scharen begleitet, das jüdische und das samaritische Land, wo ihm Wunderliches geschah. Denn hier begrüßte ihn ein Priester, der Jaddua hieß und gravitätischer schien als alle Zauberer und Beschwörer, die bei Olympias aus und ein gegangen. Er hob die flachen Hände, wiegte den Kopf, seine Sprache war näselnde Litanei.
Was er sagte, ging dahin, daß
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