Alexander
erbaut war. Auf dem Standbild des Assyrerkönigs fanden sie die Inschrift:
»Anchiale und Tarsos hat Sardanapal an einem Tage gegründet. Du aber, Fremdling, iß, trink, liebe. Was sonst der Mensch hat, ist nicht der Rede wert.«
Diese Inschrift schien den Alexander sehr zu beschäftigen; er ging den Rest des Tages nachdenklich umher.
Die Nachricht vom Tode des Generals Memnon versetzte den Großkönig in allerti eiste Verwirrung; nun wußte er überhaupt keinen Ausweg mehr. Er saß nur noch und schüttelte den Kopf, dabei liefen ihm Tränen über die großen Backen.
So fand ihn seine Mutter, die rüstige Sisygambis, sie spottete derb: »Ein schöner König!«, dabei deutete sie sogar mit dem Finger auf ihn. Sie erinnerte ihn streng an die Tatsache, daß er ein Achämenide war. »Das Blut des Kyros fließt in deinen Adern!« rief sie drohend. Er schüttelte den lastenden Kopf, betrübt und ungläubig. »Ach ja –«, sagte er sorgenvoll.
Immerhin berief er einen Rat seiner Großen. Er gestand ihnen ein, daß er nicht mehr wisse, was tun. Die schwarzbärtigen, klirrenden Herren zeigten sich entschlossener: Was zu tun war? Eine riesengroße Schlacht war zu liefern, die dem Fremdling endlich die Vernichtung brächte, und zwar mit einem Schlage, wie er‘s verdiente. Die Armee stand bereit, sie zählte nach Hunderttausenden: die persische Reiterei, die griechischen Söldner warteten, der König der Könige brauchte sich nur an ihre Spitze zu stellen. Seine Gegenwart, riefen die Schwarzbärtigen klirrend, würde begeistern und mutig machen, es konnte nicht wie am Granikos gehen.
Der König, sanft, vornehm und resigniert, lauschte und nickte. Daß seine Person eine Armee begeistern und zum Siege führen könne, schien ihm unvorstellbar und wunderlich; aber er hörte gern, wenn sie‘s sagten. –
Was Dareios in der Nacht vor dem Aufbruch zum Heere wirklich geträumt hatte, erfuhr keiner. Er erwachte verstört. Offiziell wurde gemeldet, er habe das mazedonische Lager in Flammen gesehen, eine etwas lächerliche Erfindung, die man nur aus Höflichkeit ernst nehmen konnte.
Scheinbar hochgemut, in Wahrheit aber deprimiert bis zum Nervenzusammenbruch, reiste er ab, in Begleitung des großen Harems, der Eunuchen, Stummen, Köche, Wahrsager sowie der königlichen Damen.
Er begrüßte die Armee mit etwas matter Rede. »Wir müssen siegen; denn das Recht ist bei uns«, sagte er traurig. Daraufhin stieg er wieder in die Kutsche, über der üppig der Baldachin schwankte. Bei ihm saßen seine Mutter, die ihn wegen der verunglückten Ansprache auszankte, seine Gattin und seine zwei Töchter, deren ältere Stateira hieß.
Die schwerfällige und buntgemischte Menschenmasse, die sich die Armee des Großkönigs nannte, schleppte sich langsam vom Euphrat aus gegen Syrien.
Nach der Niederlage floh Dareios Kodomannos unbewaffnet, im zerfetzten Kleid auf einer Stute gen Osten; floh, floh, floh vor Alexander über Onchai, Thapzakos, bis hinter den Euphrat. Er klagte und lallte, in seinem überanstrengten Kopf, der im Galoppritt wackelte, taten die wirren, schmerzlichen Gedanken weh.
»Dieser schauerliche Alexander hat übernatürliche Kräfte, ich habe es an seinen Augen gesehen. Wenn diese Augen mich nicht so angeschaut hätten, ach, dann wäre diese Schlacht nicht verloren gewesen; denn dann wäre ich nicht geflohen.
Weil diese Augen mich angeschaut haben, geht mein Königreich unter«, dachte er wirr. »Daß ich wendete, war der Anfang der Katastrophe. Das Zentrum löste sich auf –«
Sinkender Abend, windige Nacht, grauer Morgen hörten sein verzweiflungsvolles Geschwätz. Mitleidige reichten ihm den Krug mit Wasser, das Brot. Man erkannte ihn nicht. Er war, auf seiner Stute, ein plappernder, gestörter Alter mit großem Kopf, der mit krankhafter Eile gen Osten ritt. –
Alexander inzwischen besichtigte die königlichen Schätze, Zelte und Vorräte sowie den Harem, alles, was man in Damaskos zurückgelassen. Auch die Königin-Mutter sowie die Königin samt den Prinzessinnen waren seine Gefangenen.
Die argwöhnische alte Dame sah sich das Schlimmste bevorstehen, in eisiger Ruhe war sie darauf gefaßt, von mindestens zehn mazedonischen Offizieren vergewaltigt zu werden. Statt dessen kümmerte man sich um die hohen Frauen fast gar nicht. Alexander hatte knappen Befehl gegeben, ihnen alle Bequemlichkeiten zu lassen, mit ausgesuchter Zuvorkommenheit sie zu behandeln. Er selber machte ihnen nicht einmal Visite.
Er und seine
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