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Alexander

Alexander

Titel: Alexander Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klaus Mann
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der Brand währte, in den Höfen des Palastes hatte spazieren sehen, mit einem unheimlich gierigen Blick in die Glut starrend. Wenn eine Säule zusammenkrachte, horchte er mit geschlossenen Augen dem Lärm nach, wie einer Musik, die sein Herz beruhigte.
    So fand ihn Kleitos. Die beiden standen sich allein gegenüber, seit wie langer Zeit zum erstenmal wieder? War es nicht am Granikos gewesen?
    Auf dem Gesichte des Kleitos spielten die Widerscheine des Feuers, tanzten über die Stirne, die Wangen hinunter, entzündeten Funken in seinen Augen, scherzten um seinen Mund. Sein Gesicht war gesegnet und umschmeichelt vom Licht; das Gesicht des Königs aber stand im Dunkel.
    »Dabei habe ich dieses Feuer entzündet«, empfand mit schmerzlichem Trotz Alexander.

PRÜFUNG
    I
    Dareios floh. Ihm schien, daß die Gefahr sich verringerte, je weiter östlich er käme. So verließ er Ekbatana, sandte Karawanen, Harem, Rest der Kleinodien voraus nach Ragai, an den Eingang der kaspischen Pässe. Er folgte, mit ihm die letzten, die von der Aristokratie ihm treugeblieben waren, die Reste der Chiliarchie, von Narbazanas geführt. – Hinter ihm drein Alexander, der für ihn kein Mensch mehr war, nur Verhängnis.
    Die Gemahlin war im Wochenbette gestorben, doch lebte noch die rüstig-unerbittliche Sisygambis, auch die beiden brünetten Töchter. Ihnen hatte er sich zu erhalten, ihnen vor allem; danach dem Reiche, dessen Hauptstädte das Verhängnis ihm vorläufig in Gestalt eines katastrophalen Jünglings genommen hatte, das aber nur daraufwartete, von ihm, Dareios Kodomannos, dem Achämeniden und angestammten Gebieter, befreit zu werden.
    Seine schwache und angegriffene Seele rettete sich zur Frömmigkeit. In langen Meditationen beriet er sich mit der Gottheit, um zu erfahren, warum sie so unbegreiflich alles eingerichtet. Ohne Frage, hier handelte es sich um den Urkampf zwischen Gutem und Bösem, den Zarathustra Spitama lehrte. Dieser Aufrührer aus Mazedonien, er war der glänzendste Abgesandte der unreinen Macht, so unheilbringend und blendend hatte sie sich noch nie offenbart. Wer konnte gegen sie zu kämpfen berufen sein, wenn nicht der Enkel des großen Kyros, dem die Krone gehörte? »Einst wird enden der Streit – und das Böse, es wird vergehen«, verkündigte Zarathustra.
    Freilich kamen auch die schlimmen Stunden der Anfechtung, der Prophet selber gab zu bedenken: »Ob überhaupt im Guten – eine Möglichkeit des Wirkens liegt, – ob in der Welt – nicht doch nur die Klugheit gilt?« Aber hinter den Bedenken kam die Zuversicht, so zuversichtlich war er nie gewesen, in Babylon nicht, auf seinem verzierten Thron. Denn der Prophet hatte die stärkenden Worte hinterlassen:
    »Doch was heißt Sieg, was Unterliegen! Es fiel schon der Würfel. Nur wer in dir ist – der lebt.«
    Ihm war schon der Würfel gefallen, dem Widersacher aber galt die Drohung: »Doch wehe euch, wenn ihr treulos wurdet!«
    Seine Umgebung, die ihn bescheiden-idyllisch, oft verzagt gekannt hatte, war erstaunt, ihn in der Stunde äußerster und unabwendbarster Gefahr aufrecht zu sehen. Nun erst begriffen sie, daß er, trotz seines zu großen Kopfes, seiner versonnenen Augen, ein Edelmann war, fast ein Held.
    Er berief seine Großen, um ihnen zu eröffnen, daß er noch einmal den Kampf gegen Alexander wagen wolle. »Die Götter sind bei mir«, sagte er innig und stolz. – Er mußte, erleben, daß man widersprach. Erst zögerten sie, dann gestanden sie offen: ihr Leben einsetzen für eine Sache, die in diesem Augenblick hoffnungslos war, scheine sinnlos. Man müsse weiter nach Osten ziehen, nach Baktrien, nach Sogdiana, neue Völkermassen dort sammeln.
    Der Großkönig zeigte sich mehr enttäuscht als zornig. Er schwieg nachdenklich: so wollte Gott noch nicht den Entscheidungskampf? Zornig wurde er erst, als Narbazanas mit seinem unverschämten Vorschlag kam.
    Dieser abgebrühte alte Hofmann tat, als sei an dem, was er mit ruhiger Miene zu bedenken gab, nichts Außergewöhnliches. Ob es nicht überhaupt im Interesse der großen Sache günstiger sei, gab er vorsichtig zu bedenken, wenn Dareios abdanke, auf die Tiara verzichte, um sie etwa an den Satrapen Bessos abzugeben? Dieser, führte Narbazanas mit zäher Höflichkeit aus, während man den Großkönig erbleichen sah, genieße in allen östlichen Ländern gewaltiges Ansehen; die Skythen, die Inder seien ihm verbündet; zudem gelte er als dem königlichen Hause verwandt.
    Weiter kam er nicht, denn

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