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Alexander

Alexander

Titel: Alexander Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klaus Mann
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plötzlich Weiber stehen.
    Keine Frage, so prächtig geputzt fand man sie nicht in Athen, nicht in Pella. Diese trugen breit glitzernde Halsketten, die zwischen ihren Brüsten leis und aufmunternd klirrten; bunten Schmuck an Knöcheln, Handgelenken, fettem Oberarm. Im stillen, breiten, dickgeschminkten Gesicht hatten sie schön ummalte, ruhige und verlockende Augen, einen großen, dunkelgefärbten Mund, aus dem Wohlgeruch kam.
    Die Soldaten, die solch schwergliedrigen Damen in ihre entlegenen kleinen Behausungen gefolgt waren, kamen entkräftet, doch beseligt zurück. So ausgefallene und phantastische Wonnen hatten sie noch nie und nirgendwo erfahren; schon ihre Andeutungen machten die Kameraden verrückt.
    Dazu kam, daß hierzulande die gefälligsten Mädchen auch die frommsten schienen; sie nannten sich Dienerinnen der Ischtar, der Mylitta; bei den komplizierten und mit tiefster Schlauheit ausgedachten Spielen und Figuren ihrer Wollust blieben sie ernst, sogar weihevoll, wie im Tempel. »Sie machen die Augen nicht zu«, erzählten die Burschen, die aus ihren Armen kamen. »Sie schauen dich die ganze Zeit dabei an, so schläfrig und heilig, es wird einem ganz benommen zu Sinn.« –
    Als Alexander das erstemal ausritt, war in der ganzen Stadt Festtag. Die Männer trugen ihre pompösesten Kleider, enge, fransenbesetzte, blütenweiße oder papageienbunte; dazu die gefärbten Hüte, unter denen das blauschwarze Haar in sorgfältiger Frisur zum Nacken hing; die Weiber hatten ihr blendendstes Geschmeide angelegt, sie schaukelten vielversprechend mit dicken Ohrringen, mächtigen Halsgehängen. – Wo der Fluß war, sah man fast nicht mehr, so überfüllten die geputzten Barken sein Wasser; dazwischen trieben sich die kleinen Boote herum, manche nur gehöhlte Baumstämme, ausgeschlagen mit Häuten.
    Auf seinem geschmückten Roß, Alexander schnupperte mißtrauisch-interessiert den verlockend-faden Geruch, der aus den geöffneten Wohnungen, aus den Rinnsteinen, von den Leibern der Frauen kam. Er folgte ihm, ein schon beinah Verführter, in die engsten Gassen, wo er penetrant und atemberaubend wurde.
    »Es ist eine Mischung aus arabischem Gewürze und Verwesung«, stellte sachkundig und verträumt der fest, der neben ihm ritt. Es war kein anderer als Arrhidaios, sein tiefzerstreuter Halbbruder, der mit Botschaften von Olympias und Antipatros aus Pella eingetroffen war, um Alexander zu der großen Situation zu beglückwünschen.
    Es fiel etwas unheimlich auf, daß er in diesem fauligen Gassengewirr sich auszukennen schien, als sei er darin zu Hause. »Hier riecht es am stärksten!« verhieß er unanständig und verlockte den Zug in immer entlegenere Winkel, die in unsauberem Dunst lagen.
    Die Waren, die man hier feilbot, sahen verschimmelt aus, schon in Zersetzung begriffen, vor allem die Süßigkeiten; auch der Glanz der ausgebreiteten Seidenstoffe und grellfarbigen Gewebe hatte etwas Verdächtiges.
    Am beunruhigendsten fand Alexander das Aussehen der Kinder. So sollen acht- oder zwölfjährige Mädchen nicht aussehen; sie hatten schon die lüstern-frommen, verschleierten Augen ihrer gefälligen Mütter, auch den breiten dunkelgefärbten Mund und die träg herausfordernde Haltung. Leider waren auch viele der kleinen Jungen geschminkt, Alexander nahm sich flüchtig vor, das zu verbieten. – Währenddem sagte Arrhidaios an seiner Seite, mit einem versonnen zärtlichen Blick über die Kinder: »Die lieben Mäuse.« Worauf er greisenhaft speichelte und lachte.
    Es kam so weit, daß die beiden Brüder ihre Begleitung aus dem Auge verloren und sich beinah verirrt hätten. Ein demütiges und schönes kleines Mädchen, mit dem Arrhidaios recht vertraut zu sein schien, zeigte ihnen schließlich den Heimweg.
    Nach diesem ersten Male ritt Alexander täglich aus; selten in großer Begleitung, oft nur mit dem verträumten Arrhidaios, oft auch, wie man sich erzählte, verkleidet, allein, um nur ja alles recht gründlich kennenzulernen.
    Er tastete die Stoffe und Geräte in den Handelsgewölben ab, kostete in den Speisehäusern die stark gewürzten und die süßen Speisen, schnupperte bei den Salbenhändlern und Friseuren an den Fläschchen voll Öligen Wohlgeruchs.
    Er besuchte die Dienerinnen der Ischtar, ließ sich ihre Listen und Künste zeigen; aber auch die Männer, die sich mit dem Laufe der Sterne beschäftigten, bei geheimnisvollen Tafeln und Tabellen saßen und ihm manches über seine Zukunft vorerzählten.
    Am häufigsten

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