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Alexander

Alexander

Titel: Alexander Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klaus Mann
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die man kam, konnten nichts bieten, kein Brot und kein Bett. Viele erfroren, stürzten ab oder blieben am Wege.
    Am fünfzehnten Tage erreichte man die erste baktrische Siedlung, Drapsaka, wenig Zeit später die Hauptstadt. Überall war Bessos eben aufgebrochen, gen Osten entwichen. Es schien, daß er die Mazedonen locken wollte, sie narren, sie immer weiter verführen ins Innerste dieses Asien hinein, das unendlich sein mußte.
    Nun freilich waren sie in seinem Herzen, man sagte sich, daß hier das Geburtsland des Zarathustra sei. So hatte sich von hier aus die Lehre des Guten und Bösen über ganz Iran verbreitet.
    Mit einem verfinsterten und ehrfurchtsvollen Blick schaute über diese majestätische und kahle Landschaft Alexander. Wie harmlos war, mit ihrer Unerbittlichkeit verglichen, die verbuhlte Üppigkeit Kleinasiens und des fetten Babylon. Hier hoben in einer grenzenlosen Ebene von Geröll und Dürre urwelthaft zerklüftete Berge ihre schwärzlichen Krater. Angesichts dieser grausamen Landschaft erkannte mit zusammengebissenen Zähnen der König: jetzt wurde es ernst.
    Denn noch einen Schritt weiter, und die endgültige Wildnis war da. Die absolute Öde tat sich auf, wo keine Länder mehr voneinander abgegrenzt waren, wo man weder Perser noch Griechen, weder Zarathustra noch Dionysos kannte. Dort hausten die Skythen, die Menschenfleisch essen.
    »Wir sind an der Grenze«, dachte, angesichts dieser Landschaft, Alexander mit Grauen. –
    Man mußte von Baktra aufbrechen; denn Bessos war schon in Sogdiana, mit ihm eine Reiterarmee und etliche Große, unter denen der heuchlerische Satibarzanes und ein sehr gefährlicher Mann namens Spitamenes, Satrap von Sogdiana.
    Bessos, so zäh und muskulös er war, schien angegriffen. Seitdem er die Gewalt hatte, war er so konsequent und klug nicht mehr wie zu der Zeit, da er noch tückisch nach ihr trachtete. Der finsteräugige Mongole war von einem gewissen barbarischen Elan gewesen. Seitdem er sich Ataxerxes nennen ließ, wußte er nichts mehr als fliehen.
    So bekamen seine Freunde ihn satt, vor allem der gerissene Spitamenes. Eines Tages sandte er Boten an Alexander, die den Aufenthalt des Bessos verrieten. Alexander bedankte sich, sandte seinen Leibwächter Ptolemaios mit 6.000 Mann hin. Endlich hatte man diesen Unangenehmsten aller Feinde.
    Er mußte schauerlich büßen. Der gereizte und erschöpfte Alexander wollte ihn winseln sehen. So gab er Befehl, ihn an der Straße aufzustellen, die er mit seinen Offizieren entlang ritt: nackt, nur mit den eisernen Fesseln. Die Griechen lachten, weil der gefürchtete Königsmörder klein und mißgestaltet war. Auf gelbem, muskulösem Zwergenkörper wuchs das Haar in schwarzen unregelmäßigen Büscheln, vor allem auf der zernarbten Brust gedieh es zu häßlichen kleinen Spitzbärten.
    Alexander, hochmütig vom Pferd herab, fragte, warum er, als Satrap und Günstling, seinen Großkönig ermordet, ihm die Tiara gestohlen habe. Der schiefäugige Geselle mit einem letzten, kläglichen Versuch zur Diplomatie, sagte, während er sich nackt verneigte: »Um dir zu gefallen, mein König.«
    Da wurde er erst recht ausgepeitscht.
    Schon halb tot transportierte man ihn nach Ekbatana, wo er bei Gelegenheit irgendeines Festtages hingerichtet werden sollte.
    Die Grenze, hinter der die skythische Wildnis begann, war geschützt von sieben Grenzburgen, deren wichtigste Cyrus und Gaza hießen. Alexander ließ in ihnen mazedonische Besatzungen, er selber lagerte ein Stück weiter am Flusse Tanais, den sie Jaxartes, den Großen Strom, nannten.
    Der König neigte von Natur nicht zum Mißtrauen trotz allem, was er erlebt hatte, dafür war sein Selbstvertrauen zu stark. Er nahm das Ehrenwort dieses Spitamenes ebenso ernst, wie er das des Satibarzanes genommen hatte. Merkwürdigerweise kam er nicht darauf, sich zu sagen, daß dieser, der den Bessos, den Verbündeten, verraten hatte, noch viel weniger dem Fremden Treue halten würde.
    Vielmehr war er erstaunt, als es hinter ihm wieder Aufstand gab. Er war fassungslos, denn nun fühlte er, daß er ernsthaft und erbittert gehaßt wurde; er aber war Liebe gewohnt. Die Situation war so schlimm wie vor Jahren, da der Jüngling Philipps Nachfolge antrat und nach allen Himmelsrichtungen zu kämpfen hatte. Sie war schlimmer, denn damals war es wenig, was er zu verlieren hatte; nun aber schien ein ungeheurer Wagemut sich rächen zu sollen. Über ihm wollte eine Macht zusammenschlagen, die er nach der Einnahme der

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