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Alexander

Alexander

Titel: Alexander Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klaus Mann
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half. Hatte er sich versteckt, oder war er ermordet worden? Das Gewirr der Gäßchen hatte ihn aufgeschluckt, man mußte auf ihn verzichten, die Affäre vertuschen, so gut es ging, und ohne ihn aufbrechen.
    Der Marsch ging aus dem Tiefland zum hohen Iran hinauf, wo die alten Königsstädte Persepolis und Pasargadai zu nehmen waren.
    Hier oben wehte die Luft reiner als in Babylon, wo die Gerüche und Verdorbenheiten so vieler Zivilisationen durcheinandergingen. Man war in des persischen Königtums eigentlicher Heimat; der Palast mit den vierzig Säulen, der in mächtigen Steinterrassen aufwärtsführte, war der des Xerxes gewesen, der sich an Athens Akropolis verging. Vor dem Portale lagerten die Kolossalbilder assyrischen Stils, bösartig in sich ruhende Zwitterwesen aus Mann und Roß oder Stier.
    Mit einem Triumphgefühl, in das sich Ehrfurcht mischte, trat Alexander ein, an den drohenden Statuen vorbei.
    Drinnen erwartete ihn der Thron; es war der des Xerxes gewesen. Tierfiguren ruhten zur Seite, der reiche Baldachin war mit Symbolen geschmückt. Alexander empfing die Abgeordneten der Stadt, auf dem Thron sitzend.
    Schließlich empfing er auch die eigenen Freunde; sie wollten lächeln, da sie ihn inmitten der fremden Herrlichkeit sahen, aber er blieb unnahbar. Das machte sie etwas spöttisch, sie begrüßten ihn tief, doch es war Ironie in ihrer Verbeugung. Nur Hephaistion küßte ihm mit ritterlichem Ernste die Hand. »Du bist der König von Asien«, sagte er, wie bestätigend, dabei mit einem geheimen Unterton von Mitleid.
    Alexander, über ihm, wiederholte mit einer merkwürdig unmenschlichen Stimme, die metallisch hoch durch den weiten Raum schwang:
    »Ich bin der König von Asien.«
    Besonders majestätisch und streng war er mit dem alten Parmenion, der um eine wichtige Unterredung gebeten hatte. Der General nahte sich ehrerbietig, doch selbstbewußt. Er habe dem König Philipp jahrzehntelang in Treue gedient, konstatierte er mit einem wehleidigen und etwas blutig angelaufenen Blick von unten; seine mageren, faltigen Backen nebst Backenbart bebten. Er dürfe sich wohl das Recht nehmen, den jungen König zu warnen, meinte der Alte.
    Der Blick, mit dem ihn Alexander unter hochgewölbten Brauen maß, war mehr drohend als fragend: »Ich habe Ihre Warnungen oft nicht befolgt; niemals zu meinem Nachteil«, sagte er schneidend. Hierdurch ließ der General sich keineswegs irremachen, vielmehr wurde er sogar pathetisch. »Wir sind am Ziel!« rief er beschwörend; er fügte hinzu: »Weiter wäre Philipp nie gegangen.«
    »Schon bis hierher nicht«, sagte der auf dem Thron verbissen.
    Von hier aus weiterzuziehen, erklärte nun der General mit pädagogischer Strenge, sei Verbrechen an der Nation. Nun könne es sich nur noch darum handeln, die eroberten Gebiete neu zu organisieren. »Unser Ziel ist erreicht!« rief der Graubärtige flehend. »Die hellenische Schmach von einstmals reichlich gerächt. Ziehen wir jetzt weiter, verlieren wir den Zusammenhang mit der Heimat. Wir müssen die neuen Gebiete zu griechischen Kolonien machen!«
    Die unmenschliche Stimme vom Thron erwiderte: »Ich will keine Kolonien. Ich will das Weltreich.«
    Parmenion warnte: »So wird das Weltreich Griechenland verschlingen. Es wächst uns über den Kopf. Haltet ein, Alexander!« Er hob abwehrend die Arme, als bedrängten ihn jetzt schon buchstäblich Wasserfluten.
    Darauf Alexander, mit einer Eisigkeit, die dem alten Soldaten das Blut in den Adern starr machte:
    »Was geht mich Griechenland an?«
    »Dann freilich« – Parmenion fand in seinem Entsetzen nicht einmal zur Entrüstung Kraft; er senkte erschüttert den Kopf.
    Er starrte zur Erde, weinte er nicht sogar? Er war bitter getroffen. Wohin ließ sein junger König währenddem den Blick wandern?
    »Wir wollen nach Osten«, sagte er gelassen und ruhig; während der Alte weinte, entglitt der Blick des Jungen ins Grenzenlose.
    In dieser Nacht brach im Königspalaste zu Persepolis eine Feuersbrunst aus, die große Teile des Schlosses sowie der Nebengebäude einäscherte; niemand wußte, wie sie entstanden war. Das Gerücht kam auf, der König selber habe sie legen lassen, aber laut auszusprechen wagte man es nicht. Was hätte er damit bezweckt? Das wäre beinah die Tat eines Wahnsinnigen. Sein Triumph war deutlich genug, er brauchte ihn nicht auf diese Art zu unterstreichen, die Feinde machte, Schätze zerstörte, ohne Vorteil zu bringen.
    Als beunruhigend fiel auf, daß man Alexander, solang

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