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Alexandra von Stietencron Bd. 1 - Purpurdrache

Alexandra von Stietencron Bd. 1 - Purpurdrache

Titel: Alexandra von Stietencron Bd. 1 - Purpurdrache Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sven Koch
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den Zopf neu zu binden. »Wieso SM ?«, fragte sie, während sie nach hinten griff, das Haargummi löste und ihre Mähne neu ordnete. Schneider betrachtete sie einen Moment aus den Augenwinkeln und leckte sich über die wulstigen Lippen.
    »Vermutlich war die Frau an vier Pfähle gebunden, die in der Mitte von dem Kreis in den Boden gerammt waren. So kurze Holzdinger aus dem Baumarkt, mit denen man Begrenzungen für Rabatten baut, kennst du die? Habe ich auch …«
    Alex schüttelte den Kopf. Mit einem Mal hatte Schneider ihre volle Aufmerksamkeit.
    »Wir haben vier solcher zersplitterter Dinger gefunden und dazu passende Löcher im Boden«, fuhr er fort. »Außerdem die Reste von Nylonseilen. Gibt’s ebenfalls in jedem Baumarkt. Ein paar heruntergebrannte Wachsfackeln lagen auch rum. Die große Blutlache in der Mitte des Kreises ist älter als die Spuren am Mähdrescher. Der Kerl hat die Frau aufgeschlitzt. Und jetzt gebe ich den Bericht an den Chef.«
    Schneider klemmte sich die Zigarette zwischen die gelben Zähne, während er schnaufend den Reißverschluss an dem Overall öffnete, um sich Luft zu verschaffen. Bevor er sich umdrehte, hielt er kurz inne. »Wir haben auch eine tote Ratte gefunden …«
    Alex zuckte mit den Schultern. In einem Kornfeld gab es alles mögliche Getier. Schneider warf die Zigarettenkippe auf den Boden. Er trat sie aus, sammelte sie wieder auf und ließ sie in der Tasche des Overalls verschwinden.
    »Es ist keine gewöhnliche Ratte, sondern eine weiße Laborratte. Jemand hat ihr einen Draht um den Oberkörper gewunden. An dem anderen Ende war die Schlinge weitaus größer. Ich könnte wetten, dass jemand unserer Lady dieses außergewöhnliche Halsband gezielt umgelegt hat – aber ich würde keinen Cent darauf setzen, dass die Ratte da schon tot war.«
    Schneider drehte sich um und verließ den Kornkreis. Schlagartig schossen Alex Bilder durch den Kopf. Grässliche Tatortfotos von abartigen Ritualmorden, die sich ihr ins Gehirn gebrannt hatten. »Es ist die Sprache des Mörders«, hatte ihre Mentorin zu sagen gepflegt. »Du kannst sie lesen wie ein Buch.« Dass sie es jedoch sofort mit einem Horrorschmöker zu tun bekommen würde, kaum, dass sie ihren Job angetreten hatte … Auf Anhieb eine solche Feuertaufe, ausgerechnet in der Provinz, wo die letzte Tankstelle vor mehr als zwei Jahren überfallen worden war. Andererseits: War sie nicht ausgezogen, das Böse zu suchen? Und hier war es. Genau hier. Es bot sich ihr an, grinsend, herausfordernd und mit entblößter Brust.
Packst du das, Schätzchen,
schien es zu fragen,
wirst du uns allen zeigen, aus welchem Holz du geschnitzt bist?
Ja. Das würde sie. Auch, wenn sie sich heute Abend sicherlich betrinken müsste.
    Aus den Augenwinkeln warf Alex einen Blick auf die mit getrocknetem Blut überzogene Fläche zwischen den vier Pflöcken. Es sah aus, als hätte jemand aus großer Höhe einen Eimer Farbe zu Boden klatschen lassen. Es sah aus wie
damals, meine Hände, meine Hose, meine Arme – rot. Mein Gesicht, als ich seines an meines gedrückt hielt. Er war noch warm, atmete aber längst nicht mehr. Der Asphalt war nass, und es glitzerte, als sich das Blaulicht des Notarztwagens in der Pfütze widerspiegelte … Benji, mein Benji.
    Die Bilder kamen, ohne dass sie etwas dagegen tun konnte. Manchmal unvermittelt im Alltag, manchmal mitten in der Nacht, mal gab es wochenlange Pausen, dann kamen sie wieder in kurzer Folge. Schnappschüsse. Szenen. Benji. Selbst Dad hatte ihn gemocht. In Alex’ Armen war er gestorben. Auf einem Rave hatte er sich kurz nach draußen verabschiedet, um ein paar Ecstasy-Pillen zu besorgen. Zwischen Mülltonnen hatten sie ihn in einer riesigen Blutlache entdeckt. Erstochen.
    Sein Mörder war nicht gefunden worden. Immer wieder hatte Alex sich ausgemalt, wer der Täter gewesen sein könnte, wie er wohl aussah und was er tat, während Benjamins Körper in der kalten Erde ruhte. Und über allem stand die Frage: Was bringt einen Menschen dazu, einen anderen zu töten?
    Klar, Dad und Mum hatten sie bearbeitet. Sie werde Benji niemals wieder lebendig machen können, indem sie Polizistin werde. Aber sie verstanden es nicht, begriffen es nie. Zudem war Alex nicht minder störrisch als ihr Vater, und für sie hatte immer schon festgestanden, dass aus ihr keine zweite Julia werden würde. Natürlich liebte sie ihre ältere Schwester über alles. Aber Ballettschulen, die Champagnerpartys mit ihren Ralph-Lauren-Freunden

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