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Alexandra von Stietencron Bd. 1 - Purpurdrache

Alexandra von Stietencron Bd. 1 - Purpurdrache

Titel: Alexandra von Stietencron Bd. 1 - Purpurdrache Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sven Koch
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um schließlich in einen wahren Wirbel zu münden. Dort im Zentrum stand der John Deere, und dort hatte die Leiche gelegen.
    Alex zerkrümelte die Körner in der Hand und führte sie unter die Nase. Sie rochen leicht verbrannt. Das war es, was sie von Anfang an irritiert hatte. In dem gesamten Kreis musste Hitze auf die Ähren eingewirkt haben. Aber vielleicht war das auch nur eine zwangsläufige Begleiterscheinung. Sie wusste nicht, mit welchen Techniken die unbekannten Baumeister operierten, damit sich das Getreide nicht wieder aufrichtete, und sie hatte auch nie zuvor einen Kornfeldkreis aus der Nähe gesehen. Möglicherweise gehörte Hitze einfach zum Modus Operandi.
    Was eindeutig nicht dazugehörte, war eine Leiche. Die Frau dürfte nicht wesentlich älter als sie selbst gewesen sein. Alex hatte Marken-Flipflops gesehen, zudem einen edlen, orangefarbenen Push-up- BH und eine ausgewaschene Designer-Jeans. In allem steckten noch Körperteile, aber Alex hatte versucht, das auszublenden und sich nur auf die Bekleidung zu konzentrieren, sonst hätte sie sich doch noch übergeben müssen.
    Die Kleidung war die einer jungen Frau, die Wert auf ihr Äußeres legte und genug Geld hatte. Und weil die Jeans noch fest auf den Hüften des Torsos saß, war zumindest auf den ersten Blick ein Sexualdelikt auszuschließen. Genauso auszuschließen war allerdings, dass sich jemand mitten in einen Kornfeldkreis legte und einfach starb.
    »Na, Frau Doktor, ziemliche Schweinerei, was?«, fragte Schneider und steckte sich eine Pall Mall an. Der langjährige Ermittler im Lemfelder Kriminalkommissariat war ein ganz sympathischer Kerl, aber man musste ihn zu nehmen wissen. Er trug ebenfalls einen weißen Overall, in dem er wie ein Tier schwitzte und der sich straff über dem gewaltigen Bauch spannte.
    »Allerdings«, bestätigte Alex und unterdrückte den Hinweis darauf, dass sie nicht promoviert hatte. Für Schneider war sie von Anfang an »Frau Doktor« gewesen, und er gehörte zu der Sorte Mensch, die selten ihre Meinung änderten, wenn sie erst mal eine gefunden hatten.
    »Willst du mich jetzt fragen, wie es mir damit geht?«, fragte Schneider und grinste. Alex musste sich an das selbstverständliche Duzen erst wieder gewöhnen. Bei der Polizei wurden nur diejenigen gesiezt, die nicht dazugehörten.
    »Nein. Aber schieß ruhig los, wenn es dir ein Bedürfnis ist«, antwortete sie tonlos, denn der erneute Anblick von all dem Blut und dem zerfleischten Körper in den scharfen Messern des Schneidewerks ließ ihr den Atem stocken.
    »Wie geht’s
dir
denn?« Schneider zog an seiner Zigarette, ohne den Blick von seinen Kollegen abzuwenden. »So was gibt’s auf der Uni bestimmt nicht zu sehen.«
    »Nein, so was gibt’s auf der Uni nicht zu sehen. Aber wenn du darauf hinauswillst, ob ich das wegstecken kann: Ich kann. Und wenn du Lust hast, machen wir nachher ’ne Runde Armdrücken.«
    Schneider lachte hustend auf. »Respekt.«
    »Habt ihr etwas Ungewöhnliches gefunden?«, brachte Alex das Gespräch wieder auf den Tatort.
    »Meinst du so was wie alte Mettwurst, eine Rolle Alufolie oder einen Brief mit der Adresse des Täters?«
    Alex verdrehte die Augen.
    »Nee, haben wir nicht. Wenigstens einen Kasten Bier hätte der aber hierlassen können. Diese Schwüle macht einen alle.«
    Schneider musterte sie aus kleinen Schweinsäuglein und paffte ihr einen Schwall Rauch ins Gesicht. Manchmal war er widerlich. Andererseits war Zynismus eine Berufskrankheit. Bei vielen hatte der Virus schon in der Ausbildung um sich gegriffen. Alex hatte die harten Sprüche anfangs für gruppendynamische Nachahmung gehalten – kombiniert mit dem berauschenden Gefühl, das das kalte Metall einer Walther p 99 auslösen konnte. Letztlich war es aber nur ein Weg, sich emotional von dem Entsetzen abzugrenzen, das einem auf Schritt und Tritt begegnen konnte.
    »Wir müssen das alles noch analysieren und ins Labor geben«, fuhr Schneider fort, »aber einiges ist klar: Der Bauer hat unseren schönen Tatort zwar ziemlich versaut, doch ein Teil des Getreides scheint angekokelt oder geröstet worden zu sein. Ich weiß noch nicht, ob das irgendeine Rolle spielt oder beim Bauen von diesen idiotischen Kreisen passiert. Zumindest glaube ich auf keinen Fall, dass die Lady sich hier mit ihrem Süßen zu einem Schäferstündchen niedergelassen hat und dabei sanft entschlafen ist. Es sei denn, sie stand auf SM .«
    Alex zwirbelte an einigen Haarsträhnen und beschloss dann, sich

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