Alexandra von Stietencron Bd. 1 - Purpurdrache
Schneider. »Na ja, jetzt haben die Kollegen wenigstens eine zweite Spur.«
»Es war ein Versehen und dumm von mir. Wirklich dumm.«
Marcus steckte sich eine Zigarette an. Er hielt Alex die Packung hin, sie schüttelte den Kopf und strich sich die Haare hinter das Ohr zurück. Schneider nahm das Angebot an.
»Inwiefern zweite Spur, Rolf?«, fragte Marcus, während er Schneider Feuer gab.
»Da vorne.« Schneider deutete auf einen Kollegen von der Spurensicherung, der mit einer UV -Lampe und einer Silberfolie auf dem Boden kniete, um einen Abdruck abzunehmen. »Es sieht wieder nach den Clownsschuhen aus – Turnschuhe Größe 46 .«
»Wie die auf dem Feld«, fügte Alex hinzu. Schneider nickte und zog an seiner Zigarette.
»Darf ich fragen, wer Sie sind?«, hörte Alex die Stimme des Mannes mit dem kahl rasierten Schädel, der unbemerkt neben sie getreten war.
»Dr. Schröter, unser Medizinmann. Alexandra von Stietencron, unsere Kriminalpsychologin«, stellte Marcus sie einander vor.
Kriminalpsychologin. Er hat es wirklich gesagt.
Alex streckte Schröter die Hand zum Gruß hin, aber er griff nicht danach, sondern zog die Latex-Handschuhe von den Fingern und linste Alex fragend an.
» LKA ?«
»Nein. Pilotprojekt.«
Der Mediziner faltete die Handschuhe zusammen, ließ sie in der Hosentasche verschwinden und wandte sich an Marcus. »Tja, meine liebe Kollegin Dr.Woyta aus dem Rechtsmedizinischen Institut kann sich bei uns ja bald schon ein Zimmer nehmen.« Schröter kratzte sich im Nacken. »Vorbehaltlich ihrer Einschätzung würde ich den Todeszeitpunkt auf heute Nachmittag ansetzen. Das Gesicht des Opfers weist nur geringfügige Stauungen auf. Ich vermute, sie ist gleichzeitig erstickt und verblutet. Der Täter wollte entweder ganz sichergehen, etwas inszenieren oder sich an den doppelten Qualen weiden. Alles Weitere klärt dann die Rechtsmedizinerin, und für Interpretationen bin ich nicht zuständig.«
Schröter hob eine Augenbraue und blickte zu Alex, die auf der Unterlippe kaute und nachdachte. »Nach dem Bericht der Rechtsmedizin«, sagte sie schließlich, »hat der Täter Sandra Lukoschik wohl zunächst mehrfach mit dem Hinterkopf auf den Boden geschlagen, wo ein Stein gelegen haben muss. Danach wurde die Halsschlagader geöffnet, schließlich das Abdomen, und zwar mit einem Skalpell.«
Schröter nickte und betrachtete die Leiche. »Ich will nicht vorgreifen, aber ich habe Sandra Lukoschik ja gesehen, und bei diesem zweiten Opfer gibt es ähnliche Schnittverletzungen, die wieder von einem Skalpell stammen könnten. An der Armbeuge befindet sich außerdem erneut eine Einstichstelle.«
Marcus wischte sich mit dem Daumen über das Kinn. »Ihre Kollegin aus Münster meint nach den toxikologischen Analysen, Sandra Lukoschik sei Ketamin gespritzt worden.«
»Ein hochwirksames Narkosemittel«, ergänzte Schröter, »das nach dreißig Sekunden anschlägt. Wird in der Notfall- und Veterinärmedizin eingesetzt und befindet sich in jedem ärztlichen Notfallset als Grundausstattung. Würde mich nicht überraschen, wenn wir es auch bei dem zweiten Opfer vorfinden.«
Marcus, Alex und Schneider blickten sich abwechselnd an.
»Sandra Lukoschik«, fügte Marcus hinzu, »hatte auch Blutreste unter einem Fingernagel. Die Rechtsmedizin hat das abschließende Gutachten über die DNA noch nicht fertiggestellt, aber eines habe ich bereits aus dem Labor erfahren: Wenn es sich um Blut des Täters handelt, muss er an Herzinsuffizienz leiden.«
»Aha?«, fragte Alex, die das Ergebnis noch nicht kannte.
»Er nimmt Betablocker. In einer ungewöhnlichen Zusammensetzung und in nicht allzu hoher Dosierung.«
Schröter verzog den Mund. »Ein Mörder mit schwachem Herzen? Ungewöhnlich. Und jetzt entschuldigen Sie mich bitte. Wir haben zu Hause Gäste zum Grillen.«
Er verabschiedete sich mit einem jovialen Lächeln.
»Tja«, sagte Schneider. »Dann setzen wir mal den großen Speicheltest an, was? Das ist sie übrigens.« Mit spitzen Fingern hielt er einen Personalausweis hoch. »Juliane Franck. Sechsundzwanzig Jahre alt. Hübsches Mädchen. Wir haben die Personalien sofort überprüfen lassen. Sie ist Studentin an der FH und ist als Aushilfskraft im
Löschdepot
gemeldet. Das ist dieser Getränkemarkt draußen an der Lemfelder Straße …«
»… nicht weit vom Baumarkt und sehr nahe an der FH «, ergänzte Alex.
»Schafft mir diesen Roman König ran«, zischte Marcus. »Holt ihn aus dem Bett und bringt ihn mir in die
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