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Alibi für einen König

Alibi für einen König

Titel: Alibi für einen König Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Josephine Tey
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gutmachen, was man den Kindern seines Bruders durch die Ächtung angetan hatte.«
    »Ja. Wie Sie sich entsinnen werden, hat er seinerzeit gegen die Verurteilung protestiert.«
    »Sogar der geheiligte More berichtet darüber. Also konnten alle englischen Thronerben sich während der Regierungszeit Richards III., des Monstrums, frei und unbelästigt bewegen.«
    »Mehr als das. Diese Menschen hatten alle angesehene Stellungen. Ich will damit sagen, daß sie als Mitglieder der königlichen Familie und bei der Abwicklung der Staatsgeschäfte eine Rolle spielten. Ich habe eine Sammlung von York-Protokollen gelesen. Protokolle der Stadt York, nicht der Familie. Sowohl der junge Warwick – Georges Sohn – wie sein Vetter, der junge Lincoln, waren Mitglieder des Rats. Die Stadt richtete ein Schreiben an sie. Das war im Jahr 1485. Mehr noch, Richard schlug den jungen Warwick gleichzeitig mit seinem eigenen Sohn bei einer prächtigen Feier in York zum Ritter.«
    Carradine schwieg lange, dann platzte er plötzlich heraus:
    »Mr. Grant, wollen Sie über diese Angelegenheit ein Buch schreiben?«
    »Ein Buch?« fragte Grant erstaunt. »Gott schütze mich. Weshalb?«
    »Weil ich es gern schreiben würde. Das ist ein viel besserer Vorwurf als der Bauernkrieg.«
    »Schreiben Sie nur drauflos!«
    »Wissen Sie, ich muß meinem Vater irgend etwas vorweisen. Papa meint, ich sei ein Taugenichts, weil ich mich nicht für Möbel und Handel und Verkaufsstatistiken interessieren kann. Wenn er mit seinen eigenen Händen ein Buch aufschlagen könnte, das ich geschrieben habe, dann würde er vielleicht zu der Erkenntnis kommen, daß ich kein ganz hoffnungsloser Fall bin. Ja, ich würde mich nicht einmal wundern, wenn er dann mal zur Abwechslung auf mich stolz wäre.«
    Grant sah ihn wohlwollend an.
    »Ich habe ganz vergessen, Sie zu fragen, welchen Eindruck Crosby Place auf Sie gemacht hat«, sagte er.
    »Oh, prächtig, prächtig. Wenn Carradine III. es jemals zu sehen bekommt, wird er es sicher mit über den Teich nehmen und irgendwo drüben auf bauen wollen.«
    »Wenn Sie das Buch über Richard schreiben, dann will er das ganz bestimmt. Dann wird er sich sozusagen als Mitbesitzer fühlen. Wie werden Sie es denn nennen?«
    »Das Buch?«
    »Ja.«
    »Ich werde mich eines Ausspruchs von Henry Ford bedienen und es ›Geschichte ist Quatsch‹ nennen.«
    »Ausgezeichnet.«
    »Aber ich werde noch viel mehr lesen und noch viel mehr forschen müssen, ehe ich mit dem Schreiben beginnen kann.«
    »Das allerdings. Sie sind ja immer noch nicht bis zur Kernfrage vorgedrungen.«
    »Und die wäre?«
    »Wer hat nun die Prinzen ermordet?«
    »Ja, natürlich.«
    »Wenn die Knaben lebten, als Heinrich den Tower übernahm, was geschah dann mit ihnen?«
    »Ich werde schon noch dahinterkommen. Aber erst will ich noch wissen, weshalb es für Heinrich so wichtig war, den Inhalt des Titulus Regius zu verschweigen.«
    Er stand auf, um zu gehen. Da bemerkte er, daß das Porträt umgekehrt auf dem Nachttisch lag. Er nahm es auf und lehnte es vorsichtig wieder an den Bücherstapel.
    »Du bleibst hier«, sagte er zu dem gemalten Richard. »Ich werde dich wieder dorthin bringen, wo du hingehörst.«

XIII
    C arradine war noch keine zwanzig Minuten fort, da erschien Marta, beladen mit Blumen, Büchern, Süßigkeiten und gutem Willen. Sie fand Grant tief im 15. Jahrhundert vergraben, wie es Sir Cuthbert Oliphant darstellt. Er begrüßte sie mit einer Zerstreutheit, die sie nicht gewohnt war.
    »Wenn dein Schwager deine beiden Söhne ermordet hätte, würdest du dann von diesem Schwager eine ansehnliche Rente annehmen?«
    »Ich vermute, daß deine Frage rein abstrakt ist«, sagte Marta, legte ihr Blumengebinde auf den Tisch und suchte unter den bereits gefüllten Vasen nach der für ihre Blumen geeignetsten.
    »Also wirklich und wahrhaftig, die Historiker sind samt und sonders verrückt. Hör dir das an:

    Das Verhalten der Königinwitwe ist schwer zu erklären. Es läßt sich nicht feststellen, ob sie nun befürchtete, mit Gewalt aus der Freistatt geholt zu werden oder ob sie einfach ihrer trübseligen Abgeschiedenheit in Westminster überdrüssig war und sich aus reiner Apathie wieder mit dem Mörder ihrer Söhne vertragen wollten«

    »Barmherziger Himmel!« sagte Marta und starrte, einen Delfter Krug in der einen und eine Glasvase in der andern Hand, entgeistert auf Grant.
    »Glaubst du, daß die Historiker etwas auf ihr eigenes Geschwätz geben?«
    »Wer war denn die

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