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Alibi

Alibi

Titel: Alibi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agatha Christie
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bestimmt.»
    «Sonderbar», sagte Poirot wieder.
    «Raymond oder Blunt dürften ihn wieder zurückgeschoben haben», mutmaßte ich. «Ist denn das überhaupt so wichtig?»
    «Es ist vollkommen unwichtig», meinte Poirot. «De s halb ist es so interessant», fügte er leise hinzu.
    «Verzeihen Sie einen Augenblick», sagte Colonel Melrose und verließ mit Parker das Zimmer.
    «Glauben Sie, dass Parker die Wahrheit sagt?», fragte ich.
    «Was den Sessel anlangt, ja. Ob sonst, weiß ich nicht. Wenn Sie viel mit derlei Fällen zu tun hätten, lieber Doktor, so würden Sie merken, dass sie sich alle in einem Punkt gleichen.»
    «In welchem?», fragte ich neugierig.
    «Jeder hat irgend etwas zu verbergen.»
    «Ich auch?», fragte ich lächelnd.
    «Ich glaube, Sie auch», sagte er ruhig.
    «Aber …»
    «Erzählen Sie mir alles, was Sie über den jungen Paton wissen?» Er lächelte, als ich errötete. «Oh, fürchten Sie nichts. Ich will Sie nicht drängen. Ich werde es zur rechten Zeit erfahren.»
    «Ich wünschte, Sie erklärten mir Ihre Arbeitsweise», sagte ich hastig, um meine Verwirrung zu verbergen. «Zum Beispiel das mit dem Feuer?»
    «Oh, das war sehr einfach. Sie verließen Mr. Ackroyd zehn Minuten vor neun, nicht wahr?»
    «Ja, genau.»
    «Damals war das Fenster geschlossen und verriegelt, die Tür versperrt. Um Viertel nach zehn, als der Leichnam entdeckt wurde, war die Tür geschlossen und das Fenster stand offen. Wer öffnete es? Das konnte offenbar nur Mr. Ackroyd selbst getan haben, wofür es einige Erklärungen gibt. Entweder war es im Zimmer unerträglich heiß geworden, oder er ließ auf diesem Wege jemanden ein. War dies der Fall, so musste es ein Bekannter gewesen sein.»
    «Das klingt sehr einfach», gab ich zu.
    «Alles ist einfach, wenn Sie Tatsachen methodisch in Einklang bringen. Beschäftigen wir uns einmal mit der Persönlichkeit jenes Mannes, der gestern um halb zehn Uhr bei ihm war. Alles weist darauf hin, dass es sich um jene Person handelt, die durch das Fenster eingestiegen ist, und obwohl Miss Flora ihren Onkel noch später lebend antraf, kommen wir der Lösung des Geheimnisses nicht näher, ehe wir nicht wissen, wer jener Besucher war. Das Fenster kann offengeblieben sein, nachdem er sich entfernt hatte, und der Mörder konnte daher eindringen, oder dieselbe Person kann auf diesem Weg nochmals zurückgekehrt sein …»
    Colonel Melrose trat in gehobener Stimmung ein.
    «Der Anruf ist endlich aufgeklärt worden», sagte er. «Er kam nicht von hier. Doktor Sheppard wurde gestern Abend um 10.15 von einer öffentlichen Telefonzelle am Bahnhof King’s Abbot angerufen. Und um 10.23 geht der Zug nach Liverpool.»

8
     
    Wir blickten einander an. 
    «Sie werden auf dem Bahnhof Erkundigungen einziehen?»
    «Gewiss, nur verspreche ich mir nicht viel davon. Sie wissen doch, wie es auf dem Bahnhof zugeht.»
    Ich wusste es. King’s Abbot ist zwar nur ein Dorf, aber sein Bahnhof ist zufälligerweise ein wichtiger Knotenpunkt. Fast alle Eilzüge halten hier, Züge rangieren und werden neu zusammengestellt. Gegen neun Uhr abends treffen drei Lokalzüge kurz hintereinander ein, um den Nord-Express zu erreichen, der um 10.14 ankommt und um 10.23 wieder abgeht.
    «Weshalb wurde überhaupt telefoniert?», fragte Melrose. «Ich kann mir keinen Reim darauf machen.»
    Poirot rückte fürsorglich an einer Porzellanvase auf einem der Bücherschränke.
    «Seien Sie überzeugt, es gab einen Grund», sagte er.
    «Was für einen Grund?»
    «Wenn wir ihn wüssten, wüssten wir alles. Der Fall ist sehr merkwürdig und ungeheuer interessant.»
    Er ging zum Fenster und blickte hinaus.
    «Sie behaupten, es sei genau neun Uhr gewesen, Doktor Sheppard, als Sie den Fremden vor dem Tor trafen?»
    Er stellte die Frage, ohne sich umzudrehen.
    «Ja», erwiderte ich. «Ich hörte die Kirchenuhr schlagen.»
    «Wie viel Zeit würde er benötigt haben, um das Haus oder beispielsweise dieses Fenster zu erreichen?»
    «Fünf Minuten, aber nur zwei bis drei, wenn er den Pfad benutzte, der rechts von der Auffahrt hierher führt.»
    «Dazu müsste er den Weg gekannt haben. Wie soll ich mich verständlich machen? Er müsste schon früher hier gewesen sein, müsste die Umgebung gut kennen …»
    «Sehr richtig», bemerkte Colonel Melrose.
    «Wir könnten zweifellos herausbringen, ob Mr. Ackroyd im Laufe der vergangenen Woche irgendwelche Fremden empfing.»
    «Der junge Raymond wird uns das sagen können», meinte ich.
    «Oder Parker»,

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