Alibi
Sie die Güte haben, mir die Vitrine zu zeigen, der die Waffe entnommen wurde. Dann will ich Ihre Freundlichkeit nicht länger in Anspruch nehmen.»
Poirot schien die Gereiztheit nicht zu bemerken.
Wir gingen in den Salon, doch unterwegs rief der Pol i zist den Colonel beiseite, und nach einem kurzen, leise geführten Gespräch entschuldigte er sich und ließ uns allein. Ich zeigte Poirot die Vitrine. Er hob und schloss einige Male den Deckel, öffnete dann die Flügeltür und trat auf die Terrasse hinaus. Ich folgte ihm.
Inspektor Raglan bog soeben um die Ecke des Hauses und kam auf uns zu.
«Da sind Sie ja, Mr. Poirot», sagte er. «Nun, aus dem Fall wird nicht viel werden. Es tut mir eigentlich leid um den netten jungen Menschen.»
Poirots Miene verdüsterte sich, aber er erwiderte sehr freundlich: «Dann werde ich Ihnen wohl nicht mehr viel helfen können?»
«Vielleicht das nächste Mal», entgegnete der Inspektor. «Obwohl in diesem abgelegenen Dorf nicht gerade jeden Tag ein Mord geschieht.»
Poirots Blicke drückten Verwunderung aus.
«Sie haben eine erstaunliche Schnelligkeit bewiesen», bemerkte er. «Wie gingen Sie ans Werk, wenn ich fragen darf?»
«Vor allem – mit Methode!», sagte der Inspektor. «Was ich immer sage … Methode!»
«Ah! Das ist auch mein Losungswort, Methode, Ordnung und die kleinen grauen Zellen.»
«Die Zellen?», wiederholte der Inspektor verständnislos.
«Die kleinen grauen Gehirnzellen», erklärte der Belgier.
«Oh, natürlich, die wenden wir ja alle an, denke ich.»
«In größerem oder geringerem Maße», murmelte Poirot. «Und es gibt auch Qualitätsunterschiede. Dann haben wir noch die Psychologie des Verbrechers. Das will gelernt sein.»
«Ach so», sagte der Inspektor. «Sie haben sich durch all diesen psychologischen Unsinn durchgebissen? Nein, ich bin ein einfacher Mann. – Also, vor allem Methode. Mr. Ackroyd wurde lebend zuletzt um drei viertel zehn von seiner Nichte, Miss Flora Ackroyd, gesehen. Das ist Tatsache Nr. 1, nicht wahr?»
«Wenn Sie es sagen.»
«Gewiss, so ist es. Um halb elf Uhr erklärte Dr. Sheppard, dass Mr. Ackroyd vor mindestens einer halben Stunde verschieden sei. Halten Sie daran fest, Doktor?»
Der Inspektor warf mir einen prüfenden Blick zu.
«Gewiss», sagte ich. «Vor einer halben Stunde oder noch früher.»
«Sehr gut. Das gibt uns genau die Viertelstunde, in der das Verbrechen verübt worden sein muss. Ich habe eine Liste aller Hausbewohner in der Art zusammengestellt, dass neben jedem Namen zu sehen ist, wo die betreffenden Personen sich zwischen 9.45 und 10 Uhr abends aufhielten und womit sie sich in dieser kritischen Zeit b e schäftigten.»
Er reichte Poirot ein Blatt Papier. Ich blickte ihm über die Schulter und las mit. Es enthielt folgende Aufzeichnungen:
Major Blunt
Im Billardzimmer mit Mr. Raymond, von letzterem bestätig.
Mr. Raymond
Billardzimmer (siehe oben).
Mrs. Ackroyd
Sieht um 9.45 den Billardspielern zu, begibt sich um 9.55 zu Bett (Raymond und Blunt sehen sie die Treppe hinaufgehen).
Miss Ackroyd
Geht von dem Arbeitszimmer ihres Oheims sofort in ihr Zimmer hinauf (was sowohl von Parker als auch von dem Stubenmädchen Elise Dale bestätigt wird).
Parker
Ging direkt in den Speiseraum der Dienerschaft (wird von der Haushälterin Miss Russell bestätigt, die um 9.47 herunterkam, um etwas mit ihm zu besprechen, was mindestens zehn Minuten in Anspruch nahm).
Miss Russell
Sprach um 9.45 im oberen Stock mit dem Stubenmädchen Elise Dale.
Ursula Bourne
(Zofe) Bis 8.45 in ihrem Zimmer, dann im Raum der Dienerschaft.
Mrs. Cooper
(Köchin) Im Raum der Dienerschaft.
Gladys Jones
(Zweites Stubenmädchen) Im Raum der Dienerschaft.
Elise Dale
Oben im Schlafzimmer. Wurde dort von Miss Russell und Miss Flora Ackroyd gesehen.
Mary Thripp
(Küchenmädchen) Im Raum der Dienerschaft.
Die Köchin ist seit sieben Jahren im Haus, die Zofe seit achtzehn Monaten, Parker ungefähr seit einem Jahr. Die anderen sind neu. Sie alle scheinen, von Parker abgesehen, einwandfrei zu sein.
«Eine recht vollständige Liste», sagte Poirot. «Ich bin übrigens überzeugt, dass Parker den Mord nicht verübt hat.»
«Das sagt auch meine Schwester», warf ich ein.
«Das betrifft die Hausbewohner», fuhr der Inspektor fort. «Nun folgt aber ein sehr gewichtiger Punkt. Mary Black, die Frau des Pförtners, sagt aus, sie habe gestern Abend, als sie die Vorhänge zuzog, Ralph Paton durch die Gartenpforte auf das Haus
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