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Alibi

Alibi

Titel: Alibi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agatha Christie
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nickte.
    Dann fügte er plötzlich hinzu: «Höchste Zeit, dass ich wieder gehe. Tauge nicht zu solchem Leben. Habe nicht das Zeug dazu. Bin ein grober Geselle, der nicht unter gebildete Menschen passt. Finde nie das richtige Wort zur richtigen Zeit. Ja, es ist Zeit, dass ich gehe.»
    «Sie werden uns doch nicht sofort verlassen?», rief Flora. «Doch nicht jetzt – solange wir solche Unannehmlichkeiten haben? Oh, bitte, bleiben Sie doch noch …»
    Sie blickte von ihm weg.
    «Wünschen Sie es?»
    «Wir alle.»
    «Ich meinte Sie persönlich», sagte Blunt deutlich.
    Flora wandte sich ihm langsam zu und blickte ihm in die Augen. «Ich möchte, dass Sie bleiben», sagte sie.
    Dann schwiegen sie wieder. Sie ließen sich auf der steinernen Bank vor dem Goldfischteich nieder, und es hatte den Anschein, als wüsste keiner von beiden etwas zu sagen.
    «Heute ist ein so wunderschöner Tag», begann Flora schließlich. «Trotz allem fühle ich mich glücklich. Entsetzlich, nicht?»
    «Eigentlich ganz natürlich», sagte Blunt. «Sie hatten doch Ihren Onkel bis vor zwei Jahren nie gesehen … Kann daher nicht großen Kummer von Ihnen erwarten. Viel besser so, als aller Welt was vorzuschwindeln.»
    «Es geht soviel Tröstliches von Ihnen aus», sagte Flora. «Durch Sie sehen die Dinge so einfach aus.»
    «In der Regel sind sie es auch.»
    «Nicht immer», meinte Flora.
    Ihre Stimme war leiser geworden, und ich merkte, wie Blunt sich ihr zuwandte und sie ansah. Nach einer kleinen Pause sagte er in seiner unverwandten Art: «Sie sollten sich wegen des jungen Mannes keine Sorgen machen, meine ich. Der Inspektor ist ein Dummkopf. Vollkommen albern, anzunehmen, dass Paton es getan haben könnte. War sicher ein Fremder. Ein Einbrecher. Das ist die einzig mögliche Lösung.»
    Flora blickte ihm ins Gesicht.
    «Glauben Sie das wirklich?»
    «Sie nicht?», fragte Blunt schnell.
    «Ich? O ja, natürlich. Und jetzt will ich Ihnen gestehen, weshalb ich heute so glücklich bin. Selbst, wenn Sie mich für herzlos halten! Nämlich, der Anwalt, Doktor Hammond, sprach von dem Testament. Onkel Roger hat mir zwanzigtausend Pfund hinterlassen. Denken Sie – zwanzigtausend Pfund!»
    Erstaunt sah Blunt sie an.
    «Bedeutet Ihnen das so viel?»
    «Ob es mir viel bedeutet? Nun, alles: Freiheit – Leben – nicht mehr intrigieren und katzbuckeln müssen – nicht mehr lügen –»
    «Lügen?», unterbrach Blunt schnell.
    Flora schien einen Augenblick lang bestürzt.
    «Sie wissen doch, was ich meine», sagte sie unsicher. «Immer Dankbarkeit heucheln müssen für all die abgelegten Dinge, die man von den reichen Verwandten bekommt. All die vorjährigen Mäntel, Kleider und Hüte.»
    «Verstehe nicht viel von Frauenkleidung; hatte immer gedacht, Sie seien sehr gut angezogen.»
    «Es kostet mich noch immer genug», sagte Flora leise. «Aber lassen wir das. Ich bin so glücklich. Ich bin frei, frei, um zu tun, was mir gefällt. Frei, um nicht …»
    Plötzlich hielt sie inne.
    «Um nicht was?», fragte Blunt eilig.
    «Jetzt habe ich es vergessen. Es war wohl nicht wichtig.»
    Blunt hatte einen Stock in der Hand. Er tauchte ihn in den Teich und stocherte nach etwas.
    «Was machen Sie da, Major?»
    «Dort unten glänzte etwas. Wollte wissen, was es war – sah wie eine goldene Nadel aus. Jetzt ist es fort.»
    Er warf einen kleinen Kieselstein in den Goldfischteich und sagte dann in ganz verändertem Ton: «Miss Flora, kann ich etwas für Sie tun? Was Paton anbelangt, meine ich. Ich weiß, wie besorgt Sie sein müssen.»
    Vielleicht war gerade der Ton falsch.
    «Danke», erwiderte Flora kalt. «Ich habe mir den herrlichsten Detektiv der Welt gesichert, und er wird gewiss alles ermitteln.»
    Schon seit einiger Zeit fühlte ich mich in unserer Stellung unbehaglich. Wir horchten nicht gerade, da die beiden unten im Garten nur die Köpfe zu heben brauchten, um uns zu sehen. Nichtsdestoweniger hätte ich ihre Aufmerksamkeit schon längst auf mich gelenkt, wenn nicht mein Gefährte durch einen warnenden Druck auf meinen Arm dies verhindert hätte.
    Nun handelte er aber selbst.
    Er erhob sich schnell und räusperte sich.
    «Ich bitte um Verzeihung», rief er. «Ich kann nicht zulassen, dass Mademoiselle mich in so überschwänglicher Weise lobt, ohne zu wissen, dass ich anwesend bin. ‹Horcher an der Wand, hört seine eigene Schand’›, sagt man, aber diesmal hat sich das Sprichwort nicht bewahrheitet. Um mir das Erröten zu ersparen, will ich zu Ihnen eilen

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