Alibi
und mich entschuldigen.»
Er lief eilig den Weg hinab, und ich folgte ihm.
«Dies ist Monsieur Poirot», stellte Flora vor. «Sie haben sicher schon von ihm gehört. – Major Blunt.»
Poirot verneigte sich.
«Ich kenne Major Blunt dem Namen nach», sagte er höflich. «Es freut mich, Sie getroffen zu haben, Monsieur. Ich brauche einige Auskünfte, die Sie mir geben kön n ten.»
Blunt sah ihn fragend an.
«Wann sahen Sie Mr. Ackroyd zum letzten Mal?»
«Beim Abendessen.»
«Und nachher sahen und hörten Sie nichts mehr von ihm?»
«Ich sah ihn nicht mehr, aber ich hörte seine Stimme.»
«Wieso?»
«Ich war auf der Terrasse …»
«Verzeihen Sie, um wie viel Uhr kann das gewesen sein?»
«Ungefähr um halb zehn. Ich schlenderte vor den Tü ren des Salons auf und ab und rauchte. Da hörte ich Ackroyd in seinem Arbeitszimmer sprechen.»
Poirot beugte sich vor und entfernte ein mikroskopisch kleines Stäubchen Tabak vom Anzug des anderen.
«Wenn im Arbeitszimmer gesprochen wurde, konnten Sie das von jenem Teil der Terrasse aus doch wohl kaum hören», sagte er halblaut.
Er blickte Blunt nicht an, aber ich tat es, und daher merkte ich zu meinem größten Erstaunen, dass jener errötete.
«Ging bis an die Ecke», erklärte er unwillig.
«Oh, wirklich», sagte Poirot.
«Dachte, ich sähe – eine Frau in den Büschen verschwinden. Gerade nur einen Schimmer von etwas Weißem. Muss mich geirrt haben. Als ich an der Ecke der Terrasse stand, hörte ich Ackroyd mit seinem Sekretär sprechen.»
«Mit Mr. Geoffrey Raymond?»
«Ja – so nahm ich an. Scheint, dass ich unrecht hatte.»
«Sprach Mr. Ackroyd ihn mit seinem Namen an?»
«Nein.»
«Warum, wenn ich fragen darf, dachten Sie dann …»
Blunt erklärte mühsam: «Hielt es für selbstverständlich, dass es Raymond war, da dieser, knapp bevor ich die Terrasse betrat, Ackroyd einige Papiere bringen wollte. Dachte nicht, dass es jemand anders sein könnte.»
«Können Sie sich an die Worte erinnern, die Sie hörten?»
«Ich fürchte, nein. Es war etwas ganz Gewöhnliches, Belangloses, erhaschte nur ein Bruchstück. Ich dachte gerade an etwas anderes.»
«Es ist nicht so wichtig», meinte Poirot. «Rückten Sie vielleicht einen Stuhl an die Wand zurück, als Sie nach der Auffindung des Leichnams das Arbeitszimmer betraten?»
«Stuhl? Nein – weshalb hätte ich das tun sollen?»
Poirot zuckte mit den Achseln und blieb die Antwort schuldig. Dann wandte er sich an Flora.
«Eines möchte ich von Ihnen hören, Mademoiselle. Als Sie mit Doktor Sheppard die Gegenstände der Vitrine betrachteten, war da der Dolch an seinem Platz oder nicht?»
«Inspektor Raglan hat mich das gleiche gefragt», gab sie verärgert zurück. «Ich sagte ihm und will es auch Ihnen sagen: Ich bin mir meiner Sache ganz sicher: Der Dolch war damals nicht drin. Raglan meinte, er sei dort gewesen und Ralph habe ihn später entwendet. Und – er glaubt mir nicht. Er denkt, ich sagte das nur, um – um Ralph zu schützen.»
«Und – ist es nicht so?», fragte ich ernst.
Flora stampfte mit dem Fuß.
«Auch Sie, Doktor Sheppard! Das ist hässlich!»
Poirot lenkte taktvoll ein.
«Sagten Sie nicht vorhin, Major Blunt, dass auf dem Grund des Teichs etwas glitzerte? Sehen wir, ob ich es finden kann!»
Er kniete am Ufer nieder, entblößte seinen Arm bis zum Ellbogen und tauchte ihn sehr langsam ins Wasser, um den Schlamm nicht aufzurühren. Aber trotz aller Vorsicht trübte sich das Wasser, und er sah sich gezwungen, seine Hand wieder zurückzuziehen.
Kläglich betrachtete er seinen beschmutzten Arm. Ich bot ihm mein Taschentuch, das er mit glühenden Dankesbezeigungen nahm. Blunt sah auf die Uhr.
«Nahezu Essenszeit», stellte er fest. «Sollten lieber ins Haus zurückkehren.»
«Sie essen doch mit uns, Monsieur Poirot?», fragte Flora. «Ich möchte Sie so gern meiner Mutter vorstellen. Sie – liebt Ralph sehr.»
«Sehr gütig, Mademoiselle, gern.»
«Und Sie bleiben auch zum Essen, nicht wahr, Doktor Sheppard?»
Ich zögerte.
«O bitte.»
Es passte mir gut, und so nahm ich die Einladung ohne viel Umstände an.
Wir machten uns auf den Heimweg. Flora und Blunt gingen voraus.
«Welch herrliches Haar!» flüsterte Poirot mir zu und deutete auf Flora. «Wie flüssiges Gold! Sie werden ein prächtiges Paar abgeben, sie und der dunkelhaarige schöne Captain Paton. Meinen Sie nicht auch?»
Ich sah ihn forschend an. Doch er begann sich wegen einiger winzig kleiner
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