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Alibi

Alibi

Titel: Alibi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agatha Christie
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Alles muss sich ineinanderfügen, sonst bin ich auf der falschen Fährte.»
    Er brach ab und wandte sich mir wieder zu.
    «Wo liegt Marby?»
    «Auf der anderen Seite von Cranchester.»
    «Wie weit von hier?»
    «Oh – ungefähr vierzehn Meilen.»
    «Könnten Sie hinfahren? Vielleicht gleich morgen?»
    «Morgen? Warten Sie, morgen ist Sonntag. Ja, das ließe sich einrichten. Was soll ich dort?»
    «Mrs. Folliot aufsuchen und Informationen über Ursula Bourne beschaffen.»
    «Gut. Aber angenehm ist mir die Sache nicht.»
    «Es ist jetzt nicht an der Zeit, Schwierigkeiten zu machen. Ein Menschenleben kann davon abhängen.»
    «Armer Ralph», sagte ich, «glauben Sie doch an seine Unschuld?»
    Poirot sah mich ernst an.
    «Wollen Sie die Wahrheit hören?»
    «Natürlich.»
    «Dann will ich sie Ihnen sagen. Mein Freund, alles spricht für die Annahme, dass er schuldig ist.»
    «Was?», rief ich.
    Poirot nickte. «Ja, der einfältige Inspektor – denn einfältig ist er – weist bei allem auf ihn hin. Ich suche die Wahrheit – und die Wahrheit führt mich jedes Mal zu Ralph Paton. Doch ich will nichts unversucht lassen. Ich versprach es Mademoiselle Flora. Und sie war ihrer Sache sehr sicher. Wirklich sehr sicher.»

11
     
    Als ich am nächsten Tag an der Haustür von Marby Grange auf die Klingel drückte, befiel mich leichte Nervosität. Ich zerbrach mir den Kopf, was Poirot herauszufinden hoffte. Er hatte mich mit der Aufgabe betraut. Warum? Wollte er, wie bei Major Blunt, im Hintergrund bleiben? 
    Meine Betrachtungen wurden durch das Erscheinen eines adretten Stubenmädchens unterbrochen.
    Ja, Mrs. Folliot sei daheim. Ich wurde in einen großen Salon geführt, und während ich die Dame des Hauses erwartete, blickte ich neugierig um mich. Einige gute alte Porzellanstücke, ein paar sehr schöne Radierungen …
    Ich hatte eben die Betrachtung eines Bartolozzi beendet, als Mrs. Folliot eintrat. Sie war groß, hatte braunes Haar und ein äußerst gewinnendes Lächeln.
    «Doktor Sheppard?» fragte sie zögernd.
    «So heiße ich», erwiderte ich. «Ich muss wegen dieses Überfalles um Verzeihung bitten, aber ich möchte eine Auskunft über ein Stubenmädchen erbitten, das früher in Ihren Diensten stand – Ursula Bourne.»
    Kaum war der Name gefallen, als das Lächeln aus ihrem Antlitz schwand und alle Herzlichkeit ihres Wesens zu Eis erstarrte.
    «Ursula Bourne?» wiederholte sie zögernd.
    «Ja», sagte ich, «vielleicht können Sie sich an diesen Namen erinnern?»
    «O ja, gewiss. Ich … ich erinnere mich des Namens sehr genau.»
    «Wenn ich nicht irre, verließ sie vor etwa einem Jahr Ihr Haus?»
    «Ja, ja, das stimmt.»
    «Und waren Sie mit ihr zufrieden? Wie lange war sie übrigens in Ihrem Haus?»
    «Oh, vielleicht zwei Jahre. Ich erinnere mich nicht genau, wie lange es war. Sie … sie ist sehr tüchtig. Ich bin überzeugt, Sie werden mit ihr zufrieden sein.»
    «Könnten Sie mir nicht irgend etwas Näheres über sie mitteilen?» fragte ich.
    «Irgend etwas über sie?»
    «Ja. Woher sie kommt, wer ihre Familie ist – und dergleichen.» Mrs. Folliots Gesichtsausdruck wurde immer kälter.
    «Ich weiß gar nichts.»
    «Wo war sie, ehe sie bei Ihnen eintrat?»
    «Leider kann ich mich nicht daran erinnern.»
    Nun gesellte sich Ärger zu ihrer Nervosität. Sie warf den Kopf zurück, und diese Geste war mir irgendwie vertraut.
    «Müssen Sie wirklich all diese Fragen stellen?»
    «Durchaus nicht», sagte ich erstaunt. «Ich hatte keine Ahnung, dass es Ihnen peinlich ist, sie zu beantworten. Ich bitte vielmals um Verzeihung.»
    Ihr Unwille schien nachzulassen.
    «Oh, peinlich? Davon kann keine Rede sein. Es … es schien mir nur etwas merkwürdig. Sonst nichts.»
    Die Erfahrung als Arzt bringt es mit sich, dass man gewöhnlich merkt, wenn man belogen wird. Ich hatte sofort erkannt, dass ihr viel, sogar sehr viel daran lag, meine Fragen nicht zu beantworten. Sie fühlte sich außerorden t lich unbehaglich, hatte die Fassung verloren, und es war klar, dass irgend etwas dahintersteckte. Ein Kind hätte sie durchschauen können. Es war mir ebenso klar, dass sie nicht geneigt war, mir sonst noch etwas zu erzählen. Was für ein Geheimnis Ursula Bourne auch umgeben mochte, Mrs. Folliot würde es mir bestimmt nicht offenbaren.
    Ich bat nochmals wegen der Störung um Entschuldigung, nahm meinen Hut und ging.
     
    «Ich hatte heute einen sehr interessanten Nachmittag», begrüßte mich Caroline, als ich mich in meinem Lehnstuhl

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