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Alibi

Alibi

Titel: Alibi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agatha Christie
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Hauses nie betreten.»
    «Ich muss Ihnen mitteilen, dass aus Mr. Ackroyds Zimmer eine große Geldsumme verschwunden ist.»
    Jetzt sah ich sie heftig auffahren. Eine Blutwelle schoss ihr ins Gesicht. «Ich weiß nichts von diesem Geld. Wenn Sie glauben, dass ich es genommen habe und deshalb von Mr. Ackroyd entlassen wurde, so irren Sie sich. Sie können in meinen Sachen suchen, wenn Sie wollen, aber Sie werden nichts finden.»
    Poirot schaltete sich ein.
    «Gestern Nachmittag hat Mr. Ackroyd Ihnen gekündigt, oder Sie ihm. Nicht wahr?», fragte er.
    Das Mädchen nickte.
    «Wie lange hat die Unterredung gedauert?»
    «Die Unterredung?»
    «Ja, die Unterredung im Arbeitszimmer, zwischen Ihnen und Mr. Ackroyd.»
    «Ich – ich weiß es nicht.»
    «Zwanzig Minuten? Eine halbe Stunde?»
    «Ungefähr so lange.»
    «Nicht länger?»
    «Nein, länger als eine halbe Stunde bestimmt nicht.»
    «Danke, Mademoiselle.»
    Ich blickte ihn neugierig an. Er stellte einige Gegenstände auf dem Tisch zurecht. Seine Augen funkelten. «Das genügt», sagte er schließlich.
    Ursula Bourne verschwand. Der Inspektor wandte sich an Miss Russell.
    «Seit wann ist sie im Haus? Haben Sie vielleicht eine Abschrift ihrer Zeugnisse?»
    Ohne die erste Frage zu beantworten, trat Miss Russell an einen Schreibtisch, öffnete eines der Fächer und entnahm ihm eine Hand voll Briefe, die von einer Klammer zusammengehalten wurden. Sie wählte einen aus und reichte ihn dem Inspektor.
    «Hm», sagte dieser, «sehr schön. Mr. Folliot, Marby Grange, Marby. Wer sind die Leute?»
    «Gutsbesitzerfamilie», erwiderte Miss Russell.
    «Gut.» Der Inspektor gab ihr das Schreiben zurück . «Nun wollen wir uns das andere Mädchen, Elise Dale, ansehen.»
    Elise Dale war eine große blonde Person mit angene h mem, wenn auch etwas einfältigem Gesicht. Auch sie zeigte sich über das verschwundene Geld bestürzt.
    «Ich glaube nicht, dass an der etwas Falsches ist», bemerkte der Inspektor, nachdem er sie entlassen hatte.
    «Wie steht es mit Parker?»
    Miss Russell kniff die Lippen zusammen und antwortete nicht.
    «Ich habe immer das Gefühl, dass dieser Mensch in den Fall verwickelt ist», fuhr der Inspektor nachdenklich fort. «Das Unglück ist nur, dass ich mir nicht vorstellen kann, wann er dazu Gelegenheit fand. Gleich nach dem Aben d essen musste er seinen Pflichten nachkommen und für den übrigen Teil des Abends hat er ein ausgezeichnetes Alibi. Nun, ich danke Ihnen, Miss Russell. Wir wollen bis auf weiteres die Dinge auf sich beruhen lassen. Wahrscheinlich hat Mr. Ackroyd die Summe selbst ausgegeben.»
    Die Haushälterin grüßte kühl, und wir empfahlen uns.
    Ich verließ mit Poirot das Haus.
    «Was halten Sie von dem Mädchen?», fragte der kleine Belgier.
    «Welchem Mädchen? Der Zofe?»
    «Ja, der Zofe – Ursula Bourne.»
    «Sie machte einen ganz guten Eindruck», sagte ich zögernd.
    Langsam wiederholte Poirot meine Worte.
    Dann, nach minutenlangem Schweigen, griff er in die Tasche und reichte mir etwas.
    «Hier, mein Freund, will ich Ihnen etwas zeigen.»
    Das Papier, das er mir gab, war das vom Inspektor verfasste Verzeichnis, das er Poirot heute früh gegeben hatte. Dort, wo Poirots Finger hinwies, sah ich ein kleines Kreuz. Es stand neben dem Namen Ursula Bourne. «Es mag Ihnen vielleicht nicht aufgefallen sein, aber es gibt auf dieser Liste eine Person, deren Alibi in keiner Weise nachgewiesen ist: Ursula Bourne.»
    «Sie denken doch nicht …»
    «Doktor Sheppard, ich wage alles zu denken. Ursula Bourne könnte Mr. Ackroyd ermordet haben, doch ich gestehe, ich finde bei ihr kein Motiv für eine solche Tat. Sie vielleicht?»
    Er blickte mir prüfend ins Gesicht – so prüfend, dass mir unbehaglich wurde.
    «Nicht ein einziges», sagte ich fest.
    Seine Blicke entspannten sich. Er runzelte die Stirn und sprach vor sich hin: «Aus dem Umstand, dass der Erpresser ein Mann war, folgt, dass sie nicht der Erpresser sein kann, dann …»
    Ich hüstelte.
    «Was? Was wollten Sie sagen?»
    «Nichts. Nichts. Nur, dass Mrs. Ferrars in ihrem Brief ausdrücklich von einer Person sprach – sie bezeichnete diese nicht als Mann. Ackroyd und ich setzten allerdings als selbstverständlich voraus, dass es ein Mann war.»
    Poirot schien mir nicht zuzuhören. Er sprach wieder vor sich hin.
    «Dann wäre es schließlich doch möglich – ja, natürlich ist es möglich – aber dann – oh, ich muss meine Gedanken umstellen. Methode, Ordnung – nie bedurfte ich ihrer mehr!

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