Alibi
fanden, hat Parker ihn vielleicht entfernt, ohne dass Sie es merkten.»
«Parker?»
«Ja, Parker. Immer wieder komme ich auf Parker zurück. Er hat den Mord nicht begangen. Wie steht es aber mit den Erpressungen an Mrs. Ferrars? Parker kann sehr leicht direkt oder indirekt daran beteiligt gewesen sein.»
«Er könnte den Brief entwendet haben», gab ich zu. «Das Fehlen des Briefes fiel mir erst später auf.»
«Wann ungefähr? Erst nachdem Raymond und Blunt im Zimmer gewesen waren oder vorher?»
«Daran erinnere ich mich nicht», sagte ich langsam. «Ich denke, es war vorher – nein, doch nachher. Ja, ich bin beinahe sicher, dass es nachher war.»
«Das erweitert den Kreis der Verdächtigen auf drei Personen», murmelte Poirot nachdenklich. «Aber Parker ist der wahrscheinlichste. Ich habe vor, ihn auf eine kleine Probe zu stellen. Was meinen Sie, mein Freund, wollen Sie mich nach Fernly begleiten?»
Ich willigte ein, und wir machten uns auf den Weg.
Poirot verlangte Miss Ackroyd zu sprechen, und Flora erschien sofort.
«Miss Flora», begann Poirot, «ich muss Ihnen ein kleines Geheimnis anvertrauen. Ich bin noch nicht ganz von Parkers Unschuld überzeugt. Ich schlage vor, mit Ihrer Hilfe einen kleinen Versuch zu machen. Ich möchte einiges, was er an jenem Abend tat, von ihm wiederholen lassen. Aber wir müssen gut überlegen, was wir verlangen. Halt, ich hab’s. Ich möchte mich davon überzeugen, ob Stimmen im Flur von der Terrasse aus zu hören sind. Bitte läuten Sie jetzt nach Parker, wenn Sie so freundlich sein wollen.»
Ich tat es, und sofort erschien der Butler, zuvorkommend wie immer.
«Haben Sie geläutet, Sir?»
«Ja, Parker. Ich möchte einen Versuch machen. Ich habe Major Blunt auf die Terrasse vor das Fenster des Arbeitszimmers geschickt. Ich möchte erproben, ob es von dort aus möglich war, Ihre und Miss Ackroyds Stimme zu hören, während Sie an jenem Abend im Flur miteinander sprachen. Vielleicht holen Sie die Tasse oder was Sie gerade trugen.»
Parker verschwand, und wir traten in den Flur hinaus. Bald darauf hörten wir in der Halle ein feines Klirren, und Parker erschien auf der Schwelle. Er trug ein Servierbrett, auf dem ein Siphon, eine Whiskyflasche und zwei Gläser standen.
«Einen Augenblick», rief Poirot und hob sichtlich erregt die Hand. «Wir müssen alles der Reihe nach machen. Genau wie es sich zutrug. Das ist eine meiner Methoden.»
«Rekonstruktion des Verbrechens nennt man das, nicht wahr, Sir?»
«Ach, er weiß etwas, der gute Parker!», rief Poirot. «Er hat über diese Dinge gelesen. Bitte, wollen wir es jetzt möglichst genau wiederholen. Sie kamen aus der Halle. Mademoiselle standen – wo?»
«Hier», sagte Flora und stellte sich vor die Tür des Arbeitszimmers.
«Ganz richtig, Sir», bestätigte Parker.
«Ich hatte eben die Tür geschlossen», fuhr Flora fort.
«Ja», stimmte Parker bei. «Ihre Hand lag noch auf der Türklinke.»
«Dann los», befahl Poirot, «spielen Sie mir eine kleine Szene vor.»
Flora stand, die Hand auf der Türklinke, während Parker mit seinem Tablett durch die Hallentür trat.
Flora sprach: «Ach, Parker, Mr. Ackroyd wünscht heute Nacht nicht mehr gestört zu werden.»
«Ist das so recht?», fragte sie leise.
«Soweit ich mich erinnern kann, ja, Miss», antwortete Parker, «aber ich glaube, Sie sagten damals ‹heute Abend› und nicht ‹heute Nacht›.» Dann wieder sehr laut und nachdrücklich: «Sehr wohl, Miss. Soll ich jetzt wie gewöhnlich abschließen?»
«Ja, bitte.»
Parker ging durch die Tür. Flora folgte und begann dann die Stufen der Haupttreppe hinaufzusteigen.
«Genügt das?», fragte sie nach rückwärts.
«Ausgezeichnet», rief der kleine Mann und rieb sich die Hände.
«Übrigens, Parker, wissen Sie bestimmt, dass an jenem Abend zwei Gläser auf dem Tablett standen? Für wen war das zweite bestimmt?»
«Ich brachte immer zwei Gläser, Sir», war die Antwort. «Wünschen Sie noch etwas, Sir?»
«Nein, danke sehr.»
Parker zog sich zurück. Er war bis zuletzt würdevoll geblieben.
Flora trat wieder zu uns.
«War Ihr Versuch erfolgreich?», fragte sie. «Ich verstehe nicht ganz …»
Poirot lächelte ihr bewundernd zu.
«Das ist auch nicht nötig», sagte er. «Sagen Sie mir aber bitte, standen an jenem Abend wirklich zwei Gläser auf dem Serviertablett?»
Flora runzelte nachdenklich die Brauen.
«Ich kann mich nicht erinnern», gestand sie. «Ich glaube, es waren zwei. War … war das der
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