Alibi
könnte auch für Sie etwas abfallen?», fiel Poirot ruhig ein. Er verstand sich wirklich darauf, den Köder auszuwerfen.
«Nun, ja, so war es, Sir. Ich dachte, wenn an Mr. Ackroyd schon Erpressungen verübt wurden, weshalb sollte ich da nicht auch …»
Ein sonderbarer Ausdruck huschte über Poirots Antlitz.
«Hatten Sie schon vor diesem Abend einen Grund, anzunehmen, dass Mr. Ackroyd erpresst wurde?»
«Nein, wirklich nicht. Es überraschte mich sehr. Ein Gentleman, der in so geordneten Verhältnissen lebte!»
«Was haben Sie gehört?»
«Nicht viel, denn natürlich hatte ich auch meine Pflichten in der Anrichte zu erfüllen. Sooft ich dann zum Arbeitszimmer schlich, war es immer umsonst. Das erste Mal kam Herr Doktor Sheppard heraus und hätte mich beinahe auf frischer Tat ertappt, ein andermal ging Mr. Raymond in der gleichen Richtung durch die Halle, und als ich mit dem Tablett kam, befahl mir Miss Flora, wieder fortzugehen.»
Poirot starrte den Mann lange an, und Parker hielt seinem Blick stand.
«Ich hoffe, Sie glauben mir, Sir. Ich habe schon die ganze Zeit gefürchtet, dass die Polizei jene alte Geschichte mit Major Ellerby aufrühren und mich infolgedessen verdächtigen würde.»
«Eh bien», sagte Poirot endlich. «Ich bin geneigt, Ihnen zu glauben, doch ich muss Sie um eines bitten – mir Ihr Sparkassenbuch zu zeigen. Sie haben doch eines?»
«Ja, Sir, und ich habe es sogar bei mir.»
Ohne das geringste Zeichen von Bestürzung zog er es aus der Tasche. Poirot ergriff das dünne, grüngebundene Büchlein und überflog die Eintragungen.
«Ach, Sie haben in diesem Jahr für 500 Pfund Schatzanweisungen gekauft?»
«Ja, Sir. Ich habe schon über 1000 Pfund gespart – das Ergebnis meiner Beziehungen zu … hm … zu meinem letzten Herrn, Major Ellerby.»
Poirot gab ihm das Buch zurück.
«Es ist gut, Parker. – Ich will annehmen, dass Sie mir die Wahrheit gesagt haben. Wenn nicht – um so schlimmer für Sie, mein Freund.»
Als Parker gegangen war, griff Poirot nochmals nach seinem Mantel.
«Gehen Sie wieder aus?», fragte ich.
«Ja, ich möchte dem guten Dr. Hammond einen kleinen Besuch machen.»
«Glauben Sie Parkers Erzählung?»
«Dem Anschein nach ist sie vollkommen glaubhaft. Falls er nicht ein besonders guter Schauspieler ist, glaubt er wirklich, dass Mr. Ackroyd Erpressern in die Hände gefallen ist.»
«Ja – aber wer …?»
«Ja – wer? Vielleicht erreichen wir durch den Besuch bei Mr. Hammond unser Ziel. Entweder wird Parker vollkommen reingewaschen oder …»
«Oder?»
«Heute Vormittag verfalle ich unaufhörlich in die Gewohnheit, meine Sätze unvollendet zu lassen», entgegnete Poirot. «Ich bitte um Nachsicht.»
«Übrigens», stotterte ich verlegen, «muss ich Ihnen ein Geständnis machen. Leider habe ich unachtsamerweise etwas über den Ring ausgeplaudert.»
«Über welchen Ring?»
«Über den Ring, den Sie im Goldfischteich fanden.»
«Ach ja», sagte Poirot und lächelte zufrieden.
«Ich hoffe, Sie sind mir nicht böse? Es war unvorsichtig von mir.»
«Aber nicht im geringsten, lieber Freund, nicht im geringsten. Ich hatte Ihnen keine Verhaltensmaßregeln gegeben. Es stand Ihnen frei, nach Belieben darüber zu sprechen. Ihre Schwester hat das wohl sehr interessiert?»
«Das will ich meinen. Allerlei Vermutungen flatterten auf.»
«Und dabei ist es doch so einfach. Die richtige Erklärung lag doch auf der Hand, nicht?»
«Wirklich?», fragte ich trocken.
Poirot lachte.
«Ein weiser Mann verpflichtet sich zu nichts», bemerkte er. «Nicht wahr? Doch hier sind wir bei Dr. Hammond.»
Der Anwalt war in seinem Büro, und wir wurden sofort vorgelassen. Er erhob sich und begrüßte uns in seiner trockenen, steifen Art.
Poirot steuerte sofort auf unser Ziel los.
«Monsieur, ich brauche gewisse Auskünfte, das heißt, wenn Sie so gut sein wollen, sie mir zu geben. Sie haben, wenn mich nicht alles täuscht, die verstorbene Mrs. Ferrars in King’s Paddock vertreten?»
Ich sah, wie die Augen des Anwalts erstaunt aufflammten, ehe sich seine berufliche Reserviertheit wie eine Maske wieder über sein Antlitz legte.
«Gewiss, alle ihre Angelegenheiten gingen durch meine Hände.»
«Ausgezeichnet. Nun, ehe ich überhaupt etwas frage, möchte ich, dass Sie sich die Geschichte anhören, die Doktor Sheppard Ihnen erzählen wird. Sie haben doch nichts dagegen, das Gespräch wiederzugeben, das Sie am vergangenen Freitagabend mit Mr. Ackroyd führten?»
«Nicht im
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