Alice@Hollywood
ich auch noch genug Zeit, mir über Nachwuchs Gedanken zu machen.
»I play my music in the sun !« , singt mich der Mann im Trenchcoat fröhlich an, der gerade zurückkommt, als ich das Haus verlasse. Ich sehe ihm nach, wie er im Flur verschwindet. Die schwere Haustür fällt ins Schloss. Vielleicht sollte ich Steve eine Nachricht hinterlassen. In meiner Jackentasche finde ich eine Serviette, als einziges Schreibutensil habe ich meinen Lippenstift dabei. »Alice war hier« kritzle ich. Sieht aber eher aus wie »Ali cewa niln«. Mit dieser Message kann ich sicher keine Vorfreude wecken. Also verwerfe ich mein Vorhaben. Ich werde ihn von Jennys Apartment aus anrufen.
Die Mädels sind neu eingekleidet, als ich in die Wohnung des Hajo Essen zurückkehre. Ruth hat nach einem Anruf von United Airlines tatsächlich das »Go« bekommen, sich für 200 Dollar neue Klamotten zu kaufen. Ihr Gepäck sei noch am gestrigen Abend in Dubai aufgetaucht, man sei aber zuversichtlich, das Köfferchen bis morgen Mittag in New York zu haben. Ein Kurier liefere es dann direkt an die Upper East Side. Das hat natürlich ungemein zur Steigerung von Ruths Laune beigetragen. Fröhlich klopft sie mir auf die Schulter. Morgen würde Steve garantiert zu Hause sein. "Wir könnten uns in die Arme fallen und etwas zur deutsch-amerikanischen Freundschaft beitragen, indem wir eine Schar Kinder zeugten. Wahrscheinlich hat sie Recht. Mal abgesehen von der Sache mit den Kindern. Kein Grund zur Trauer. Ich werde Steve morgen überraschen. Also knicke ich den Anruf und frage meine Freundinnen, was für heute noch so geplant ist. Jenny hat eine gute Idee: »Gehen wir ins Kino !« Am Broadway läuft »Manhattan Love Story« in einer Wiederaufführung. Mal sehen, was wirklich so am Po von Jennifer Lopez dran ist.
Wir versorgen uns bei Wendy's mit Proviant für den Weg und marschieren Hamburger mampfend in Zweierreihen zum Kino. Es ist ein kleines Lichtspielhaus. Die Schaukästen haben rostige Blechrahmen und sahen sicher schon so aus, als King Kong das erste Mal New York angriff. Bei einer griesgrämigen Kassiererin kaufen wir unsere Karten. Das abgewetzte Interieur lässt eine drohende Pleite vermuten. Sicher auf Grund von Sparmaßnahmen übernimmt der Vorführer gleich den Job von Thekenkraft und Platzanweiser mit. Zum Glück überarbeitet er sich heute nicht, denn außer uns finden sich nur noch drei weitere Gäste im Kino ein. Jenny fängt sofort an, mit der Allround-Hilfskraft zu flirten. Der blonde Surfertyp Märke Patrick Swayze, nur fünfzehn Jahre jünger, sonnt sich beim Popcornmachen in ihrer Aufmerksamkeit. Selbstverständlich bekommt Jenny ihre große Portion mit Salz und Butter umsonst. Zu allem Überfluss wird sie dann auch noch persönlich von ihm in den Saal geleitet und zu ihrem Platz gebracht. Wir anderen dackeln hinterher. Der Vorführer verschwindet, und es beginnt das Vorprogramm. Dias mit Trivial-Pursuit-Fragen werden auf die Leinwand projiziert. »Welche Rollennamen hatten Tom Hanks und Meg Ryan in >Schlaflos in Seattle< ?«
Ruth tippt auf »Harry und Sally« und lässt sich nicht davon abbringen, auch nicht, als Nina ihr erklärt, dass es sich dabei um einen eigenständigen Film handelt. Die passende Antwort hat sie allerdings auch nicht parat. Einig sind wir uns lediglich darüber, dass es sich nicht um Bonnie und Clyde oder Batman und Catwoman handelt. Die Auflösung erfolgt drei Dias später: Sam und Annie. Vor uns tauschen die anderen Gäste ein paar Dollarscheine. Offenbar haben sie auf die Lösung gewettet. Es folgen drei Filmtrailer, und schließlich wird die Saalbeleuchtung vollends gelöscht. Der Hauptfilm beginnt. J-Lo kämpft sich tapfer durch die dünne Aschenputtelstory, deren banale Dialoge uns überhaupt nicht stören. Ich brauche jetzt einfach was fürs Herz. Als das Zimmermädchen Lopez und dieser Abgeordnete ihren ersten gemeinsamen Spaziergang durch den Park machen, bittet mich Jenny leise darum, sie auf die Toilette zu begleiten. Frauen marschieren auch in Manhattan immer zu zweit aufs Örtchen. Jenny geht es allerdings um etwas ganz anderes. Sie fragt mich, ob sie bei dem surfenden Filmvorführer eine Chance hätte. Dabei öffnet sie die Bluse und schiebt ihre Brüste in Position. Für mich das Zeichen, dass diese Frage rein rhetorisch gemeint war.
»Wenn er nicht nebenberuflich Mönch oder hauptberuflich impotent ist, dann schon !« , gebe ich zurück. Jenny nickt, dankbar für diese überflüssige
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