Alice@Hollywood
Apartment von Jenny ist voll, der Fernseher hat 194 Kanäle. Die brauchen mich nicht.
Also mache ich mich auf die Suche nach einem Taxi. Ich muss einen Block weit gehen, bevor ich auf eine Straße stoße, die in die richtige Richtung führt. Die Einbahnstraßen verlaufen in Manhattan immer abwechselnd nach Norden und nach Süden. Wenn man ein Taxi in die falsche Richtung nimmt, wird es unnötig teuer, da der Fahrer oft ellenlang braucht, um in die andere Himmelsrichtung einzuschwenken. Insbesondere dann, wenn er den Fahrgast als Tourist erkennt. In dem Fall finden sich überhaupt keine Ausfahrten, bis das Taxameter nicht mindestens 100 Dollar anzeigt.
Ich gehe eine kleine Gasse entlang. Nur wenige Straßenlaternen erhellen die Müllberge, die sich rechts und links an den Fassaden türmen. Anscheinend sind die Prachtstraßen in Manhattan nur so sauber, weil man allen Unrat in die Nebenstraßen wirft.
»Got a quarter ?« , krächzt es plötzlich neben mir. Ich erschrecke mich fast zu Tode. Aus einer Wand schwarzer Mülltüten streckt sich mir eine knochige Hand entgegen. Ich bin wie angewurzelt. Ein Mann schält sich aus dem Schatten und grinst mich an. Seine Lippen geben ein paar gelbe Stümpfe frei, als er anfängt zu singen: »Some call me the gangster of love !«
Jetzt erkenne ich den Typ wieder. Der Irre aus Steves Haus. Meine Starre löst sich allmählich. Als ich meine Gliedmaßen wieder spüre, renne ich, was das Zeug hält. Am Ende der Gasse ergattere ich ein Taxi.
»Upper East Side!«
Ich will nur noch nach Hause.
In Herrn Essens Apartment finde ich Ruth und Nina schlafend vor dem Fernseher. Late-Night-Talker Conan O'Brien hat wohl einen narkotischen Vortrag gehalten. Die Mädels liegen zusammengekauert in der Sofaecke, wie zwei Kätzchen nach einer Überdosis warmer Milch. Ich lasse sie schnurren und gehe ins Bett. Es war ganz schön anstrengend heute. Der Jetlag tut sein Übriges. Erschöpft gleite ich unter die Decke und schaue mir noch einmal das Foto von Steve an. Morgen sehen wir uns. Schlaf schön, du Süßer!
4. No SEX IN THE CITY
Mitten in der Nacht wache ich auf. Ein lautes Geräusch aus dem Wohnzimmer reißt mich aus dem Schlaf. Mit einem Baseballschläger bewaffnet, den ich unter dem Bett gefunden habe, schleiche ich mich vorsichtig zur Tür und lausche. Der Fernseher ist aus. Nina und Ruth scheinen schlafen gegangen zu sein. Wieder ist etwas zu hören. Es klingt, als ob nebenan jemand in Schubladen wühlt. Einbrecher! Na klasse. Geld für eine männerverschlingende Haushälterin hat Hajo Essen, aber nicht für eine Alarmanlage. Ich muss etwas unternehmen. Da mein Verstand noch im Tiefschlaf ist, agiert mein Körper ungewohnt mutig. Mit einem Ruck stoße ich die Tür auf, schwinge wild den Baseballschläger und schreie aus Leibeskräften: »Ich bin bewaffnet und rufe die Polizei !«
Ruth liegt auf dem Boden vor dem Sofa und schaut mich entgeistert an. Nina lässt vor Schreck die Fernbedienung fallen.
»Hast du schlecht geträumt, oder was ?« , will Ruth wissen.
»Ich dachte, hier sind Einbrecher. Ich hab so ein dumpfes Geräusch gehört«, sage ich zu meiner Verteidigung.
»Von dem Geräusch bin ich auch wach geworden«, gibt Nina grinsend zurück. »Das war Ruth, die im Schlaf vom Sofa gekippt ist .«
Ruth nickt bestätigend und reibt sich ihren schmerzenden Rücken. Jedenfalls sind wir jetzt alle drei wieder hellwach. Wir beschließen, uns aus Herrn Essens gut bestückter Hausbar noch einen kleinen Schlummertrunk zu gönnen. Damit machen wir es uns auf dem Sofa gemütlich. Ich erläutere meinen Freundinnen Jennys Zukunftspläne als General Managerin eines Lichtspielhauses und erzähle von der unheimlichen Begegnung mit dem bettelnden Müllmonster. Im Gegenzug erhalte ich eine detaillierte Schilderung einer Folge »Friends«, die in Deutschland wohl noch nicht gelaufen ist. Leider können weder Ruth noch Nina so gut Englisch, dass sie mir eindeutig sagen können, ob Rachel wieder schwanger ist oder an einem Schönheitswettbewerb teilnehmen will. Schließlich schlägt Nina vor, morgen Nachmittag einfach die Wiederholung zu gucken.
»Ohne mich«, erkläre ich. »Morgen treffe ich mich mit Steve !«
Beseelt nippe ich an meinem Glas.
»Würdest du ihn heiraten ?« , greift Ruth meinem übernächsten Gedanken vor.
»Ich weiß nicht«, sage ich nachdenklich, »das ist im Moment noch 'ne Spur zu groß. So was muss man langsam angehen .«
»Wie die Sache mit eurem ersten Sex, was
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