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Alice@Hollywood

Alice@Hollywood

Titel: Alice@Hollywood Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ralf Bunzel , Andreas Gaw
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zeitweilig sogar die blöde Geschichte mit Steve vergessen.
    Nach mehreren ihrer Bloody Caipirinhas und Screwed Russians stellt sich die obligatorische »Jetzt-erst-recht«-Stimmung ein.
    »Wenn der Vollidiot glaubt, er kann uns den Urlaub versauen, dann hat er sich verdammt nochmal getäuscht !« , beginne ich meine Ansprache und klettere mahnend auf den Fernsehsessel, als sei ich dabei, an Speaker's Corner die Revolution auszurufen. »Morgen reisen wir ab. Unser Weg führt nach Westen, und unser Motto lautet: Fun, Fun, Fun !!!«
    Das ausladende Sofa dämpft meinen Sturz. Meine weiteren Ausführungen gehen in zustimmendem Beifall unter. Morgen werden wir uns einen Mietwagen besorgen und einfach drauflosdonnern. Mal sehen, wohin. Ist aber auch egal. Spaß kann man überall haben. Glücklich, diesen Entschluss gefasst zu haben, und selig vom letzten Mixgetränk, lasse ich mich vor dem Fernseher nieder, zappe durch die 194 Kanäle. Kurz bleibe ich bei einer Wiederholung von »Golden Girls« hängen, lande dann aber bei den Spätnachrichten. Wie üblich drehen sich die Beiträge in erster Linie um amerikanische Belange. Außenpolitisch erfahre ich lediglich, dass sich unser Bundeskanzler zu einem Besuch im Weißen Haus angekündigt hat. Er sollte aber vorher genau checken, ob der Präsident auch da ist. Am Ende steht der Kanzler vor verschlossenen Türen, weil der Präsi nach Los Angeles gezogen ist.
    Dann folgt eine Liveschaltung nach Hawaii. Zum ersten Mal nach Jahren dreht Woody Allen außerhalb von New York. Er gibt ein Interview zum Verlauf der ersten beiden Drehtage. Mit meinem Fuß gebe ich Nina einen sanften Kick, die neben mir eingeschlafen ist.
    »Nina! Wo genau hast du Woody Allen getroffen? In Manhattan oder Honolulu?«

6. DA WO DER WOLF TANZT
    »Kommt gar nicht in Frage !«
    Das höre ich immer, wenn ich mal einen kleinen Wunsch äußere. Das war so, als meine Barbie unbedingt das Super-Cabriolet brauchte. Das war so, als ich auf eine harmlose »Flaschendreh-wer-verliert-heut-Abend-seine-Unschuld«-Party wollte, und das war so, als mein Vorschlag für einen Kinoabend kategorisch »Titanic« lautete.
    Und jetzt wollen meine Freundinnen einfach nicht einsehen, dass wir den Urlaub abbrechen müssen.
    »Das kannst du nicht bringen, Alice«, meint Nina, »nur weil dein Steve vor dir davonläuft .«
    »Genau«, pflichtet Ruth bei, »wir lassen uns doch davon den Spaß nicht verderben .«
    »Dazu müssten wir erst mal welchen haben .«
    Diesem Argument können sie sich nicht verschließen. Die Ereignisse der letzten Tage als Spaß zu bezeichnen, kommt der Einschätzung eines Wanderers gleich, der im Begriff ist, die Sahara zu durchqueren und meint: »Na, so weit kann das ja nicht sein.«
    »Die USA-Nummer war deine Idee«, sagt Ruth, »und die ziehen wir jetzt auch durch .«
    Ich verdränge schnell den Gedanken, dass wir in irgendeinem palmumwedelten Karibik-Paradies sitzen würden, wäre es nach Ruth gegangen. Stattdessen hocken wir immer noch in Jennys Appartement und sind uns nicht einig, wie es weitergehen soll.
    »Außerdem hast du gestern noch gesagt - Fun, Fun, Fun, wir ziehen nach Westen«, sagt Nina.
    Ich muss zugeben, das deckt sich nicht so ganz mit meiner heutigen Aussage: »Mist. Mist. Mist. Wir fahren nach Haus .«
    Aber was bedeutet das schon? Es ist doch völlig logisch, dass  man Weiß meint, wenn man Schwarz sagt. Jedenfalls für die eine Hälfte der Weltbevölkerung. Männer sehen das natürlich wieder anders. Die meisten halten sogar das Jawort vorm Traualtar für eine unumstößliche Aussage. Aber meine Freundinnen sollten mich doch verstehen. Tun sie auch.
    »Und komm uns jetzt nicht mit der Schwarz-Weiß-Logik«, ermahnt mich Ruth.
    Ich gebe mich geschlagen. Was nützt es, hier rumzusitzen und Trübsal zu blasen. Fahren wir woanders hin und blasen da Trübsal.
    »Fun!«
    »Fun!«
    »Fun!«
    »Auf nach Westen!«
    »Sofort!«
    »Spontan!«
    »Und wie?«
    Nicht nur im Land der unbegrenzten Möglichkeiten muss man sich für eine davon entscheiden. Fliegen ist nicht. Ruth hat Angst, dass dabei auch noch das, was sie am Leibe trägt, verloren geht. Bahnfahren ist blöd ,' wegen der Toiletten. An seinem Platz sitzt man immer wie in Opas Fernsehsessel, sobald man aber auf die Toilette muss, fahren Züge plötzlich durch achtzig hintereinander liegende Steilkurven, dass man nicht ohne Schleudertrauma davonkommt. Busfahren ist uncool, mufflige Butterfahrt-Atmosphäre, aufregend wird's nur, wenn der

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