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Alice@Hollywood

Alice@Hollywood

Titel: Alice@Hollywood Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ralf Bunzel , Andreas Gaw
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sehe Nina an, dass sie Ruth nicht ganz folgen kann. Ich kann's auch nicht, also schweigen wir.
    »Am ersten Abend ist gar nichts gelaufen. Mir war das Gefühl ja selbst unheimlich. Mein Gott, ich war drauf und dran, ihm einen Heiratsantrag zu machen .«
    »Bist du nicht aus dem Alter raus, aus einem Blickkontakt gleich 'ne Ehe zu machen?«, frage ich.
    »Um Ehe geht's gar nicht. Nur um das Geheiratetwerden. Es ist ein tolles Gefühl, jemanden zu finden, der bereit dazu ist. Ob man's nun macht oder nicht .«
    »Hat er's gemacht ?« , fragt Nina.
    »Dann wäre ich wohl nicht hier .« Ruth seufzt. Es klingt aber eher so, als sei sie froh darüber, dass sie jetzt hier ist.
    »Ich hab mir seine Nummer besorgt. Zwei Tage hab ich ihm hinterhertelefoniert, bis er sich auf ein Treffen eingelassen hat .«
    »Und?« Die Frage kommt doppelt aus zwei Mündern.
    »Er hatte schon mitgekriegt, dass ich was von ihm wollte. Und er hat mich so lange warten lassen, bis er den Mut fand, es mir zu sagen .«
    »Was?«
    »Na ja, der Typ ist halb blind und schielt obendrein noch. Beim Diavortrag hat er nicht mich angemacht, sondern eine Tussi neben mir. Und mit der hat er an dem Abend auch gebumst .«
    Nina gibt dem pietätvollen Schweigen gerade mal zwei Sekunden, dann platzt sie vor Lachen. »Entschuldigung. Aber so was hab ich noch nie gehört. Ruth, du gehörst bestraft !«
    »Nina!« Ich kann mein eigenes Lachen kaum zurückhalten. Trotzdem hat Ruth in erster Linie Trost verdient.
    Nina unterdrückt ihr Lachen: »Ich meine dafür, dass sie uns die Geschichte nicht schon früher erzählt hat .«
    Ich fürchte, dass Ruth gleich in Tränen ausbricht, doch sie fängt selbst an zu prusten.
    »Deswegen hat der Blödmann beim Vortrag das Stottern angefangen. Weil gleich zwei Schnecken auf sein Gezwinker reagiert haben .«
    »Vielleicht hat er die andere genommen, weil sie Optikerin ist«, lacht Nina weiter.
    »Die Bessere hat er jedenfalls nicht gekriegt«, sage ich.
    Ruth drückt mich kurz.
    »Danke, Süße.«
    »Trotzdem. Ich weiß nicht, wie du auf den Typen stehen konntest .«
    »Seine Aura?«
    »Du solltest in Zukunft darauf achten, in welchen Klamotten die Aura steckt .«
    »Dann wird's hier wohl auch nix«, sagt sie tapfer und wirft diese unliebsame Episode gleichsam in den Papierkorb. »Die Amis sind auch nicht gerade Trendsetter in Sachen Mode .«
    Ich suche einen Mann, Nina flieht vor einem, und Ruth hängt irgendwo dazwischen. Es stimmt, so oder so ist immer ein Kerl an dem beteiligt, was wir tun. Ob man für diese Erkenntnis unbedingt einen Nachmittag in der seltsamen Wallamaloo-Zeitschleife zubringen muss, wage ich zu bezweifeln. Wir zahlen, steigen in unser Auto und verlassen den still daliegenden Ort. Ich habe das Gefühl, dass wir unsere gemeinsame Reise erst jetzt beginnen.

9. DAS GROSSE SCHWEINESCHUBEN
    »Hat jemand Bock auf Bratwurst ?« , frage ich, während ich in meinem Reiseführer blättere. Ohne eine Antwort abzuwarten fahre ich fort:
    »Sheboygan, Wisconsin. Bratwurst-Hauptstadt der Welt. Hier gibt es mehr als dreihundert verschiedene Sorten !«
    Ruth dreht sich zu mir um, während Nina im Takt der Countrymusik von Garth Brooks, die aus dem Autoradio sickert, auf das Lenkrad trommelt.
    »Ich dachte, hier gibt es mehr als dreihundert verschiedene Käsesorten? !«
    »Die auch ...«, erwidere ich lapidar.
    Schließlich befinden wir uns in Amerikas Molkereistaat. Ruth nickt und schaut wieder aus dem Fenster. Unsere Konversation läuft sehr schleppend, seit wir Wallamaloo am Morgen verlassen haben. Alle hängen ihren- Gedanken nach. Im Grunde auch mal ganz schön. Ich klappe den Reiseführer zu. Die nagelneue Landkarte auf meinem Schoß verspricht noch knappe zwanzig Minuten Fahrt, bis wir in Steves Heimatdorf ankommen. Unser Mietwagen verlässt ein Waldgebiet. Wir schlängeln uns durch Farmland. Rote Bauernhäuser, die an Schweden erinnern, säumen die Straße. Phallusartig ragen Getreidesilos in die Luft. Ich verkneife mir, Nina darauf aufmerksam zu machen.
    Hier ist mein Collegeboy also aufgewachsen. Erstaunlich, dass aus ihm nicht das typische Landei geworden ist, dessen Wortschatz sich auf »howdy« und »yippie« beschränkt. Die ländliche Idylle lässt vermuten, dass das Highlight eines Teenagerlebens hier das alljährliche Schweineschubsen sein muss. Davon hat Steve tatsächlich einmal erzählt. Zwei Grundschüler im Cowboyoutfit, die gegeneinander antreten und versuchen, eine Sau in den Schlamm zu stoßen. Wem

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