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Alice@Hollywood

Alice@Hollywood

Titel: Alice@Hollywood Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ralf Bunzel , Andreas Gaw
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ein. Sailor sieht mich an wie eine Außerirdische. Ich fühle mich befleißigt konkreter zu werden. »Miller-Family. Mama Miller and Papa Miller ...« Meine Güte, Sailor hat einen Röntgenblick. »And Steve Miller ... the Space Cowboy !« , ergänze ich.
    »Du bist die Maus aus Germany !« , sagt Sailor mit schwerem Akzent. »Mein Bruder Steve hat mir schon von dir erzählt .«
    Bruder? Mir hatte Steve nicht erzählt, dass er einen Bruder hat.
    Das läge daran, dass Sailor nur sein Halbbruder sei, wie wir auf dem "Weg zur Miller-Familie von dem Seemann aus der Lebensmittelbranche erfahren.
    Sailor hat sich kurzerhand den Nachmittag freigenommen, um uns persönlich seiner Familie vorzustellen. Ich fahre, mein Bewunderer sitzt neben mir. Ruth und Nina haben es sich auf dem Rücksitz gemütlich gemacht. Sie stopfen Butterfinger, Babe Ruth und diverse andere Schokoriegel in sich hinein. Dabei versuchen sie, synthetische lila Traubenbrause aus Flaschen mit überdimensionaler Trinköffnung zu schlürfen, ohne sich dabei die Pullis zu bekleckern. Die Sache wird noch dadurch erschwert, dass die zwei Reisehühner sich vor Lachen kaum halten können. Irgendwie scheint ihnen die lange Autofahrt zu Kopf gestiegen zu sein. Seit wir aus dem Geschäft raus sind, war keine von beiden zu einer normalen Äußerung fähig.
    »Drink Grape Soda. Soda makes you strong !« , intoniert Ruth den Werbespruch auf der Flasche.
    Nina fängt umgehend an zu glucksen. Die beiden sind beschäftigt.
    Ich erfahre von Sailor, dass er zur Zeit gar keinen Kontakt  zu Steve hat. Dass er aus New York verschwunden ist, kommt ihm aber auch etwas dubios vor.
    »Vielleicht ist er in so einem Zeugenschutzprogramm«, mutmaßt Sailor und zeigt nach rechts auf einen Feldweg, in den ich abbiegen soll.
    Das Anwesen der Millers ist ein etwas heruntergekommener Bauernhof. Mit viel Farbe und noch mehr Mühe könnte man ihn wieder auf Vordermann bringen, doch dazu fehlt wohl das nötige Geld. Ich parke unseren Mietwagen zwischen einem verfallenen roten Hühnerstall und zwei verrosteten Pickup-Trucks aus den Fünfzigern.
    »Miller Residence«, wie Sailor das Haus seiner Familie nennt, hat ein vermoostes Dach und eine kleine Veranda mit schiefem weißen Geländer . Nina und Ruth haben sich inzwischen wieder beruhigt. Sie halten nach dem obligatorischen Hund Ausschau, der uns anspringen müsste, sobald wir auch nur einen Fuß aus dem Auto setzen. Sailor errät ihre Gedanken und erklärt, dass es den Hund nicht mehr gibt.
    »Erschossen !« , sagt er lapidar.
    Der Mischlingsköter "hatte die reinrassige Collie-Dame des benachbarten Bauern geschwängert, und dieser hat den Armen dann bei der Jagd versehentlich getroffen. Ja, so geht's zu auf dem Lande.
    Noch ehe wir uns aus dem Wagen gezwängt haben, stehen Steves Eltern bereits Spalier. Sailor hatte vom Laden aus durchgerufen, um uns anzukündigen. Offenbar inklusive einer Personenbeschreibung.
    »Die mit dem besonders fettigen Haar, das ist Alice«, hat er wahrscheinlich gesagt, denn Mrs. Miller steuert zielstrebig auf mich zu und nimmt mich in den Arm.
    »Alice! So nice to meet you!"
    Eine rundliche Frau um die sechzig drückt mir einen dicken Kuss auf die Stirn. Sie scheint geradewegs aus einem Werbespot für gesunde Landmilch entsprungen zu sein. Die rotbäckige Mammi stellt sich als Heather vor. Sie gibt ihrem Mann einen sanften Stoß in die Rippen. Der funkelt Heather  mürrisch an, fährt dann aber seinen Arm aus und schüttelt ' meine Hand.
    »Herrman Miller !« , begrüßt er uns mit deutschen Akzent, »... oder Herrman Müller. Alter deutscher Name!«
    Seine Physiognomie, mit Bierbauch und Halbglatze, hat in der Tat etwas Deutsches an sich. Er begutachtet mich von Kopf bis Fuß und ist sich offenbar nicht ganz sicher, ob ihm das, was er da sieht, auch gefällt. Anders Nina, die zu meinem Erstaunen einen leichten Knicks macht, als sie ihm die Hand gibt. Von ihr ist Papa Miller offenbar sofort angetan. Nina hat die Haare streng zurückgekämmt in einem Pferdeschwanz zusammengefasst. Sehr brav und bieder. Trotzdem verspricht ihr breites Lächeln mehr. So etwas kommt bei Typen, die selbst nicht gerade attraktiv sind, ziemlich gut an. Auch Markus, Ninas Gatte, dessen Schönheit ausschließlich aus der üppigen Habenseite seines Kontoauszugs besteht, ist vom selben Schlag wie Herrman Miller. Nina weiß um ihre Wirkung und setzt sie gezielt und bewusst ein.
    »Come in, sei mein Gast !«
    Schon liegt Herrmans Arm um

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