Alice@Hollywood
zwischen Tahiti und Schanghai getragen hat. Unser Vorschlag, die Shantie-Pfeifer zu engagieren, lässt Ruth wieder lächeln.
Gerade, als wir sie so einigermaßen bei Laune haben, schlägt Nina vor, die ganze Sache mit der Hochzeit noch einmal zu überdenken.
»Ihr kennt euch gerade mal achtundvierzig Stunden. Du kannst unmöglich wissen, dass Ron der Richtige ist !«
Ruth lässt sich auf keine Diskussionen ein.
»Du kanntest Markus schon lange, bevor ihr geheiratet habt. Und die große Liebe ist das auch nicht !«
»Ich habe Markus ja auch nicht aus Liebe geheiratet, sondern wegen der Kohle !«
Laut ausgesprochen klingt es wirklich nicht schön, und Nina fühlt sich gezwungen, etwas zu ergänzen.
»... na ja, und ich war schwanger, und Markus hat versprochen, sich um mich zu kümmern, und das ging auch nicht alles ohne Gefühl ab. Also so ein bisschen was wie Liebe war schon im Spiel ... !«
»Ron und du, wollt ihr auch Kinder haben ?« , lenke ich das Gespräch in eine andere Richtung.
Ruth nickt heftig. Darüber sind sich beide einig. Mindestens drei Kinder.
»Das solltet ihr euch nochmal überlegen«, gibt Nina zu bedenken, »Du kennst meinen Thorben-Hendrik. Jetzt stell dir vor: drei davon !«
Ruth wehrt ab. Zum einen würde sie, im Gegensatz zu Nina, niemals während der Schwangerschaft rauchen und Alkohol trinken, zum anderen hätten sie und Ron liebenswerte Gene, die nur liebenswerte Kinder zuließen. Ron und Ruth scheinen in der kurzen Zeit schon den Rest ihres Lebens verplant zu haben. Ron wolle einen kleinen Kredit aufnehmen und zusammen mit Ruths Ersparnissen in der Nähe von Las Vegas eine Harley-Werkstatt aufmachen. Es gebe da ein Gelände mit Halle und schickem Wohnhaus an einer der großen Ausfallstraßen der Stadt. Der ideale Platz für eine Werkstatt, Laufkundschaft und Stammkundschaft. Harleyfahrer kämen immer gerne nach Vegas. Die Immobilie sei geradezu wie geschaffen für eine Existenzgründung. Ruth klingt wie jemand, der uns ein unseriöses Geschäft schmackhaft machen will.
»Und willst du das auch ?« , hake ich nach.
»Natürlich! Ron und ich haben dieselben Träume .«
Noch einmal versucht Nina Argumente wie »Torschlusspanik« und »Gehirnwäsche« anzubringen, doch ich kann sie mit meinem »Lass-gut-sein«-Blick dazu bringen, die Diskussion zu beenden.
Ruth bohrt mit ihren Stulpenstiefeln nervös ein paar Löcher in den Kies.
»Ich habe Angst«, sagt sie und wischt eine Träne von ihrer Wange. »Ich habe Angst um unsere Freundschaft .«
»Aber wir sind doch immer für dich da«, beruhige ich sie.
»Da schon, aber nicht hier .«
Ruths größter Wunsch wäre es, dass wir drei immer zusammen bleiben. Am besten, Nina und ich würden auch je einen Mechaniker heiraten. Unsere Männer könnten die Motorradwerkstatt betreiben, während wir Frauen einen Ökoladen aufmachten. Das wäre ideal für den Bestand unserer Freundschaft und für die Amis, die eine Alternative zu Fastfood suchten.
»Grundsätzlich kein schlechter Gedanke«, findet Nina, die sich das Gesicht ihres Gatten vorstellt, wenn sie aus dem Urlaub zurückkommt und ihm als Souvenir die Scheidungsunterlagen überreicht.
Ruth atmet tief durch. Es ist alles okay so, wie es ist.
Ein Weilchen sitzen wir stumm auf den Stufen des Piratenschiffes. Zwei Schiffskanonen zeigen phallusartig auf uns. Nina hat sie auch entdeckt und kichert verhalten. Schnell reißt sie sich wieder zusammen, schließlich soll sie ja Trauzeugin sind. Wer während der Zeremonie einer Piratenhochzeit Lachkrämpfe bekommt, muss auf die Planke und ab ins Meer als Haifutter. Allmählich wird Ruth ungeduldig. Es ist bereits fünf vor vier. Ron ist noch immer nicht da. Mehrere Kanonenschüsse künden vom Ende der vorhergehenden Hochzeitszeremonie. Gleich sind Ruth und ihr Zukünftiger an der Reihe. Ruth wird nervös. Tröstend nehme ich sie in den Arm.
»We don't do gay ceremonies!« Käpt'n Hook, der Pastor der Piratenkirche, winkt uns mit seinem Haken zu. Wir klären das Missverständnis auf. Der Bräutigam werde jeden Augenblick da sein. Wie aufs Stichwort hält ein Taxi vor der Wedding-Chapel. Ein übergewichtiger Peter Pan namens Ron, mit einer Augenklappe und in grünen Wollstrumpfhosen, springt heraus. Ruth stürzt ihm entgegen. Die beiden verschmelzen. Nina und mich ereilt das Gefühl, dass Ruth vielleicht doch den Richtigen getroffen hat. Auch wenn Ron in Sachen Styling auf dem Stand eines Zehnjährigen ist. Als wir unsere Glückwünsche
Weitere Kostenlose Bücher