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Alice@Hollywood

Alice@Hollywood

Titel: Alice@Hollywood Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ralf Bunzel , Andreas Gaw
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ziemlich warm ist.
    Ein Weilchen gelingt es mir, das Urlaubsfeeling in mich aufzunehmen. Nicht lange allerdings, denn schon eiern meine Gedanken wieder in Richtung Steve. Was für ein merkwürdiger Anruf das gestern in Las Vegas war.
    »Ich möchte dich treffen. Kannst du in zwei Tagen in Los Angeles sein ?«
    Mehr nicht. Nachmittags um fünf vor dem Grauman's Chinese Theater am Hollywood Boulevard.
    »Aber Steve, was ist los ... ? «, habe ich nachgehakt.
    »Nicht am Telefon.«
    Das war's. Keine Erklärungen, gar nichts. Aufgelegt.
    Ich nehme den letzten Schluck warme Pepsi und merke, wie sich eine tiefe Traurigkeit einschleicht. Wie blöd bin ich eigentlich, diesem Typen quer über den amerikanischen Kontinent nachzureisen. Wahrscheinlich nur um am Ende zu hören: »Es ist aus. Ich habe eine Neue! Du bist mir zu alt !«
    Nie wieder werde ich mich mit einem jüngeren Mann einlassen. So reizvoll das Gefühl auch sein mag, trotz Zellulite von einem Typ begehrt zu werden, der genauso gut eine zehn Jahre Jüngere haben könnte. Dieses ganze Geschwafel von Steve: »Alice, du hast mir gezeigt, wie wichtig es ist, nicht immer stark zu sein, auch mal auf seine weibliche Seite zu hören !«
    Und ich fand das auch noch süß. Nur Taktik, um mich ins Bett zu kriegen. Vielleicht sollte ich wirklich alles revidieren,  was ich bislang über Machos gesagt habe. Da kriegt man wenigstens etwas Reelles. Die sagen dir: »Mädel, ich steh auf deine Titten, wollen wir vögeln ?« , und meinen das auch so.
    Das heißt, bei mir würden sie eher sagen: »Mädel, deine Titten hängen. Also lass mal gut sein !«
    Das schmerzt, ist dann aber wenigstens auch ehrlich. Obwohl, wahrscheinlich würden sie auch zu mir sagen: »Geile Titten !« , und es in Wirklichkeit gar nicht meinen, nur um mich in die Kiste zu kriegen. Da sind mir am Ende doch die Softies lieber, denen es nicht so wichtig ist, wie meine Brüste aussehen, und die mit mir ins Bett gehen, weil sie mich als Mensch mögen. Oder wenigstens sagen, dass sie mich mögen, es aber eigentlich gar nicht tun und lediglich mit mir vögeln wollen.
    Mir wird ganz schwindelig, und mein Fazit ist: In Zukunft lasse ich die Finger von Männern. Die machen dir sowieso alle nur etwas vor. Für eine Sekunde fühle ich mich gut mit meinem Entschluss, dann kommen mir Zweifel. Was, wenn es wirklich mal einer ehrlich meint und ich ihm keine Chance gebe, weil alle Männer Arschlöcher sind? Vielleicht hat Steve alles, was er zu mir gesagt hat, auch genauso gemeint. Vielleicht war er wirklich der Meinung, dass meine hellgrünen Sneakers gut zu meiner roten Hose passen und dass es ihn nicht stört, als ich vergessen hatte, meine Beine zu rasieren, damals in den Antonius-Thermen. Ich weiß überhaupt nicht mehr, was ich fühlen soll. In einer Sekunde denke ich, dass Steve noch immer meine größte Liebe ist, und dann wünsche ich mir, wir hätten uns niemals getroffen. Aber möglicherweise will er morgen gar nicht mit mir Schluss machen. Irgendwas ist da passiert. Steve klang nicht wie sonst am Telefon. Es schien, als hätte er vor irgendetwas Angst.
    Wieder wird mir schwindelig. Ich fange an zu weinen und habe im Moment hier, zehntausend Meilen von zu Hause entfernt, das Gefühl, als würde ich den kompletten Halt im Leben verlieren. Ich atme flach, meine Hände werden feucht. Ich umklammere krampfhaft die chinesischen Ornamente an den Armlehnen der Parkbank.
    »Are you alright ?«
    Eine Frau, etwa in meinem Alter, steht vor mir und lächelt mich sanft an. Sie ist modisch gekleidet, doch ihre Designerbluse und der dunkelrote Wickelrock haben sicher schon Hunderte Male ihre Runden in Waschmaschine und Trockner gedreht.
    Die Frau setzt sich neben mich. Zaghaft legt sie einen Arm um mich. Allmählich werde ich ruhiger. Nachdem sie mir etwas kalten Orangensaft spendiert hat, geht es mir schon viel besser. Ein Schokoriegel hilft mir gegen Unterzuckerung. Mein rettender Engel stellt sich als Monica vor. Sie arbeitet in einer Boutique am Sunset Boulevard und hat Mittagspause. Ich bedanke mich bei ihr und will schon weitergehen, als sie mich am Ärmel festhält.
    »The world is unfair, right ?« , versucht sie meine Tränen zu deuten - Ich nicke, setze mich wieder hin und habe das Bedürfnis, dieser wildfremden Frau meine ganze Lebensgeschichte zu erzählen. Da mein Englisch dafür nicht ausreicht, beschränke ich mich auf die Punkte: Name, Geburtsort und Männer können einen echt zur Verzweiflung bringen. Monica

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