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Alice at Wonderland

Alice at Wonderland

Titel: Alice at Wonderland Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bunzel Gaw
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Ronald McDonalds Kopf herumturnt. Aus der Entfernung macht er einen ganz normalen Eindruck, und ich schäme mich ein wenig. Vielleicht habe ich dem kleinen Racker ja doch Unrecht getan, und es wird trotz seiner Eltern noch etwas aus ihm wer den. Und wahrscheinlich ist die Geschichte, dass Thor ben-Hendrik mal zwei Nachbarskinder für mehrere Stun den unter der laufenden Dusche festgebunden hat, auch nur eine von Markus' nervigen Übertreibungen.
    »Ich reiß dir die Därme raus und erwürge dich damit, du blödes Schwein!«, tönt es aus der Spielecke. Mög licherweise hat die Geschichte mit der Dusche ja doch einen wahren Kern. Mit siebzehn Tüten Happy-Meal kann ich die anderen Spielkinder halbwegs wieder beruhigen, doch einer der Väter verpasst mit seinem angebissenen Cheeseburger nur knapp unsere Heckscheibe, als wir da vonfahren.
    Wir parken vor Ninas Haus, und es kommt Thorben- Hendrik schon merkwürdig vor, dass der VW Touareg sei nes Vaters nicht vor der Garage parkt.
    »Vielleicht steht er in der Garage«, bemerke ich.
    »Blödsinn«, sagt Thorben, »da sehen ihn ja die Nachbarn nicht!«
    Weitere Spekulationen, wo sich Thorben-Hendriks El tern aufhalten könnten, werden durch einen Handy-An ruf überflüssig. Nina erklärt, sie sei noch unterwegs. Es würde etwas dauern, und sie bittet mich, vielleicht ein hal bes Stündchen länger auf ihren Spross aufzupassen. Dann höre ich noch so was wie »kein Netz«, und das war's. Ich muss wohl ziemlich niedergeschlagen aussehen, denn Thorben schaut mich an und zeigt zum ersten Mal so et was wie menschliche Regungen.
    »Genervt?«, fragt er und trifft damit ins Schwarze.
    »Ist schon okay ...«, beginne ich, »es ist nur ... heute ist mein freier Tag und ...«
    Weiter komme ich nicht, denn Thorben hat einen vor beigehenden Jungen in seinem Alter entdeckt und ihm die Zunge herausgestreckt. Es folgt eine für Kinder in dem Al ter offenbar völlig logische Reaktion. Der Kleine beginnt mein Auto zu bespucken. Thorben macht immer fiesere Grimassen, und der Spucker reagiert folgerichtig mit im mer dickeren und grüneren Speichelklumpen. Thorben-Hendrik fordert mich dazu auf, zu beweisen, dass ich ein richtiger Mann bin.
    »Steig aus und hau ihm auf die Fresse!«
    Ich aber entscheide mich dafür, Thorben zu zeigen,
    wie Frauen solche Probleme lösen. Ich trete aufs Gas und fahre los. Thorben ist maßlos enttäuscht. Aber er kennt ja noch nicht meinen kompletten Plan. Am Ende der Straße drehe ich, und als der kleine Spucker auf Höhe einer großen Schlammpfütze ist, rase ich los. Bingo. Eine gratis Fango-Packung ummantelt den Jungen, und Thorben- Hendrik quietscht vor Begeisterung. Als wir davonfah ren, sehe ich im Rückspiegel, wie er sich mein Kennzei chen aufschreibt. Dass ich später von seinen Eltern eine Rechnung für die Reinigung bekommen habe, habe ich Thorben-Hendrik selbstverständlich nie erzählt. In dem Moment bin ich jedenfalls in seiner Achtung erheblich ge stiegen und habe das seltsame Gefühl, kapiert zu haben, wie Kinder denken.
    Dieses Gefühl verlässt mich allerdings bereits wieder, als wir kurz darauf mit dem Wagen in der Waschanlage sind und Thorben beim zweiten Schaumgang das Seiten fenster öffnet. Dass er den Rest des Nachmittags in sei nem klitschnassen Gap-Pulli verbringen wird, hat er sich also selbst zuzuschreiben. Thorben verzieht sich auf den Rücksitz und schaut schuldbewusst zu Boden. Und all mählich kapiere ich, wie das mit der Erziehung funkti oniert. Er protestiert nicht einmal, als ich anordne, dass wir als Nächstes auf den Spielplatz gehen. Man muss ver suchen, hart und konsequent durchzugreifen. Sich nicht erweichen lassen, auch wenn's manchmal schwer fällt. Diesen Grundsatz werde ich mir für die Erziehung mei ner eigenen Kinder merken. Dass das kleine Arschloch die Polster der Rücksitzbank meines Wagen aufgeschlitzt hat, bemerke ich erst Wochen später. Leider hat er am Tatort keinerlei Spuren hinterlassen. Aber ich krieg ihn noch. Irgendwann geht er sicher auch mal neben einer großen Schlammpfütze spazieren.
    Auf dem Spielplatz habe ich dann wenigstens für ein paar Minuten Ruhe, als Thorben-Hendrik versucht, die große Tunnelrutsche herunterzurutschen. Gar nicht so leicht mit nassen Klamotten.
    Ziemlich geschafft fingere ich eine Zigarette aus meiner Handtasche und habe auch schon zwei »Väter« neben mir, die mir Feuer geben wollen. Beide allein erziehend, wie sich im Laufe der folgenden Unterhaltung heraus stellt.

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