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Alice at Wonderland

Alice at Wonderland

Titel: Alice at Wonderland Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bunzel Gaw
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wären, könnte ich ihm eine pfeffern. Und wäre damit auf dem Niveau unseres Trennungsge sprächs angelangt. Aber jetzt kann ich ihm das nicht mal vorwerfen, zumal ich vor nicht weniger als fünfzehn Sekunden selbst gelogen habe. Wir sitzen beide auf einem Stuhl, der immer heißer wird und von dem wir nicht herunterkönnen. Wie zwei Chamäleons versuchen wir im Augenwinkel auszumachen, ob sich unsere Verabredun gen nähern.
    »Ich ...«, sagen wir beide gleichzeitig.
    »Du zuerst«, sage ich.
    »Nein, du«, sagt er. .
    »Ich war zuerst hier.«
    Wir sitzen da wie damals, als uns beiden klar war, dass wir uns ineinander verliebt hatten und sich keiner traute, es als Erster auszusprechen. Jetzt haben wir uns gar nichts zu sagen, schlimmer noch, stehen uns gegenseitig im Weg und trauen uns nicht, es als Erster auszusprechen. Nicht in nächster Nähe und fernster Ferne finden Frauen und Männer die passenden Worte. Immer nur dazwischen, wenn's um so fundamentale Dinge geht wie das Fernsehprogramm oder das Abendessen.
    Aber was ist daran eigentlich so schwierig? >Du Dorian, tut mir echt Leid, dass wir uns unter Zuhilfenahme von Ohrfeigen getrennt haben. Aber ja, es stimmt. Ich bin hier mit jemandem verabredet. Und das ist so die Art Verabredung, wo das echt komisch rüberkommt, wenn da ein Typ an meinem Tisch sitzt. Ich wäre also gern allein.< Nun gib dir einen Ruck, Alice, und sag es!
    »Du Dorian«, sage ich, »wo hast du eigentlich diese Scheußliche Jacke her?«
    Das ist so schwierig daran. Man kann mit jedem, nur nicht mit seinem Exfreund über die Gefühle für einen Mann reden, den man selbst noch nie in seinem Leben ge sehen hat.
    »Die hast du mir geschenkt«, sagt er.
    Ich kann's kaum glauben. Beides nicht. Dass ich mal derart geschmacksverirrt war, ihm so eine Jacke zu schen ken, und dass Dorian das scheußliche Ding nach all den Jahren noch besitzt, es sogar noch trägt. Und dann auch noch beim ersten Treff mit einer Unbekannten. Aber wer weiß schon, was er in seiner Kontaktanzeige geschrieben hat.

    Trage immer noch die unmöglichen Klamotten von meiner bekloppten Ex. Wenn du nichts dagegen hast, melde dich.
    Ich wage mir kaum vorzustellen, wer auf so was an springt. Das kann bloß eine Hardcore-Sozialarbeiterin sein, und dafür ist das Cafe Viola ja genau der richtige Laden. Ich schweife ab. Alex steht praktisch schon in der Tür. Trotzdem sehe ich Dorian mit einer Mischung aus Rührung und Entsetzen an. Glaubt er wirklich, in dieser Aufmachung eine Frau beeindrucken zu können, selbst wenn deren soziales Engagement an das von Mutter Teresa heranreicht?
    Vergeblich versuche ich mich daran zu erinnern, was er trug, als wir uns kennen lernten. Wenn Frauen Män nern etwas zum Anziehen schenken, dann nur, um ihnen durch die Blume mitzuteilen, dass sie selbst einen furcht baren Geschmack haben und ihren alten Plunder gefälligst verbrennen sollen. Wenn ich Dorian also diese Jacke geschenkt habe, dann hat er mich mit noch was ganz ande rem beeindruckt, etwas, das meinen eigenen Geschmack
    in nicht allzu prallem Licht dastehen lässt. Gnadenhalber schweigt sich meine Erinnerung darüber aus. Ich war jung und brauchte eine Beziehung. Vielleicht haben wir mit fünfundzwanzig aber auch noch nicht so diktatorisch über das Äußere geurteilt. Vielleicht war uns wichtiger, was einer in der Birne trägt und nicht auf den Hüften. Und vielleicht ist ein Rest dieser Fähigkeit in mir noch lebendig. Und ich bringe deshalb Alex so viel Gefühl ent gegen. Weil er mich allein mit dem beeindruckt hat, was er mir mitgeteilt hat. Wenn er der ist, der er in seinen Mails zu sein scheint, kann er meinetwegen in einen Flokati gewickelt hereinschneien. Nur nicht wie Mister Opel Ascona. Es gibt gewisse Grenzen.
    »So scheußlich ist sie auch wieder nicht«, sage ich mild.
    »Ist sie tatsächlich nicht«, sagt Dorian mit einer plötz lichen Selbstsicherheit, als habe er meine Gedanken gele sen. »Und weißt du, was das Witzige ist?«, fährt er fort, »das ist die Frauen-Aufreißer-Jacke. Komm ich mit den schicksten
    Klamotten —.niente. Wenn ich aber diese Jacke anziehe, läuft das komischerweise wie geschmiert.«
    Ich will ihn gerade fragen, ob er das schon ausprobiert hat, als wir noch zusammen waren, da schwirrt eine knapp fünfundzwanzig Jahre alte Blondine in Punk-Royal-Design ins Cafe. Dorian springt auf und präsentiert seine Rose, und zwar ohne jede Scheu. Dass er zunächst so ver klemmt reagiert hat, ist wohl dem Schock des

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