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Alice at Wonderland

Alice at Wonderland

Titel: Alice at Wonderland Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bunzel Gaw
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Date, Blindirgendwas. So etwas hätte ich nie auch nur ansatzweise in Erwägung gezogen. Zugegeben, manchmal schaue ich in die Kleinanzeigen des Stadtmagazins oder auf Kontaktbörsen im Internet. Reine Neugier. Man muss ja wissen, was so los ist. Eine Art Milieustudie, ob sich da wertmäßig was tut. Tut es nicht. Frauen suchen immer noch Männer mit Humor, wobei ich mich immer frage, ob diese Frauen auf die ganze Bandbreite von Rudi Carell bis Hugh Grant eingestellt sind. Bei der Körpergröße sind sie immer deutlicher. Groß definiert sich zwischen 1,70 und 1,90 und eben nicht von Zwerg bis Leuchtturm. Bei der Humorlage sind sie aber völlig wahllos. Bei den netten Umschreibungen hat sich auch nicht viel verändert. »Rubensfigur« meint immer noch einen
    Weinfassähnlichen Körperumfang, »sportlich« bedeutet nichts weiter als spa zieren gehen. Sucht eine Frau einen »großzügigen« Mann, hat sie einfach keinen Bock zu arbeiten.
    Auf der anderen Seite bieten sich Männer fast immer als humorvoll an, was dieselbe Frage nach der Art ebenjenes Humors aufwirft. Suchen sie eine »intelligente« Frau, bedeutet das in der Regel eine Frau, die intelligent genug ist, nicht zu widersprechen, wenn er was »Kluges« sagt. Und »kreativ« nimmt auch gern mal ein Steuerberater für sich in Anspruch. Wirklich schlimm wird es aber, wenn die Leute anfangen zu dichten, die Sterne vom Himmel holen oder Pferde stehlen wollen oder, der absolute Kil ler, versuchen, in ihren Anzeigen witzig zu sein. Wer eine Froschkönigin sucht oder eine Prinzessin, um sich aus dem Dornröschenschlaf küssen zu lassen und der bösen Großmutter den Schafspelz über die Ohren zu ziehen, da mit man anschließend mit gestohlenen Pferden die Stern schnuppen zählen kann, hat erstens überhaupt keinen
    Humor und zweitens nicht alle Latten am Zaun. Da macht auch alles, was »zu zweit mehr Spaß macht« definitiv keinen Spaß mehr.
    In den Internet-Börsen hat man es etwas einfacher, denn wer liest schon den Text. Obwohl es da auch überwiegend »humorvoll« zugeht. Man huscht einfach über die Bilder und wirft acht von zehn Angeboten gleich in den Mülleimer. Wer hat schon Lust, sich mit Leuten zu treffen, die vor orangebraunen Tapeten lümmeln oder mit Passfotos hausieren gehen, mit denen sie bestenfalls bei einer terroristischen Vereinigung Erfolg haben könnten. Der Rest räkelt sich leidlich attraktiv und dünn bekleidet auf, über oder neben potenziellen Beischlafmöbeln. Bei denen kann man sicher sein, dass man auf den Schlag 200 Euro los wird und das »zwanglose Treffen« nicht länger als eine halbe Stunde dauert. Ein Sechser im Lotto ist wahrschein licher, als auf diese Weise jemanden kennen zu lernen, mit dem man mehr gemeinsam hat als das verabredete Zeichen beim ersten Treffen.
    Ich schlürfe meinen Milchkaffee und schaue auf die Uhr. Noch eine Dreiviertelstunde. Die Zeit fließt zäh dahin, wie immer, wenn man wartet. Ich überlege, ob ich mit Alex nicht doch ein eindeutigeres Zeichen hätte vereinbaren sollen, damit er mich erkennt. Was nimmt man da? Eine Zeitung? Damit er mich mit allen anderen Zeitungslesern verwechseln kann und sich erst umständlich durchfragen muss? Schwarzen Lippenstift? Turmfrisur? Clownsnase? Oder noch auffälliger: die rote Rose. Tagessieger im Dep pen-Wettbewerb, internationales Kennzeichen der Lonely-hearts-Versager. Guck mal, die da. Keinen abgekriegt und jetzt diese Nummer. Sitzt da mit debilem Dauergrin sen und schwenkt jedes Mal, wenn ein Typ reinkommt, die rote Rose. Gibt es was Peinlicheres, als für das gehal ten zu werden, was man ist? So ganz stimmt das bei mir ja nicht. Immerhin kenne ich Alex schon ein bisschen. Mehr
    jedenfalls als manche, mit denen ich häufiger zu tun hatte. Aber allein die Vorstellung, dass alle wissen, man wartet auf jemanden, den man nicht kennt. Und dann kommt da womöglich das Phantom der Oper an deinen Tisch. Guck mal, die da.
    Das hat man davon, wenn man sich auf diesen Blind date-Mist einlässt. Unwillkürlich beobachte ich die ande ren, ob die mich beobachten. Niemand beobachtet mich. Ich muss feststellen, dass ich die einzige Single-Lady mit pinkem Shirt bin. Ohne Rose. Es ist alles in Ordnung. Trotzdem, die Warterei zerrt ein wenig an meinen Nerven und ich bestelle mir noch einen Kaffee. Noch eine halbe Stunde. Ich sollte aufhören, Paranoia zu züchten. Wenn Alex zu den Überpünktlichen zählt, kann er jeden Mo ment auftauchen. Dann hat er es hier mit einem Wrack zu tun,

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