Alice Baker: Mein Leben in der Aryan Brotherhood
hörte sich meine Geschichte wortlos an und riet mir dann, die Sache nicht auf dem Hof durchzuziehen. Dort hätte mich jeder im Blick und es wäre unvermeidlich, eine Strafe auf mich zu ziehen. Wenn ich es jedoch im Zellenblock machen würde, könnte ich davon kommen. Sein letzter Rat an mich war „Cowboy, schneid ihm die Kehle durch, damit er dich nicht bei den Cops verraten kann.“
Ich machte mich auf dem schnellsten Weg zurück in meine Zelle und arbeitet daran, meine Waffe zurück ans Tageslicht zu bringen. Dazu musste ich mich flach auf den Boden legen und es kostete mich einiges an Geschick, mich nicht selbst daran zu verletzen. Durch John wusste ich, wo Chipss Zelle war und machte mich auf die Suche nach ihm. Ich kann mit Worten nicht wiedergeben, wie ich mich gefühlt habe. Angst, Zweifel und Wut haben sich in mir zu einem Tornado vereint, der mich unkontrollierbar steuerte. Ich musste hart mit mir selber kämpfen, um eine feste Linie in meinen Handlungen durchzuziehen. Ständig änderte ich meinen Plan. Ich wollte ihm schließlich doch nicht im Zellenblock begegnen, denn dort wäre er sicher nicht alleine, auch wollte ich so wenig Zeugen wie möglich. Schließlich machte ich mich auf zur Kantine. Von der Tür aus beobachtete ich den Saal und die anderen Gefangenen. Chips und die Pirus saßen an ihrem gewohnten Platz, Chips den Rücken zu mir. Einen schlechteren Ort hätte ich mir nicht aussuchen können, doch das war jetzt keine bewusste Entscheidung mehr, sondern der Wille meines Instinktes. Obwohl es hier Zeugen, Wachen und andere Pirus gab, und obwohl ich mich ihm nicht ohne aufzufallen nähern konnte, zog ich das Messer aus meiner Hose und verbarg es in meinem Jackenärmel. Ich handelte wie ferngesteuert. Mein erster Gang war zur Küche, um mir mein Frühstück zu holen und so wenig Aufmerksamkeit wie möglich aufmich zu ziehen. Danach hielt ich das Messer unter meinem Metalltabeltt versteckt und näherte mich unauffällig dem Tisch der Pirus. Es war alles eine Frage des Timings. War ich zu langsam, würden ihn seine Gefolgsleute warnen, war ich zu schnell, würden mich die Wachen aufhalten. Was soll ich Ihnen jetzt erzählen? Ich war kein Profikiller und so ging es schief. Ich griff aus einer viel zu weiten Distanz an und Chips, der mit dem Rücken zu mir saß, hatte das Glück, dass ich ihn nicht mit dem Messer erwischte. Seine Freunde sprangen auf, Chips drehte sich zu mir und ich hatte die nächste Gelegenheit, das Messer in sein schwarzes Fleisch zu stoßen. Aber dann brach die Hölle über mir los. Die Pirus schlugen mit allem möglichen nach mir. Tassen, Tabletts und Fäuste prasselten auf meine Körper nieder, während ich völlig auf mein Ziel fokusiert war. Durch den Tumult zu Fall gebracht, zog ich meinen Gegner mit mir zu Boden. Die Distanz war zu gering für einen harten Stoß mit dem Messer und Chips hatte mich jetzt fest umschlungen, um meine Handlungsfreiheit zu blockieren. Mein Messer befand sich jetzt zwischen uns eingeklemmt und war so völlig nutzlos. Das Glück war nicht auf meiner Seite. Doch dann geschah etwas, was mir neue, unendliche Kraft zu geben schien. Der hässliche Nigger biss mir ein Stück Fleisch aus meiner linken Schulter. Verstehen Sie? Er hatte mich wie ein tollwütiger Pavian gebissen. Schreiend vor Schmerz riss ich mich los und dann war es so weit. Vor meinen Augen spielte sich alles in Zeitlupe ab. Ich nahm das Messer in beide Hände und ließ mich mit meinem ganzen Gewicht auf ihn fallen. Das war es, mehr hatte ich nicht getan. Das nächste, an was ich mich erinnern kann, war die Finsternis der Einzelhaft.
Am darauf folgenden Tag erhielt ich eine Nachricht von John. Chips hatte meinen Angriff schwer verletztüberlebt. Die Ärzte in San Quentin sind auf Stichwunden spezialisiert und flicken dich auch wieder zusammen, wenn andere Ärzte es nicht mehr schaffen würden. Ich habe einmal von einem Stich ins Herz gehört, den diese Teufel wieder verarztet und zum laufen brachten. Keine Ahnung an wen sie ihre Seele verkauft hatten, aber derjenige hatte Wort gehalten – die Ärzte von Quentin waren wirkliche Halbgötter in Weiß.
Schlecht für mich, denn nach meiner Zeit im Loch würde ich mich weiter mit Chips rumärgern müssen. Doch das sollte nicht passieren. John hatte seinen Einfluss für mich geltend gemacht und irgendwie rührten die Pirus mich nicht mehr an. Mein Status in Quentin hatte sich in kurzer Zeit vervielfacht. Ich spürte Macht und ich hörte, wie
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