Alice Baker: Mein Leben in der Aryan Brotherhood
Regeln breche und nach meinen eigenen Gesetzen lebe. Schütte Wasser und Müsli in das Waschbecken deiner Zelle und lasse es ein paar Tage gären. Die Brühe wird stark genug, dich besoffen zu machen.
Nimm ein Brillenetui und entferne den dünnen Draht. Mit ihm kannst du die Gitterstäbe zersägen.
Wickle einen Plastikteller um deine Zahnbürste und schmelze das Ganze mit Streichhölzern zusammen. Nach stundenlangem Reiben gegen den Betonboden wird darauseine scharfe Klinge.
Das alles passiert hier jeden Tag und immer, wenn die Wachen denken, dass sie es gestoppt hätten, fällt Typen wie mir etwas Neues ein. Nimm ein Sägeblatt und stecke es tief in deine Nase. Du hast eine tödliche Waffe bei dir, die niemand findet.
Die zweite Lektion ist, dich von dem Hass zu ernähren, den sie dir Tag für Tag servieren. Alles was sie dir antun und das dich nicht tötet, sollte dich stärker machen. Je stärker sie dich brechen wollen, desto mehr willst du es ihnen zeigen. Purer, gradliniger Hass kann dich über Jahre hinweg am Leben halten. Er weckt deine Rachsucht und stärkt so deinen Überlebenswillen. Das ist genau der Grund, warum wir auf die Wachen und Schließer herabblicken. Es stärkt dein Ego. Jeder Tag ist eine Herausforderung, ein Zweikampf. An jedem Tag, den du im Knast überlebst, ohne dich dem System zu beugen, hast du einen kleinen, stillen Sieg errungen.
Auf der fünften Etage im Zellenblock B lernte ich alle Brüder kennen. John Greschner, Dallas Scott, Ronny Bruscino, Steve Hicklin, Dave Sahakian und Michael McElhiney waren diejenigen, die hier das Sagen hatten, die alte Garde der Aryan Brotherhood.
Michael war ohne Frage der tonangebende Mann auf der fünften Etage.
„Willst du ein bisschen Geld machen?“ fragte er mich.
„Klar man“ war meine Antwort.
Greschner und McElhiney überließen mir die vierte Etage, und von da an war ich niemals wieder ohne Drogen oder Geld. Das Geld hatte ich freilich nicht bei mir, sondern es befand sich auf Sheilas Konto; die Drogen allerdings hatte ich bei mir. Das übliche Zahlungsmittel für kleinere Dinge in Leavenworth waren Briefmarken.
Das Geheimnis ist, sich Schmuggler zu suchen, die dir das Zeug von draußen in den Knast bringen. Andere Häftlinge eignen sich dazu bis zu einem gewissen Maß, am besten sind aber korrupte Bullen; Typen, die hart sein wollen und deshalb zu den Cops gehen. Du lockst sie mit dem ganz großen Geld und ehe sie es sich versehen, sind sie in deinem Netz eingesponnen. Sie können weder vor noch zurück, du kontrollierst sie. Meistens beginne ich diesen Tanz ganz harmlos. Ich spreche über Sport oder Frauen oder irgendeinen anderen Scheiß. Immerhin sind wir alle nur Menschen, verstehst du? Wenn er cool ist, dann frage ich ih nach anderen Dingen. Ob ich mal von seinem Burger beißen kann oder ob ich einen Schluck von seinem Shake bekomme. Im nächsten Schritt bringe ich ihn dazu, mir ab und zu einen Hamburger oder so etwas mitzubringen.
Dann erzähle ich ihm beispielsweise, dass ich unbedingt einen Weltempfänger brauche, weil ich Deutsch lernen will und dazu einen deutschen Sender empfangen möchte. Die kleinen Radios, die ich von der Gefängnisleitung bekomme, spielen aber nur diese Country Musik. Spätestens dann wird er sich weigern.
„Nein, das kann ich nicht machen. Ich riskiere meinen Job“ wird seine Antwort sein.
„Hey Bruder, kümmere dich um den weißen Mann hinter Gittern“ erwidere ich dann. Der Tanz geht weiter mit „Es ist nur ein kleines Radio. Lies meine Akten, ich bin sauber und mache keinen Scheiß“.
Dann warte ich eine Sekunde ab und sage „Ich geb dir 500 Dollar dafür“.
„Du gibst mir 500 Dollar, nur damit ich dir ein Radio mitbringe?“ Und dann habe ich ihn. Wie jeder andere auch, braucht dieser Wärter ein bisschen Taschengeld für den Strip Club und das Feierabendbier.
Wenn er also zusagt, dann rufe ich Sheila an und sageihr, dass sie einen Weltempfänger nach Kansas bringen soll. In dem Radio soll sie so viel Heroin wie möglich verstecken und die 500 Dollar mitbringen. Der Bulle wird es dann mitbringen. Schließlich bin ich dann der stolze Besitzer von etwa 30 Gramm Heroin. Danach suche ich mir fünf Weiße, die nichts lieber tun, als für die Bruderschaft zu arbeiten. Jeder bekommt ein Gramm für seine Arbeit und verkauft fünf Gramm für mich. Ein Gramm lässt sich im Knast für etwa 800 Dollar verkaufen. Das sind etwa 20.000 Dollar, die ich an der Lieferung gemacht habe. Die Hälfte
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