Alice Browns Gespuer fuer die Liebe
Alice’ Mund wie ein Flüstern. Konnte sie tatsächlich John meinen? War das … war das Johns Tochter? Vom Alter her könnte es passen, und so hübsch, wie sie war, könnte es durchaus möglich sein. »Emily?«, fragte sie.
»Genau die!«, antwortete Emily grinsend. Sie rutschte auf dem Stuhl nach vorne, und ihre Stimme wurde sanfter. »Hören Sie, Alice, es tut mir leid, Sie hier bei der Arbeit zu überfallen, aber ich musste einfach etwas unternehmen. Mein Dad würde vollkommen ausflippen, wenn er wüsste, dass ich hier bin, aber hey, ich bin dreiundzwanzig; Hausarrest bekomme ich dafür wohl nicht mehr! Und wenn einer weiß, dass man der Liebe manchmal ein bisschen auf die Sprünge helfen muss, dann wohl Sie. Die Sache ist die, ich habe meinen Dad sehr gern, und ich möchte, dass er glücklich ist. Er glaubt, Sie sind die Frau, mit der er das werden könnte. Und es ist einfach zu frustrierend, sich zurückzulehnen und ihm dabei zuzusehen, wie er aus Dusseligkeit den Karren vor die Wand fährt. Er kann nichts dafür; er ist ein bisschen … aus der Übung.«
»Aus der Übung?«
Alice konnte sich ein mattes Lächeln nicht verkneifen.
»Das stimmt wohl nicht ganz.«
»Na ja … hören Sie, das mit den anderen Frauen … Er hat mir von neulich Abend erzählt, und was er Ihnen gesagt hat …«
Errötend senkte Alice den Blick und schaute angestrengt in ihren Schoß.
»… hörte sich nach einem echten Totalausfall an«, erklärte Emily unverblümt. »Aber eigentlich ist das, was er Ihnen nicht erzählt hat, viel wichtiger. Ich kann es gut nachvollziehen, dass Sie lieber die Beine in die Hand genommen und zugesehen haben, dass Sie da wegkommen. Himmel, das hätte ich sicher auch getan! Ich hätte mir alles Mögliche ausgemalt, und darunter einige wirklich widerliche Sachen. Aber glauben Sie mir: Sie haben eine ganz falsche Vorstellung von meinem Dad.«
»Aber er ist …«, setzte Alice an und unterbrach sich dann rasch. Was sollte sie sagen? Vor seiner Tochter wollte sie bestimmt keine taktlosen Bemerkungen über seinen Beruf machen.
»… bei einem Escort-Service beschäftigt, ja, ich weiß«, nahm Emily ihr die Entscheidung ab. »Und ich weiß, dass Sie vermutlich annehmen, ›Begleitservice‹ sei eine nette, unverfängliche Umschreibung für ›Callboy‹.«
Wieder wurde Alice rot. Es war, als könne Emily in ihren Kopf schauen und ihre Gedanken lesen. John hatte Recht, sie war nicht auf den Kopf gefallen. Ein wirklich kluges Kind.
»Tja, ich nehme an, er hat sich nicht unbedingt klar ausgedrückt«, fuhr Emily fort. »Glauben Sie mir, wäre mein Dad ein Callboy, er wäre innerhalb von einer Woche arbeitslos. Sexuelle Enthaltsamkeit ist in diesem Beruf eher von Nachteil.«
»Enthaltsamkeit?« Einen Moment vergaß Alice alle Peinlichkeit und starrte Emily nur verdattert an.
»Hören Sie, ich weiß, ich bin eine Wildfremde, die hier einfach reinplatzt, aber würden Sie mir einen großen Gefallen tun?« Emily schaute sie sehr ernst an. »Wenn er versucht, Ihnen alles zu erklären, würden Sie ihm dann zuhören? Bitte? Und wenn Sie dann immer noch die Beine in die Hand nehmen wollen, ist das Ihr gutes Recht. Aber – weibliche Solidarität und so – ich würde Sie nicht darum bitten, ihm eine zweite Chance zu geben, wenn ich nicht wüsste, dass er einer von den Guten ist. Da draußen laufen genug Mistkerle rum, aber ich verspreche Ihnen, mein Dad ist keiner.«
Alice kämpfte mit sich. Normalerweise war sie darauf gepolt, andere glücklich zu machen, und eigentlich sagte sie lieber »Ja« als »Nein«. Und der Himmel wusste, wie gerne sie Emily jetzt Ja sagen würde. Aber sie bremste sich und dachte an ihren Entschluss vom Wochenende. Sie musste endlich damit Schluss machen, auf ihr dummes Herz zu hören; das brachte sie nur in Schwierigkeiten. Sie durfte nicht wieder den Kopf ausschalten.
»Ich würde Ihnen gerne glauben, wirklich«, sagte sie befangen. »Aber er ist Ihr Vater; natürlich haben Sie nur Gutes über ihn zu sagen. Dennoch muss ich auf mich aufpassen. Ich will mich nicht wieder zum Narren halten lassen.«
»Hören Sie, Alice« – Emily schaute sie freundlich an –, »ich weiß, dass Sie nicht verletzt werden möchten … noch mehr verletzt werden möchten«, korrigierte sie sich. »Aber ich frage Sie eins: Tief drinnen – im Grunde Ihres Herzens – wissen Sie, dass mein Dad niemanden zum Narren halten würde, nicht wahr? Und Sie am allerwenigsten.«
Alice wand sich
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