Alice Browns Gespuer fuer die Liebe
habe ich mich um Emily gekümmert und abends allein auf dem Sofa gesessen. Ich hatte das Gefühl, es nicht verdient zu haben, wieder rauszugehen und glücklich zu sein.«
»Na ja, die Sache mit der Affäre war nicht okay, aber du bist nicht schuld an Eves Tod. Schließlich hast du sie nicht überfahren«, argumentierte Alice.
»Das versuche ich ihm nun schon seit fünfzehn Jahren zu verklickern«, brummte Geraldine.
»Inzwischen ist mir das auch klar geworden.« John lächelte matt. »Aber es hat eine Weile gedauert. Ich habe immer gedacht: ›Was, wenn?‹ Was, wenn ich ein besserer Ehemann gewesen wäre, ein besserer Mensch?«
»Nach einigen Jahren dann sah ich mich gezwungen, etwas zu unternehmen!«, sagte Geraldine. »Ich hatte gerade meine Agentur gegründet und suchte händeringend neue Mitarbeiter für meine Kartei. John war der mit Abstand bestaussehende Mann, den ich kannte, und allein zu Hause auf dem Sofa nützte er niemandem etwas. Mir war klar, dass er längst noch nicht so weit war, Frauen kennenzulernen oder eine neue Beziehung einzugehen. Aber mir war auch bewusst, wie einsam er sich fühlen musste. Genauso allein wie meine Klientinnen.«
»Also überredete sie mich, bei ihr einzusteigen«, erzählte John weiter. »Sie erklärte mir, ich würde einsamen Frauen helfen, ihre Selbstzweifel zu überwinden und sich in ihrer eigenen Haut wieder wohlzufühlen.«
»Ich sagte ihm, das sei eine Art der Wiedergutmachung«, fiel Geraldine ihm ins Wort, »und dass Eve sicher nicht gewollt hätte, dass er sich so vollkommen zurückzog. Und ich habe ihm versprochen, während seiner Arbeitszeit auf Emily aufzupassen.«
»Ach!«, rief Alice.
»Seit Eve hat er keine richtige Beziehung mehr gehabt, wissen Sie«, gestand Geraldine ihr.
»Ach, aber ich habe doch meine Klientinnen«, warf John mit einem traurigen Lächeln ein.
»Emily nennt sie immer seine Ersatzfreundinnen«, meinte Geraldine lachend. »Sie meint, er sei verkorkst, und zwar mit großem ›V‹.«
»Emily weiß also Bescheid«, sagte Alice und musste an das Gespräch in ihrem Büro denken.
»Sie weiß alles«, antwortete John. »Es ist mir immer noch ein Rätsel, dass sie mir die Affäre damals verziehen hat. Sie weiß seit Jahren von meinem Job beim Escort-Service.«
Er sah Alice an und lächelte.
»Ich habe Fehler gemacht«, erklärte er. »Große Fehler, die ich wirklich bereue. Aber der Job als Miet-Mann gehört nicht dazu. Dafür brauche ich mich nicht zu schämen.«
»Verstehe«, sagte Alice. Und das tat sie wirklich.
John drückte ihre Hand. »Alice, du bist die erste Frau, die bei mir wieder den Wunsch nach einer Beziehung geweckt hat. Die mir das Gefühl gegeben hat, es womöglich doch verdient zu haben.«
Ihre Blicke trafen sich, und Alice verschlug es den Atem.
»Ich bin nicht derselbe Mensch, der ich damals war«, versicherte er leise. »Ich wollte den Frauen helfen, nicht mit ihnen schlafen. In den Jahren habe ich meine Lektion gelernt und meine Strafe verbüßt.«
Hoffnungsvoll lächelte er sie an. »Glaubst du mir?«, fragte er. »Bekomme ich noch eine Chance?«
»Ja!«, rief sie glücklich. »Ja, ja!«, und dann fiel sie ihm um den Hals und schlang die Arme um ihn.
»Tja, dann Glückwunsch euch beiden!«, sagte Geraldine grinsend. »Da haben Sie wirklich einen von den Guten erwischt, Alice.«
»Ich weiß!«, entgegnete Alice strahlend.
»Und du!«, nahm Geraldine John mit gespielter Empörung ins Gebet. »Du siehst jetzt besser zu, dass du rauskommst und Lady Denham das schönste Dinner-Date ihres Lebens bescherst! Keine halben Sachen, bloß weil du schon mit einem Fuß zur Tür raus bist!«
» Lady Denham?«, wiederholte Alice ungläubig.
»Nur vom Feinsten für meinen John!«, entgegnete Geraldine. »Den beliebtesten Mann in meiner Kartei bekommen nur ausgewählte Klientinnen. Die Ärmsten scheinen allesamt der Illusion erlegen zu sein, der Kerl habe Klasse.«
Kurz darauf standen John und Alice wieder am Fuß der Treppe, vor ihnen die schwarze Haustür.
»Du willst deinen Job wirklich an den Nagel hängen?«, fragte Alice. »Meinetwegen?«
»Das hätte ich schon vor einer Ewigkeit machen sollen!«, erklärte John grinsend. Er fühlte sich plötzlich trunken vor Glück. »Von jetzt an gibt es nur noch eine Frau für mich!«, erklärte er. »John Marlowe geht in Rente! Lang lebe John Smith!«
»John Smith ?«
»Das ist mein richtiger Name! Du hast doch nicht etwa gedacht, ich würde unter meinem eigenen Namen
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