Alice Browns Gespuer fuer die Liebe
ihrer Angestellten. Ihr fehlten die Worte. Schnell ging sie zurück in ihr Büro und ließ sich auf ihren Schreibtischstuhl fallen.
Nun, Alice würde ihr Erscheinungsbild und ihr Auftreten ganz schön aufpolieren müssen, wenn sie zum alljährlichen Herbstball des Berufsverbands der Partnervermittler mitkommen wollte, dachte Audrey beunruhigt. Dann kramte sie in ihrer Handtasche nach dem Scheckheft. Zum Teufel mit der Post; Alice konnte den Scheck auch gleich persönlich zu Love Birds bringen. Wobei, wenn sie so darüber nachdachte … Vielleicht blieben Alice und ihre Schuhe doch besser im Büro, wo sie niemand sah; das Letzte, was sie wollte, war, Sheryl weitere Munition zu liefern. Wie albern, diese ganze Aufregung, nur weil Sheryl dieses Jahr den Ball organisierte und ihr die Verantwortung ganz offensichtlich zu Kopf gestiegen war. Audrey pochte ebenfalls der Schädel. Sie griff sich an die Stirn und zuckte zusammen.
Ja, es war zweifellos mal wieder einer dieser Tage.
Kate
V erzweifelt wehrte Kate sich gegen den beinahe unwiderstehlichen Drang, ihr Notfall-KitKat aufzureißen.
Sie war kein Freund der weitverbreiteten Ansicht, Regeln seien dazu da, um gebrochen zu werden (es sei denn, es ging um Diäten; da konnte sie für nichts garantieren), aber während sie über ihrem persönlichen Fragebogen brütete, fragte sie sich langsam, ob schonungslose Offenheit wirklich immer und überall angebracht war.
Was Prüfungen anging, war Kate Expertin. Sie hatte eine schlichte Erfolgsformel: hart arbeiten, gewissenhaft pauken und am Ende Bestnoten abstauben. Aber das hier war etwas ganz anderes. Es gab keine Lernhilfen für das Ausfüllen von Partneragenturbögen, und jede Antwort eröffnete tausend neue Fragen. Selbst ein simples »Welche Musik hören Sie am liebsten?« entpuppte sich als reinstes Minenfeld. Sollte sie eine Hitliste mit Balladen und schnulzigen Chartstürmern zusammenstellen oder doch lieber etwas Exklusiveres rauskramen – einen obskuren Mercury Prize-Nominierten vielleicht? Was machte den besseren Eindruck? Hieß »Spaßsongs« unweigerlich »Partyluder«, und war »künstlerisch anspruchsvoll« gleich »langweilig«? Was erwarteten die Männer von ihr? Welche Musik sollte sie hören? Das war kein Fragebogen; das war eine tödliche Runde russisches Dating-Roulette.
Entmutigt griff sie zum Telefon.
»Bin ich spontan?«, wollte sie wissen, kaum dass Lou abgehoben hatte.
»Wenn’s in deinen Terminplan passt, dann schon«, gab sie zurück. Es war halb neun, und in der Bar schien es hoch herzugehen.
»Ich kann durchaus impulsiv sein! Weißt du noch, als wir uns in dem Pub neben dem Bahnhof betrunken und am Ende in Edinburgh einen draufgemacht haben?«
»Das ist zehn Jahre her. Mehr habe ich dazu nicht zu sagen. Macht sechs zwanzig, Schnucki.«
»Und mein Lieblingsbuch …? Was, findest du, klingt besser? Soll ich sagen Wolf Hall oder lieber The Blair Years ?«
»Füllst du zufälligerweise gerade einen Fragebogen für diese Dating-Agentur aus? Schreib Kamasutra , verdammt noch mal. Da sagt keiner Nein. Willst du ihn auf Eis, Schätzchen, oder so, wie Mutter Natur ihn gewollt hat?«
»Das ist so schwer! Ich meine, was erwarten die Männer? Was soll man da hinschreiben?«
»Das Tuningmagazin? Keine Ahnung, Kate. Du hast dich bei dieser Agentur angemeldet, nicht ich. Jetzt kannst du die Suppe auch allein auslöffeln, die du dir eingebrockt hast.«
Kate legte auf und runzelte die Stirn. Einer der Gründe, sich bei Table For Two anzumelden, war gewesen, dass sie hoffte, so um diese Fragenkataloge einen großen Bogen machen zu können. Sie hasste diese Dinger. Man musste sich festlegen, und man war fast gezwungen zu lügen. Lou hatte sie das nie erzählt, aber sie hatte es tatsächlich schon mal mit Online-Dating versucht – war aber nie weiter gekommen als bis zu den Profil-Fragebögen. Immer diese eingeschränkte Antwortauswahl. Und das war noch nicht einmal das Schlimmste. Nein, das war vielmehr die Frage, wo diese Fragebögen landeten, wenn man sie fertig ausgefüllt hatte. Sie wollte schließlich nicht, dass ihr Profil in irgendeinem Cyber-Katalog der Unbegehrten und Ungewollten hochgeladen wurde. Wo jeder sich einloggen und über sie urteilen konnte: Klienten, Exfreunde, alte Schulfreunde … Julian. Das war einfach zu demütigend. Und dann die Fragebögen selbst. Es war ja schon schlimm genug, über Einkommen und politische Ansichten ausgefragt zu werden … aber auch über das
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