Alice Browns Gespuer fuer die Liebe
For Two hatte endlich zu Love Birds aufgeschlossen, seinem schärfsten Konkurrenten, geführt von der schrecklichen Sheryl Toogood. Der Ball war die Gelegenheit für Audrey, Sheryl unter die Nase zu reiben, dass Table For Two einen dreiundzwanzigprozentigen Anstieg bei der Klientenzahl zu verzeichnen hatte. Sie war sich sicher, da würde Sheryl nicht einmal ansatzweise mithalten können, ganz gleich, wie sehr sie auch bluffte.
Und dann natürlich John. Sie konnte es kaum erwarten, ihn endlich wieder an ihrer Seite zu wissen, aufmerksam und souverän wie immer. Heute musste sie unbedingt Geraldine anrufen und nachfragen, ob der Termin wirklich fix in seinem Kalender stand. Unfassbar, dass ihr das jetzt erst einfiel. Gleich heute Abend würde sie sich darum kümmern.
An der Tür entstand ein kleiner Tumult, weil die übrigen Mitarbeiter von Table For Two nun alle gleichzeitig ankamen: Bianca und Cassandra vorneweg, gefolgt von Hilary, der Webseitenkoordinatorin, die sich schnaufend hinter ihnen durch die Tür schob. Audrey runzelte die Stirn. Hilary war mal wieder schwanger und wurde jeden Tag runder und runder. Und bald würde sie wieder in den Mutterschaftsurlaub verschwinden, was Audrey gleich zweifache Unannehmlichkeiten bereitete: Erstens machte Hilary auf Audreys Kosten eine bezahlte Babypause, und dann musste Audrey sich während ihrer Abwesenheit auch noch um den Online-Dating-Service von Table For Two kümmern. Sie wusste gar nicht, worüber sie sich mehr ärgerte.
Während das übliche morgendliche Geschnatter durchs Büro hallte, sah sie Alice wieder verträumt in die Ferne schauen. Audrey kam die Galle hoch. Wurde langsam Zeit, dass das Mädel sich zusammenriss. In der Welt einer Audrey Cracknell, sagte sie sich, war kein Platz für arbeitsscheues Gesindel. Und erst recht nicht für arbeitsscheues Gesindel, das wie eine alte Jungfer daherkam.
Lou
I ch tu’s«, erklärte Kate trotzig am anderen Ende der Leitung. »Und du solltest es auch.«
»Was zum …?« Blind tastete Lou nach der Uhr auf dem Nachttisch. »Himmel, Kate, hast du eine Ahnung, wie spät es ist? Ich hoffe sehr, das ist ein Notfall. Wenn nicht gerade deine Mutter gestorben ist, dann gnade dir Gott.«
»Es ist fünf vor neun«, erklärte Kate nüchtern. Gedämpft hörte Lou das geschäftige Hintergrundgeräusch des Büros durch die Leitung. Kate war Frühaufsteherin und sicher schon seit Stunden bei der Arbeit. Lou dagegen konnte man nicht unbedingt als Morgenmenschen bezeichnen. Das war einer der Gründe, weshalb sie in einer Bar arbeitete. Da brauchte sie nicht vor elf anzufangen.
»Hast du gehört, was ich gesagt habe? Ich tu’s.«
Lou rieb sich die Augen und ließ sich schwer in die Kissen fallen.
»Was willst du tun, du verrückte ruhestörende Nudel?«, fragte sie gähnend. Dann streckte sie die Hand unter der Bettdecke zur anderen Seite aus. Sie war leer. Der Gedanke an den vergangenen Abend ließ sie zusammenzucken.
»Mich bei Table For Two anmelden und über die Partnervermittlung den Mann meiner Träume kennenlernen.«
Lou machte ein seltsames Geräusch irgendwo zwischen Lachen, Gähnen und Schnauben.
»Das soll ein Witz sein, oder?«
»Nein, ich meine das ganz ernst. Und zwar habe ich mich für den umfassenden persönlichen Service entschieden.«
»Hast du was getrunken?«
»Natürlich nicht, es ist fünf vor neun.«
Wieder rieb Lou sich die Augen, wobei sie die Reste des Make-ups vom Vorabend im Gesicht verschmierte.
»Also, nur damit ich das recht verstehe. Nachdem du gestern Abend die Bar verlassen hast, hast du dir den Kopf angeschlagen, und heute Morgen bist du aufgewacht und glaubst, einer Matrone mit orangen Haaren und Hängetitten bis zu den Knien dein schwer verdientes Geld in den Rachen zu stopfen würde dir dabei helfen, den Mann fürs Leben zu finden, mit dem du dann glücklich bis ans Ende deiner Tage bist?«
»Ich gehe nicht zu Audrey. So blöd bin ich nun auch wieder nicht!«, rief Kate lachend. »Wenn sie ans Telefon geht, lege ich einfach auf. Nein, ich möchte zu dieser netten Alice.«
»Die verklemmte Bibliothekarin mit den Wollsocken? Prima Idee!«
»Es ist mir egal, wie sie aussieht. Sie will, dass ich offen bin für neue Menschen und meinen Horizont erweitere.«
Lou setzte sich auf.
»Sprich, du sollst deine Ansprüche runterschrauben und mit irgendwelchen Ladenhütern ausgehen! Herrgott, Kate. Denk doch nur mal dran, was da gestern Abend für komische Männer rumgelaufen sind. Die
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