Alicia II
einfallen.«
»Ah, ein Vertrauensvotum. Aber sie ist wie ein Blutegel.«
»Sieht so aus, als sei das dein Problem.«
»Ja. Und du hast keinen guten Einfall?«
»Nein.«
»Sie möchte, daß ich während der Pause allein mit ihr esse.«
»Das habe ich gehört.«
»Erstklassige Rippchen in einem privaten Speiseraum.«
»Magst du keine erstklassigen Rippchen?«
»Und was ist mit den beiden zusätzlichen Teilnehmern an der Besichtigung, die uns übrigens im Augenblick möglichst unauffällig beobachten?«
»Sie scheinen mir nicht besonders helle zu sein.«
»Und du bist nicht besorgt.«
»Nicht mehr als normal, nein.«
»Was ist für dich normal?«
»Dasselbe wie für dich, nehme ich an.«
Cheryl verkündete, vor uns habe es im Transportsystem eine kleine Störung gegeben, aber wir sollten uns deshalb nicht verdrießen lassen. Ganz in der Nähe sei ein Aufenthaltsraum, und dort könnten wir bei Getränken und einem kleinen Imbiß eine kurze Ruhepause machen. Sie ermahnte uns, nicht zuviel zu essen, denn gleich nach dem nächsten zu besichtigenden Abschnitt folge das Abendessen.
Der Aufenthaltsraum war komplett mit einem menschlichen Barmann und plüschgepolsterten Stühlen um die Tische. Ich versuchte, mich mit Stacy in eine dunkle Ecke zu verziehen, aber Cheryl hatte den Blick nicht von mir gelassen. Sie fegte an Stacy vorbei und sagte: »Ich werde für Ihren Freund sorgen. Da sind zwei nette junge Damen, Mr. Stacy, gleich da drüben, und sie sind fast gestorben vor Verlangen, Sie kennenzulernen.«
Sie nickte zu einem Paar mäßig attraktiver Bürotypen hin, die Stacy mit Interesse beäugten. Vielleicht bekamen sie beim Anblick hagerer Männer Lustgefühle. Ohne eine Miene zu verziehen, wandte sich Stacy von Cheryl und mir ab und latschte zu den beiden Frauen hin. In den nächsten Minuten kicherten sie häufig entzückt, und ich fragte mich, was der rätselhafte Stacy ihnen nur erzählte, daß sie sich so amüsierten.
Beim Niedersetzen ließ ich meinen Blick durch den Raum schweifen und bemerkte, daß sich unsere beiden Schatten getrennt hatten. Der eine saß in Stacys Nähe, der andere in meiner. Jeder Nerv meines Körpers schien sich zu spannen.
Was wußten diese beiden Männer? Folgten sie uns nur routinemäßig, oder paßten sie auf, wann wir mit unserer Mission begannen? Und außerdem: War diese Unterbrechung eine gegen Stacy und mich gerichtete Verzögerungstaktik, während sie ihre Streitmächte sammelten?
Ich merkte plötzlich, daß Cheryl zu mir gesprochen hatte.
Irgendwie hatten sich zwei seltsam aussehende Gläser vor uns materialisiert. Ich erinnerte mich nicht, etwas bestellt zu haben.
»Sie haben mir nicht zugehört«, beklagte sich Cheryl.
»Ich fürchte, Sie haben recht. Entschuldigung.«
»Als Fremdenführerin sollte ich daran gewöhnt sein. Anscheinend neigen intelligente Leute dazu, ihre Gedanken von der Ansprache der Fremdenführerin abzuwenden.«
»Haben Sie mir soeben eine Ansprache gehalten?«
»Nein. Ich sagte, ich mag Ihren Stil nicht besonders, dies Spiel des ständigen Ausweichens, wie man es nennen könnte.«
»Um ehrlich zu sein, ein Spiel ist es nicht. Ich weiche Ihnen tatsächlich aus.«
»Was! Wird es Ihnen schaden, mit mir eine Stunde bei echten erstklassigen Rippchen zu verbringen?«
Die Art, wie sie das Wort echt betonte, erinnerte mich an Pierre Madling und seinen Stolz auf das Essen, das er mir vorsetzen ließ. So vieles in meinem Leben schien sich auf die Frage zu reduzieren, ob das Essen echt war. Cheryl sah gerade genug verletzt aus, daß ich mir wünschte, der Mission für eine Stunde entfliehen und mit ihr in einem privaten Speisezimmer zusammensitzen zu
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