Alicia II
die Grausamkeit, mit der ich ihre versteckten Anträge ablehnen mußte.
Als ich Stacy erzählte, was die anderen über ihn sagten, zuckte er nur die Schultern und gab zu, die Anschuldigungen beruhten auf Wahrheit. Ich regte an, er könne im Verkehr mit ihnen eine Spur von Etikette walten, lassen. Er antwortete, das werde er nicht tun – es sei zu spät, um mit alten Gewohnheiten zu brechen.
Coolidge erwies sich als ziemliche Enttäuschung für unser Erkundungsteam. Der Planet glich der Erde sehr. Abgesehen von kleinen Farbabweichungen war der Pflanzenwuchs dem irdischen erstaunlich ähnlich. Unsere Geologen, Zoologen und Anthropologen hatten wenig Interessantes entdeckt. Das einzige Geheimnis, um das eine Unterhaltung sich noch lohnte, war der seltsame, vielfarbige Nebel, der später untersucht werden sollte, obwohl wir durch Beobachtungen aus der Ferne schon einige Daten gesammelt hatten. Da er große Gebiete des Planeten bedeckte, wurde beschlossen, erst noch mit diesen Messungen fortzufahren und ihn dann aus der Nähe zu betrachten. Mit der einzigen Ausnahme des Nebels war Coolidge also uninteressant für Leute, die sich alle freiwillig auf Posten mit erhöhtem Gefährlichkeitsgrad gemeldet hatten.
Ich stellte jedoch fest, daß die meisten Teammitglieder sich widerspruchslos mit nichts als Alltagspflichten zufriedengaben. Ich persönlich hielt das Leben in der Blase nicht aus. Zu viel Papierkram, zu wenige Ausflüge in die Wildnis. Ich beschwerte mich zu laut und zu oft über die Langeweile. Meinen Kollegen, die angeblich mit ihren eigenen läppischen Projekten vollauf zu tun hatten, war es nur recht, daß ich alle Arbeiten übernahm, die ein wenig nach Abenteuer schmeckten. Stacy und ich holzten als Vorhut Dschungel ab, drangen in dunkle Ecken vor, während die anderen uns über die Schulter lugten, und boten uns den Lebewesen des Planeten zum Studium dar.
Eines Tages nahmen Stacy und ich einen der Vögel (ein Vogel war eine komplizierte Kombination aus einem Hubschrauber alter Art und einer moderneren Raumfähre) und programmierten den Kurs zu einem Ziel ein, wo zwei Geologen bei einem früheren Flug aus der Ferne ein großes Tier gesichtet hatten. Ihren damaligen Aussichtspunkt erreichten wir schnell. Stacy stellte auf manuelle Kontrolle um und landete den Vogel auf einer Lichtung. Unsere Geräte zeigten keinen Hinweis auf tierisches Leben innerhalb eines Kreises von mehreren Meilen. Ich war dafür, Umschau zu halten. Außerhalb unseres Schiffes machte die Lichtung einen weniger friedlichen Eindruck als von oben. Links von uns bewegte sich eine Gruppe von Stoka-Bäumen wütend. Stoka-Bäume, genannt nach einem der stumpfsinnigeren Funktionäre auf der Orbitstation, ähnelten irdischen Bäumen in Rinde und Blättern, doch waren beide mit roten und lavendelfarbenen Streifen durchzogen. Von Zeit zu Zeit fingen die Äste an, nach oben und unten zu schlagen, für gewöhnlich in dem Rhythmus 1-2-3 hoch, 1-2-3 runter. (Später wurde entdeckt, daß die Bewegungen der Bäume mit der Produktion eines anscheinend nutzlosen Saftes zusammenhingen.) Wenn mehrere Bäume gleichzeitig mit den Ästen flatterten, war das ein bezaubernder Anblick.
»Spürst du etwas, Stacy?«
»Nicht viel.«
»Aber etwas.«
»Nicht viel.«
»Es ist etwas da …«
»Weiß ich.«
»Was glaubst du …«
»Drachen. Moby Dick.«
»Was willst du – verstehe, du meinst, wir sollten umkehren.«
»Genau.«
»Also, ich nicht, ich werde …«
»Weiß ich.«
Die Attacke erfolgte plötzlich. Das Tier machte kein Geräusch, stieß kein Angriffsgeheul aus, schickte uns keine offizielle
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