Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Alicia II

Alicia II

Titel: Alicia II Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Thurston
Vom Netzwerk:
angenehmer Gesellschaft interessiert, wie sie mir überdeutlich klarmachte, nachdem auch sie schließlich zuviel getrunken hatte. Ich mußte eine meiner komischen Nummern abziehen, um es ihr auszureden, habe jedoch vergessen, welche es war. June war zu betrunken, um Verdacht zu schöpfen, aber sie blickte traurig drein. Wie ich annehme, hatte sie sich Hoffnung auf die Zukunft gemacht.
    Ich brachte sie nach Hause, und ich nahm sie sogar in den Arm und küßte sie. Das konnte ich, und ich hatte es schon getan, wenn ich in eine solch absurde Situation geriet. Ich verließ ihr Apartment und wanderte tollkühn durch die ungewöhnlich ruhigen Straßen. Einmal meinte ich, in der Ferne Gewehrfeuer zu hören.
     

 
6
     
    Nach zwei Tagen in einem schäbigen Hotel faßten Stacy und ich den Entschluß, unser Bankguthaben anzugreifen und uns ein paar Wochen im Continental-Plaza-Astoria zu leisten, dem Luxushotel der Stadt. Vielmehr faßte ich den Entschluß, und Stacy gab durch ein lakonisches Nicken seine Zustimmung bekannt. Ich hätte mir denken können, daß das Hotel eine Falle war. Schon die Werbung betonte, hier könne man alle Vergnügungen der Stadt genießen, ohne sein Zimmer verlassen zu müssen. Übersetzt: Sie brauchen nicht auf die Straße hinauszugehen und es riskieren, von einer Gruppe Aufständischer erschossen zu werden.
    Das Conplaz (wie es genannt wird) ist eine Art gut eingerichtetes Hochsicherheitsgefängnis, das Menschen, die eine nervenberuhigende Einkerkerung benötigen, erlaubt, sich zu isolieren. Es gab nichts, was das Conplaz nicht liefern konnte. Wachen in unauffälligem Zivil durchstreiften zu zweit und zu dritt die Korridore. Überwachungsgeräte waren in den Korridoren und (an diskreten Stellen) in den Zimmern und Suiten angebracht. Letztere konnten entweder von einem in Schwierigkeiten befindlichen Gast angestellt werden oder setzten sich selbst in Tätigkeit, sobald sie verdächtige Geräusche, auf die sie programmiert waren, auffingen. Eine lange Tafel mit numerierten Knöpfen (für jedes Zimmer farblich gekennzeichnet) erlaubte dem Gast, so gut wie jede Dienstleistung zu verlangen, die ein Hotel legitim erbringen konnte, und das ohne die ärgerliche Einschaltung offiziöser Mittelsmänner. Sogar Prostituierte konnte man sich kommen lassen – ein Angestellter versicherte mir, sie würden sorgfältig untersucht, und zwar nicht auf ihre Gesundheit hin, sondern auch danach, ob sich unter ihnen rebellische Ausgemusterte befänden. Anhand eines Zahlenkodes konnte man sogar den Zustand, in dem das bestellte Essen sein sollte, die Ausgabe des Buches, das man zu lesen beabsichtigte, und die Maße der vom Hotelschneider anzufertigenden Kleidung spezifizieren.
    Kurz gesagt, es war das Höchstmaß an Luxus und Bedienung, das wir heute von einem Hotel der höchsten Sicherheitsstufe erwarten. Ich machte in den ersten Tagen reichlichen Gebrauch von der Knopftafel und probierte verschiedene Arten von Zerstreuungen aus. Sogar Stacy benutzte die Maschine gelegentlich.
    Der vielleicht beste, aber auch törichtste Hotel-Service war eine Stadtrundfahrt, bei der der Gast in seinem eigenen Bett blieb. Die Simulation benutzte die vier Wände des Zimmers, so daß Bilder und Geräusche von allen Seiten kamen. Eine Anzeige neben dem Bett erlaubte es dem Gast, die Geschwindigkeit zu erhöhen oder zu senken. Man konnte in normalem Tempo durch die Stadt »fahren« oder nach einem vorher gewählten Programm von Ort zu Ort springen. Ich wählte als erstes die Museumstour und hielt die Bewegung häufig an, um mir bestimmte Gemälde eingehend anzusehen.
    Ein anderes Mal ließ ich mir die Altstadt zeigen, Sehenswürdigkeiten wie die rekonstruierte Freiheitsstatue und das wohlerhaltene Chinatown.
    Damals wußte ich nicht, daß Chinatown hauptsächlich mit ausgemusterten Orientalen besetzt war, die man trotz des Körpermangels mehr oder weniger offiziell in Frieden ließ.
    Erstens einmal wäre es außerordentlich schwierig gewesen, Flüchtlinge in dem dschungelähnlichen Irrgarten von Chinatown aufzuspüren. Zweitens (und das hatte mehr Gewicht) verbot es ein ungeschriebenes und ungesprochenes Gesetz, Kaukasiern einen orientalischen Körper zu geben. Es war einer dieser seltsamen archaischen Stammesriten, die nichts mit dem offiziellen Gesetz zu tun hatten, wie zum Beispiel auch die Übertragung in einen Körper anderen Geschlechts. In den ersten Jahren der Erneuerung hatte es viele bizarre Fälle von Rassismus gegeben, aber

Weitere Kostenlose Bücher