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Alicia II

Alicia II

Titel: Alicia II Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Thurston
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entsprechenden Kleidung. Ich mußte lange warten, ehe etwas geschah. Schon fragte ich mich, ob überhaupt etwas geschehen werde. Dann fiel mir auf, daß ich eine Zeitlang, vielleicht seit einer halben Stunde, keine Fußgänger mehr auf der Straße gesehen hatte. Kaum war mir dieser Gedanke gekommen, als ein Stück von mir entfernt ein Mann um eine Ecke bog. Er schritt langsam die Straße entlang und zeigte die betonte Gleichgültigkeit eines Menschen, der sich bemüht, unauffällig zu wirken. Er bemerkte mich auf der Bank und musterte mich kurz. Ich glaubte, er werde herüberkommen und mich von meinem Logenplatz verscheuchen. Aber offenbar war alles zu genau geplant, als daß er sich eine derartig einschneidende Unterbrechung hätte leisten können, und so ging er weiter, vorbei an Rosalies Kirche, ohne einen Blick darauf zu werfen.
    Auch das war verdächtig, denn jedes andere Haus der Straße hatte er flüchtig gemustert. Er bog um die entgegengesetzte Ecke und war eine Weile außer Sicht. Aber ich wußte, er war immer noch da. Er war hinter jener Ecke nicht mit der Absicht verschwunden, seinen Spaziergang fortzusetzen. Ein paar Minuten später kehrte er mit ein paar anderen Leuten zurück.
    Sie bildeten eine Truppe von vielleicht zehn Personen. Die meisten waren Männer; wenigstens drei sahen wie Frauen aus.
    Zwei Fahrzeuge kamen um die Ecke, wo der Mann zuerst aufgetaucht war. Es waren normale, mit Atomenergie betriebene Wagen, aber selbst im Dunkeln erkannte ich, daß sie zu bewaffneten Polizeiwagen umgebaut worden waren. Die Fußgänger beschleunigten den Schritt, als sie sich der Kirche näherten. Die Wagen hielten unmittelbar vor dem Gebäude an.
    Sie gaben keine Warnung ab. Sie betraten einfach die Kirche, deren Türen sowieso unverschlossen waren. Aus den Wagen stieg niemand aus, was das Geschehen noch unheimlicher machte. Ich wäre gern an den Fahrzeugen vorbeigelaufen und hätte nachgesehen, was drinnen vorging. Lange Zeit hörte ich nichts. Dann begann der Kampf. Zuerst fielen zwei Schüsse, die zu fern, zu kraftlos klangen. Aus einem der Polizeiautos wand sich etwas und zeigte auf die Kirchentür. Den schwachen Geräuschen folgten ein paar lautere. Sie waren auffällig und doch bedrohlich. Ein Angreifer kehrte an den Eingang zurück und machte zu den Fahrzeugen hin eine unverständliche Geste.
    So weit ich es sehen konnte, verstand die Besatzung das Zeichen ebenso wenig wie ich, denn sie tat nichts, nachdem der Mann wieder im Innern der Kirche verschwunden war.
    Nach zwei weiteren Schüssen wurde es in der Kirche still. Die Angreifer marschierten einer nach dem anderen aus der Tür. Es waren nicht so viele, wie hineingegangen waren; deshalb vermutete ich, daß die übrigen andere Ausgänge benutzten.
    Zwei Personen, ein Mann und eine Frau, waren offensichtlich leicht verletzt. Ein zweites Paar trug eine Leiche heraus, die, so gut ich es aus der Ferne erkennen konnte, wie Stan aussah. Der letzte Mann, der die Kirche verließ, war der erste, den ich gesehen hatte. Er führte Rosalie und zerrte sie grob aus der Tür. Sie unterbrach ihre Kritik an ihrem Überwältiger, um kurz zu mir herüberzublicken und, wie ich glaube, zu lächeln. Er stieß sie in ein neues Fahrzeug, einen normalen Wagen, der um die Ecke gekommen war, als ich gerade nicht hinsah. Dann zerstörten die beiden Kampfwagen die Kirche mit Artillerie und Sprenggeschossen. Das war schnell geschehen, ohne daß die Nachbargebäude auch nur einen Kratzer davontrugen. Der Wagen mit Rosalie und ihrem Überwältiger blieb in der Nähe stehen, offenbar, damit sie der Vernichtung ihrer Kirche zusehen konnte. Als das Gebäude fast dem Erdboden gleichgemacht war, startete der Wagen und fuhr an mir vorbei zu der entgegengesetzten Ecke. Rosalie blickte unbeirrt geradeaus. Ich habe sie nie wiedergesehen, obwohl ich einmal glaubte, ihr erneuertes und etwas älter gewordenes zweites Ich von fern auf einer Straße der Stadt erblickt zu haben.



 
Vierter Teil
 
1
     
    Als ich aus dem St. Ethel-Camp nach New York zurückkehrte, fand ich die Stadt abstoßender als je zuvor. In den Reihen der Wetterkontroll-Leute war irgend etwas schiefgelaufen, ein Streik in ihrer Mitte oder ein großes Versagen in der Überwachung, wie es von Zeit zu Zeit vorkommt.
    Infolgedessen hatte sich eine unvorhergesehene Glocke aus Hitze und Feuchtigkeit auf die Stadt niedergesenkt. Straßen und Gehsteige auf allen Ebenen waren mit Menschen überfüllt, die aussahen, als brauchten sie

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