Alicia
mit Euch disputiere? «
»Streit! « fauchte sie. »Es ist eher ein Krieg! «
»Krieg, von mir aus«, sagte er, den Blick auf ihren Ausschnitt geheftet, während er mit den Fingern über ihre Arme strich. »Himmel, ich kann nicht so dicht vor Euch stehen, ohne daß mein Verlangen nach Euch nicht zu einer Qual würde. «
Unwillkürlich sah sie an sich herab, und ihr Gesicht erglühte.
Stephen lächelte sie mit halbgesenkten Lidern an.
Sie zog die Lippen von den Zähnen zurück und fauchte ihn an. Er glaubte wohl, sie habe den gleichen frivolen Charakter wie er. Sie wich seinen tastenden Händen aus, und als er sie nicht loslassen wollte, stieß sie ihn gegen die Brust. Stephen rührte sich nicht von der Stelle, und als ihre Hände von seinem Brustkorb abprallten, verlor sie das Gleichgewicht. Sie wußte nicht, daß sie dicht beim Wasser stand.
Sie fiel nach hinten und versuchte verzweifelt, sich irgendwo zu halten. Stephen reichte ihr seine Hand, doch selbst im Fallen schlug sie danach. Er trat mit einem leichten Achselzucken zurück, da er sich nicht auch noch naßspritzen lassen wollte, wenn sie ins Wasser plumpste.
Das Wasser im Fluß mußte aus dem Hochland kommen, sonst hätte es unmöglich so kalt sein können. Alicia landete hart auf dem Kies des Flußbetts, und die vielen wollenen Röcke sogen begierig das flüssige Eis auf, als hätten sie nur auf so eine Gelegenheit gewartet.
Sie saß einen Moment wie betäubt da und sah zu Stephen hinauf. Der grinste sie an, während ein Wassertropfen über ihre Nasenspitze rann. Rab stand neben Stephen und bellte, während er, entzückt von diesem Spiel, mit dem Schwanz wedelte.
»Darf ich Euch wieder aufhelfen? « fragte Stephen mit spöttischer Ritterlichkeit.
Alicia wischte sich eine nasse pechschwarze Strähne von der Wange. Jeden Moment mußten ihre Zähne zu klappern beginnen; doch lieber biß sie auf einen Kieselstein, als sich vor ihm diese Blöße zu geben. »Nein, vielen Dank«, sagte sie so hochmütig, wie sie es nur irgend fertigbrachte.
Alicia wischte sich noch mehr Wasser aus dem Gesicht, wäh-rend sie es tunlichst vermied, sein grinsendes Gesicht anzusehen. Sie stemmte beide Hände auf den Rücken des Wolfshundes und versuchte, sich aufzurichten. Doch die mit Wasser getränkten Wollröcke waren so schwer wie Blei. Und da sie noch schlüpfrige Steine unter sich hatte, war ihr Bemühen zum Scheitern verurteilt.
Sie saß wieder in der Hocke, und es hatte sie einige Mühe gekostet, sich so weit zu erheben. Da glitten ihr die Beine unter dem Körper weg, und Rab machte einen Satz, um der Wasserfontäne zu entkommen. Diesmal lag sie flach auf dem Rücken, und das Wasser spülte über ihr Gesicht, daß sie prustend wieder an die Oberfläche kam. Das erste, was sie hörte, war Stephens lautes Lachen. Und während ihr das Wasser aus den Ohren rann, fiel Rab bellend in das Gelächter ein. Das tat ihr weh. Rab machte sich lustig, statt sie zu verteidigen.
»Zur Hölle mit euch beiden! « zischelte sie und versuchte, ihre Beine aus den klebenden, nassen Röcken zu befreien.
Stephen schüttelte den Kopf und watete in den Fluß. Ehe sie etwas sagen konnte, bückte er sich und hob sie auf seine Arme. Sie hätte viel darum gegeben, hätte sie ihn mit ihrem triefenden Gewicht ins Wasser hineinziehen können. Doch er stand zu fest auf den Beinen. Er beugte nur den Rücken, so daß die Strömung keine Angriffsfläche hatte.
»Es wäre mir lieber, Ihr würdet mich loslassen«, sagte sie so steif wie möglich.
Stephen zuckte mit einer Schulter und ließ dann beide Arme fallen. In einer Reflexbewegung, damit sie nicht noch einmal mit dem eiskalten Wasser in Berührung kam, schlang sie die Arme um seinen Hals.
»Schon besser«, meinte er lachend und drückte sie so fest an sich, daß die ihre Arme nicht mehr von seinem Nacken zu lösen vermochte.
Er watete mit ihr ans Ufer und blieb stehen, ohne sie loszulassen. »Schwarze Haare und blaue Augen — so etwas habe ich noch nie beisammen gesehen«, flüsterte er. »Wie konnte ich nur meinen Hochzeitstag versäumen. «
Sie kannte den Grund seiner Reue, und das verbesserte ihre Laune keineswegs. »Ich friere«, sagte sie kühl. »Bitte, gebt mich frei. «
»Ich könnte dich wärmen«, flüsterte er und biß sie ins Ohrläppchen.
Alicia lief ein Schauder über den Arm — ein Schauder, der nicht von der Kälte kam. Diese Art von Schauder erschreckte sie. Sie wehrte sich dagegen. »Laßt mich endlich los! « bat
Weitere Kostenlose Bücher