Alicia
zu. »Solange das erst nach der Hochzeitsnacht geschieht, bin ich einverstanden. «
Alicia machte ein höhnisches Gesicht, und Sir Thomas befahl: »Wollt Ihr uns bitte allein lassen, Lady Alicia? «
Sie raffte ihre Röcke hoch und verließ das Zimmer. Sie hätte Stephens Nähe auch nicht mehr länger ertragen können.
»Stephen«, sagte Sir Thomas, »ich möchte nicht der Anlaß für deine Ermordung sein. «
»Die Worte einer Frau schrecken mich nicht. «
Sir Thomas erwiderte stimrunzelnd: »Aus dir spricht die Unschuld. Du bist nie im Hochland gewesen. Dort kennt man keine Regierung wie bei uns. Die Chefs regieren ihre Klans, und niemand regiert die Chefs. Lady Alicia braucht nur ein Wort des Mißfallens zu flüstern, und jeder Mann, sogar jede Frau ihres Klans wären bereit, deinem Leben ein Ende zu setzen. «
»Diese Gefahr nehme ich gern in kauf. «
Sir Thomas trat vor und legte Stephen die Hand auf die Schulter. »Ich kannte deinen Vater zu gut, um mich dafür herzugeben, den Sohn in den sicheren Tod zu schicken. «
Stephen wandte sich ihm mit lodernden Augen zu: »Ich will diese Frau haben. Ihr habt kein Recht, sie mir wegzunehmen! « Er wirbelte zu Roger herum, der die Szene mit selbstgefälligem Lächeln beobachtete. »Ich treffe Euch auf dem Schlachtfeld, und da wollen wie sehen, wer von uns sich besser als Chef eines Klans eignet! «
»Angenommen! « fauchte Roger. »Morgen früh. Der Gewinner heiratet sie noch am gleichen Nachmittag und schläft ihr am Abend bei. «
»So sei es! «
»Nein«, murmelte Sir Thomas, wußte jedoch, daß er verloren hatte. Er seufzte: »Kümmert Euch selbst um Euer Schlachtfeld. Damit möchte ich nichts zu tun haben. «
4. Kapitel
Stephen stand neben seinem Hengst, von Kopf bis Fuß in Stahl gehüllt, und die Sonne heizte seine Rüstung auf. Dazu kam ihr Gewicht, doch daran hatte er sich mit den Jahren gewöhnt.
»Mylord«, sagte sein Schildknappe, »die Sonne wird Euch blenden. «
Stephen nickte grimmig. Dessen war er sich nur zu sehr bewußt. »Laß Chatworth diesen Vorteil. Er wird ihn brauchen. «
Der Junge lächelte stolz. Es hatte lange gedauert, bis Sir Stephen in gepolsterte Baumwolle gehüllt und in Leder verpackt war, damit er die Rüstung anlegen konnte. Nun bestieg er behende sein Roß und ließ sich von dem Jungen den Schild und die Lanze zureichen. Er gönnte Lady Alicia keinen Blick, obwohl er wußte, daß sie in einem elfenbeinfarbenen Kleid mit Goldbesatz und blassem Gesicht neben der Schranke stand. Er verbesserte seine Kampfeslust nicht damit, wenn er dieser Frau ansah, wie sehr sie ihm den Tod wünschte.
Er paßte die lange hölzerne Lanze seiner Rüstung an. Er hatte mit Roger seit gestern abend keinen Ton mehr geredet. Sir Thomas stand zu seinem Wort: Er blieb dem Turnier fern. So waren keine festen Regeln für dieses Turnier erlassen worden. Sie würden darum kämpfen, wer länger auf seinem Pferd sitzen blieb.
Stephens Schlachtroß, ein mächtiger schwarzer Hengst mit wehenden Haaren über den Fesseln, scharrte ungeduldig im Sand. Die Tiere wurden für Ausdauer und Kraft gezüchtet, nicht für Schnelligkeit.
Stephens Männer standen im Kreis um ihn her, bis Roger am anderen Ende des sandbestreuten Platzes erschien. In der Mitte des Feldes war ein niedriger Zaun errichtet, der den Turnierplatz in zwei Hälften teilte.
Stephen ließ das Visier an seinem Helm herab, so daß nur noch ein Schlitz für die Augen frei blieb. Ein junger Mann hob eine Standarte, und als er sie senkte, sprengten die beiden Edelleute mit erhobenen Lanzen aufeinander los. Hier kam es nicht so sehr auf die Schnelligkeit, sondern auf Kraft an. Nur ein Mann in Hochform vermochte sich beim Anprall der Lanze gegen den Schild auf dem Pferd zu halten.
Stephen preßte die Schenkel fest gegen den Pferdeleib, als Rogers Lanze seinen Schild traf. Beide Lanzen zersplitterten beim ersten Aufprall. Stephen lenkte sein Pferd zurück zum Ende seiner Hälfte.
»Er ist gut, Mylord«, sagte einer von Stephens Knappen, der ihm eine neue Lanze reichte. »Achtet diesmal auf die Lanzenspitze. Ich glaube, er möchte Euren Schild unterlaufen. «
Stephen nickte kurz und schloß wieder das Visier.
Die Standarte senkte sich zum zweiten Anlauf. Stephen brauchte seinen Gegner nur aus dem Sattel zu stechen und hatte dann nach den gebräuchlichen Turnierregeln das Treffen gewonnen. Als Roger ihn jetzt attackierte, hielt Stephen den Schild tiefer und fing Rogers Stoß geschickt auf. Von
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