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Alien 1: Vierhundert Milliarden Sterne

Alien 1: Vierhundert Milliarden Sterne

Titel: Alien 1: Vierhundert Milliarden Sterne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul J. McAuley
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einen großen Lavablock. Unter ihr lag ein kleines,
ausgetrocknetes Flußbett – ausgetrocknet seit wieviel
tausend Jahren? – und zum größten Teil von verfilzten
Ranken überwuchert. Dahinter kletterten die Bäume den
gegenüberliegenden Hang hoch zu den langgestreckten
Gebäuden und dunklen Wällen, die sich ohne erkennbares
Muster immer wieder gabelten. Innerhalb dieser Mauern befanden sich
die Hüter. Hier gab es keinerlei Anzeichen dieser auf ein Ziel
ausgerichteten Bewußtseinsstruktur, die Dorthy in der Burg und
im Wald am See hatte lesen können. Statt dessen war jedes
Bewußtsein mit einem geordneten Routine-Raster überzogen,
und die einzelnen Gruppen waren hierarchisch straff ausgerichtet.
Jetzt, wo sie etwas näher herangegangen war, konnte Dorthy
Unterschiede ausmachen und erkennen, wie einige dieser Lichtpunkte
der Individualität sich weiter hinauswagten als zu den
aufgezurrten Grenzen ihrer Knechtschaft, konnte sehen, daß
andere Intelligenzen nur lose in dieses Raster eingebunden waren.
Aber wo war die eine, einzige Intelligenz, die diesen Ort
beherrschte?
    Sie schluckte eine weitere Tablette ihres Antiblockers und
wartete. Dabei rieb sie sich die kalten Hände, zitterte in der
Brise, die unablässig aus dem Ödland durch den
Taleinschnitt blies. Während sie das verschlungene Muster der
Hüter-Bewußtsein wieder und immer wieder abtastete, das
sie in ihrem Innern an der Oberfläche reflektierte – sie
hatte sich absichtlich nicht allzu tief in Trance versetzt und
zögerte, einen der individuelleren Hüter abzutasten
für den Fall, daß dies eine Falle war – sank die
Sonne um kaum wahrnehmbare Gradbruchteile.
    In der Nähe ragte ein Turm aus den Baumkronen, fensterlos,
mit flachem Dach. Was immer er darstellen mochte, es waren keine
Hüter darin. Sie hielten sich alle unter den Bäumen
auf.
    Plötzlich blitzte es grellrot auf. Dorthy wurde aus ihrer
fließenden Betrachtung gerissen. Ein eigenartiger
Windstoß zuckte durch die Luft und sammelte die letzten
Strahlen der untergehenden Sonne. Einen Moment später war die
Luft um Dorthy von einem leuchtenden Rot durchsetzt. Ein Lichtblitz
zuckte durch den Einschnitt im Beckenrand genau ins Zentrum des
Radioteleskops. Einen Augenblick lang schien der Antennenkomplex in
ein Flammenmeer getaucht. Dann sank die Sonne um einen Bruchteil
tiefer. Der Lichtfinger fiel in sich zusammen und lief sich in der
schwarzen Schüssel tot. Der Antennenkomplex erlosch, als der
riesige Brennspiegel aus Luft über Dorthy auseinandertrieb und
sich auflöste.
    Hinter der Baumgrenze stiegen winzige Gestalten das entfernte Ende
des Einschnitts empor, von dem restlichen Glühen angestrahlt.
Dorthy zog ihren Feldstecher hervor und beobachtete, wie vier von
ihnen eine schmale Treppe im Lavagestein hochstiegen.
    Sie umging die Bäume und hielt sich in der Nähe des
Beckenrandes. Der Pfad, den sie einschlug, führte außer
Sichtweite des seltsamen Mauerlabyrinthes am Waldrand entlang. Jetzt
verspürte Dorthy auch wieder dieses unangenehme Gefühl,
beobachtet zu werden – eine nahezu physische Empfindung, wie die
einer schweren Last auf ihrem Rücken.
    Sie wurde dieses Gefühl auch nicht los, als sie den
Treppenaufgang erreichte und nach oben stieg. Die Stufen waren hier
breit und hoch – und spiegelglatt. Es gab kein Geländer, an
dem sie sich festhalten konnte, falls sie ausglitt und in die Tiefe
stürzte. Deshalb kletterte sie die meiste Zeit auf allen vieren
weiter. Naßgeschwitzt und völlig außer Atem kam sie
oben an. Ein kaltes, keusches Bewußtsein verschwand weiter vor
ihr gerade um einen Felsen des Beckenrandes. Im Schatten der
Bäume ging Dorthy weiter, nachdem sie die Nachtsichtbrille mit
den stark gewölbten Linsen aufgesetzt hatte. Trotzdem sah sie
alles nur grob gekörnt, im Dunkel verschwimmend, und sie
erfaßte die Dinge ebenso rasch mit ihrem TALENT, wie sie sie
sah: die aufragende Wurzel, einen Baumstamm, die Zweige mit den
ledrigen Blättern, nur wenige Zentimeter von ihrem Kopf
entfernt. Dabei war ihr allzu deutlich bewußt, daß die
Wesen, denen sie folgte, nachtjagende Fleischfresser waren. Sie
konnten bestimmt klar und deutlich erkennen, wohin sie auf dem
flechtenbewachsenen Wiesenstreifen des Beckenrandes traten. Dorthy,
die mehr stolperte als ging, ließ sich hauptsächlich von
ihrem TALENT leiten.
    Die Hüter schienen sie nicht zu bemerken, und als sie
schließlich anhielten, gelang es Dorthy, sich ihnen durch das
Unterholz bis zum Grasstreifen zu

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