Alien 1: Vierhundert Milliarden Sterne
»Geflogen.«
»Bei diesem Sturm?«
»Yeah, ich dachte, ich könnte vor ihm herfliegen, aber
er war schneller, als ich vermutet hatte. Bin die letzte Stunde nur
mit Radar geflogen. Hatte Angst, die Düsen des Choppers
würden sich zusetzen. Aber nun bin ich ja hier. Was halten Sie
von P’thrsn?«
»Ich…« Sie senkte den Blick vor seinen blauen Augen
und bemerkte, wie Arcady Kilczer sich durch den vollen Saal
drängte. Sie suchte nach den richtigen Worten, fand aber alles,
was ihr in den Sinn kam, viel zu banal.
»Diese… diese Welt ist nicht gerade das, was ich mir
vorstellte. Trotzdem würde ich erst gern mehr davon
sehen.«
»Sollen Sie, sollen Sie! Sobald sich dieser Sturm ausgetobt
hat.«
Sie faßte sich ein Herz. »Ich möchte Ihnen
erzählen…«
Die Stimme von Kilczer unterbrach sie. »Ich brauche euch wohl
nicht mehr miteinander bekanntzumachen, richtig? Welcher Teufel hat
Sie geritten, bei diesem Wetter zu fliegen, Andrews?«
Andrews schenkte Kilczer ein leichtes Lächeln. »Als ich
startete, war es noch nicht so wild, sonst hätte ich es
gelassen. Sagen Sie, ist McCarthy in der Nähe? Ich habe eine
kleine Überraschung für sein Biologen-Team
mitgebracht.«
»Tatsächlich?« Kilczer faßte sich ans Kinn.
»Sehr gut. Wo…?«
»Die Navy wird es für ihn ausladen.«
»Ich hätte… ich meine, vielleicht wissen sie nicht,
wie wichtig… Ich glaube, ich hole besser McCarthy.« Kilczer
machte auf dem Absatz kehrt. »Und vielen Dank auch!« sagte
er noch über die Schulter, ehe er davoneilte.
Andrews kippte mit einem kräftigen Zug das halbe Bier
hinunter und verzog das Gesicht. »Verdammtes künstliches
Gesöff! Schade, daß man uns nichts Stärkeres erlaubt.
Nun, Dr. Yoshida, ich hoffe, Ihr TALENT hat den Abstieg
überlebt.«
»Mehr oder weniger.«
Er zog die Augenbrauen hoch.
»Ich sehe Lichtblitze, wenn es trotz meines Implantats
durchbricht. Der Tranquilizer hat irgendwas damit angestellt, als ich
aus dem Orbit herunterkam. Ich sah… ich will sagen, ich
erfaßte alle Gehirne im Camp – und noch etwas,
draußen, jenseits des Horizonts. Etwas…« Sie zuckte
zusammen, weil seine Hand plötzlich ihr Handgelenk umklammerte.
Die Berührung war kühl und trocken.
»Augenblick mal. Fangen Sie von vorn an. Das
Beruhigungsmittel hat etwas mit Ihrem TALENT angestellt?«
Dorthy schluckte, ihre Wangen glühten. Sie war verwirrt.
Andrews ließ ihren Arm los und hob das Bierglas, trank aber
nicht, sondern musterte sie über den Rand hinweg.
»Ich habe ein Implantat in meiner Leber-Pfortader, das
verschiedene Sekrete absondert, um mein TALENT zu bremsen. Sie
müssen wissen, daß es, nachdem es durch Behandlungen und
Training erst vollends aktiviert ist, auch ungewollt in Aktion tritt.
Es ist so, als ob man nie die Augen schließen könnte, nie
in der Lage wäre zu schlafen. Der Schaden, den ein
unkontrolliertes TALENT anrichtet, wäre in der Tat durchaus
vergleichbar mit einer Schädigung, die durch chronische
Schlaflosigkeit oder einen Mangel an REM-Schlaf infolge von
Alkoholsucht verursacht wird. Halluzinationen, Wutanfälle,
Gewebsveränderungen im Rückenmark, möglicherweise
Tod.
Das Implantat hält also mein TALENT in Schach. Will ich es
einsetzen, nehme ich ein Gegenmittel ein, das die Sekretion des
Implantats für eine Weile unterbricht. Kennen Sie den
Tranquilizer, den man für den Abstieg verabreicht?«
»Natürlich.« Dieses breite, helle, leichte
Lächeln! »Ich hätte damals eine doppelte Dosis davon
vertragen können.«
»Es war eine Reaktion zwischen dem Beruhigungsmittel und dem
Implantat, die mein TALENT aktivierte. Ich erfaßte etwas, weit
draußen jenseits des Camps, etwas…« Sie schauderte
bei der Erinnerung an dieses Licht.
»War es nur ein Ding, oder waren es viele?«
»Ich weiß es nicht. Es war, als ob hundert Gehirne zu
einer einzigen, unglaublichen Intelligenz komprimiert worden seien,
aber ich vermute… Entschuldigung! Es war jedenfalls mit nichts
zu vergleichen, das mir je im Leben begegnet ist.«
»Und wissen Sie, wo diese unglaubliche Intelligenz
lokalisiert war?«
Trotz seines leichten Lächelns spürte sie das brennende
Interesse hinter dieser Frage.
»Ich weiß nicht genau. Irgendwo im Osten, würde
ich sagen. Colonel Chung zeigte mir, daß es dort in der
Nähe mindestens ein halbes Dutzend Außenposten
gibt.«
»Das ist ja interessant. Ich hatte gerade eine kurze
Unterredung mit Colonel Chung. Sie hat mir nichts davon erzählt.
Sie weiß also davon? Wie
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