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Alien 1: Vierhundert Milliarden Sterne

Alien 1: Vierhundert Milliarden Sterne

Titel: Alien 1: Vierhundert Milliarden Sterne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul J. McAuley
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das
änderte sich, als sie schließlich mit ihrer Arbeit begann.
Die Botschaften von Erde häuften sich manchmal tagelang, ehe sie
die Zeit fand, sie abzurufen, und sie verlor allmählich das
Interesse an den Nachrichtenübertragungen. Erst eine Eilmeldung,
deren vorrangige Behandlung sie von ihren Experimenten wegholte,
informierte sie über die Entdeckung einer künstlich
geformten Welt, die einen weiteren unbedeutenden roten Zwergstern
umkreiste. Man hatte Dorthy als Verstärkung eines
Erkundungsteams ausgewählt. Ausgewählt? Sie war schanghait,
hineingezwungen, gekidnappt worden!
    Drei Tage nach Eingang der Nachricht tauchte ein Frachtschiff auf
der Kreisbahn ihres Einmann-Schiffes auf, verschluckte es einfach und
brachte sie wie einen zögerlichen, verängstigten Jonas zur
Erde zurück.
    Und das alles nur wegen ihres TALENTS, weshalb sonst? Es war schon
eine bittere Ironie, daß ihr, weil sie den Einsatz ihres
TALENTS nach Verlassen des Kamali-Silver-Institutes verweigert hatte,
die nötige politische Rückendeckung fehlte, mit der die
anderen ausgereiften TALENTE der Einberufung entgangen waren.
    In ihren schwachen Momenten pflegte Dorthy ihr TALENT als
eigenständiges Wesen zu betrachten – ein Parasit, der nur
zwecks Verfolgung seiner eigenen Ziele ihr Dasein teilte. Und nun
– wo hatte es sich selbst – und damit auch sie –
hingebracht? In ein Barackenlager in einem miasmatischen Ödland
– und mit Bestimmtheit in tödliche Gefahr! Dorthy fiel
wieder dieser grelle Moment ein, und sie erschauerte. Sie nippte an
ihrem Tee: kalt.
    Sie holte sich neuen und lauschte mit einem Ohr der Stimme vom
Trivia-Schirm und dem Gemurmel der kleinen Gruppe Wissenschaftler am
anderen Ende des langen Tisches, die sich um ein dreitägiges
Schachbrett drängte (eine neue Mode, die sich von Nowaja Semlja
aus allmählich in der gesamten Föderation ausbreitete). Der
lange Meteorologe sagte gerade erschöpft: »Nein, ich
weiß nicht, wie lange der Sturm dauern wird. Werft einen Blick
auf die Satellitenbilder und macht euch selbst einen Reim drauf. Es
könnte nicht schlimmer sein…«
    Er schwieg plötzlich. Auch die anderen im Raum verstummten.
Die blecherne Stimme aus dem Trivia-Schirm hallte dumpf in der
plötzliche Stille.
    Dorthy drehte sich um und sah, wie ein kräftiger rothaariger
Mann inmitten einer Wolke aus Staub und Sand hinter sich die Tür
ins Schloß drückte. Erst als er an den langen Tischreihen
entlangstapfte, flackerten die Gespräche wieder auf. Zwei oder
drei Leute der Navy-Besatzung hoben die Hände, mit der
Handfläche nach außen. Der Mann klatschte seine Hand
dagegen und grinste breit, als jemand etwas zu ihm sagte. Dorthy
hörte nicht, was er antwortete, aber zwei Matrosen sprangen
sofort auf, zogen sich im Laufen Gesichtsmasken über und eilten
nach draußen.
    Der Rothaarige schritt weiter durch den Raum. Im Moment
übertrug der Trivia-Schirm aus dem dicht gefüllten Quadrado
de Cinco Outubro die Ansprache des Präsidenten, einer kleinen
Gestalt vor einem weitläufigen Hintergrund mit der Flagge der
Wiedervereinten Nationen und einem Riesenplakat mit dem aufgemalten
Halbkreis der neun Welten. Flankiert wurde das Bild zu beiden Seiten
von großen weißen Gebäuden, die sich hart gegen den
tiefblauen Himmel von Erde abhoben.
    »Immer der gleiche Bockmist«, bemerkte eine Stimme dicht
neben Dorthys Ohr. Als sie aufschaute, grinste der Rothaarige. Die
Wissenschaftler beim Schachbrett starrten zu ihnen herüber.
    »Sie sind sicher Dr. Yoshida«, sagte der Mann, zog sich
einen Stuhl heran und nahm ihr gegenüber Platz. Sein Glas
stellte er vorsichtig auf die zerkratzte Tischplatte aus Kunststoff.
Der bernsteinfarbene Inhalt sprudelte, Schaum rann an den Seiten
herunter. »Ich bin Duncan Andrews. Sie haben bestimmt schon von
mir gehört.«
    »Von nichts anderem.« Sie hörte die
Verblüffung in ihren Worten.
    Er lachte. »Glauben Sie bloß nichts davon.« Sand
hatte sich in seinem kurzgeschorenen Haar, in den Falten seiner
sommersprossigen Stirn festgesetzt. Er beugte sich vor. Die
Augenwimpern waren blaß, beinahe unsichtbar. Die Pupillen
zeigten ein durchsichtiges Blau, die linke trübte ein leichter
brauner Fleck.
    »Wie geht es Ihnen inzwischen? Haben Sie sich etwas
erholt?«
    »Vielen Dank!« Der Drang, ihm alles zu erzählen,
war beinahe von sexueller Intensität. Ihre Hände zitterten,
Schweiß sammelte sich in ihrer Brustspalte. »Wie sind Sie
hergekommen?«
    Er zog eine Braue hoch.

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