Alien 1: Vierhundert Milliarden Sterne
sich und stach ihr in die Nase. Alles
schien plötzlich wie in Sirup getaucht, alles bewegte sich nur
noch langsam und verzerrt. Die Lampen begannen zu schwanken, waren im
nächsten Moment von Lichthöfen umgeben,
vervielfältigten sich. Wie aus weiter Ferne hörte Dorthy
jemand sagen: »Das ist es. Es kommt jetzt heraus…«,
und jemand anderen: »Jesus, soll das etwa sein Maul sein? Wie
kriegen wir das überhaupt vollständig ins
Bild…?«
Dann verwischten sich Ton und Bild wie bei einer
Zeitlupen-Aufnahme, und zwischen dem Hier und Jetzt schien sich ein
Kanal zu öffnen – wohin nur? Dorthy fühlte sich wie in
einem Sog darauf zuschweben – schneller, immer schneller…
Für einen Augenblick ein Licht – gnadenlos blendende Helle!
Dann war es verschwunden, und das Nachbild hing vor ihren Augen wie
ein silbriger Vorhang, durch den sie in eine alles umfassende
Dunkelheit sank.
* * *
Dorthy erwachte in sanftrotem Licht inmitten zahlloser
diagnostischer Geräte am Fuß- und Kopfende ihres Bettes.
Sie schwang die Beine heraus und fühlte die Kälte des
Metallbodens unter den nackten Füßen. Sie tappte in den
angrenzenden größeren Behandlungsraum und trank zwei
Gläser Wasser. Der Zeitmesser an ihrem Arm klärte sie
darüber auf, daß inzwischen fast vierundzwanzig Stunden
vergangen waren, seit Andrews ihr diesen seltsamen Critter gezeigt
hatte. Ihr Kopf schmerzte noch immer, aber sie spürte zumindest
nicht mehr diese prickelnde Sich-Ausweiten ihres übersensiblen
TALENTS. Der Anfall war vorüber.
Als Arcady Kilczer nach ihr schaute, saß Dorthy angekleidet
auf dem Bettrand und las in dem Buch, das sie den ganzen weiten Weg
hierher begleitet hatte. »Ich hatte gehofft, daß Sie schon
wieder auf den Beinen sind«, meinte Kilczer lächelnd.
»Denn ich stecke mitten in den Vorbereitungen für meine
Versuche.« Trotzdem las er gewissenhaft die Diagnose-Geräte
ab.
»Ich brauche unbedingt etwas Eßbares«,
erklärte Dorthy. »Wo finde ich Andrews?«
»Oh, er ist schon vor ein paar Stunden weg. Aber ich denke,
Sie werden ihn bald wiedersehen. Sie wissen, daß Sie nach Ihrer
Ohnmacht rund um die Uhr geschlafen haben? War das wieder einer Ihrer
Anfälle?«
»Wenn mir niemand eins auf den Kopf gegeben hat.
Ich glaube, das Wesen, das Andrews mitbrachte, hat mich
außer Gefecht gesetzt.«
»Sie machen Witze. Aber jetzt weiß ich wenigstens
genau, daß es Ihnen wieder besser geht.«
»Nein, es stimmt. Einen Augenblick lang war es so, als
befände ich mich wieder in der Sinkkapsel. Es war hell – zu
hell, um erkennen zu können, was es war…«
»Diese Kreatur reagiert nur aufgrund zufälliger Reflexe.
Sie wird nicht zentral gesteuert. Sie sagen, sie sei wie das
Phänomen, das Sie in der Sinkkapsel ohnmächtig werden
ließ?«
Dorthy zuckte die Achseln. Kilczer zapfte ihr etwas Blut ab.
»Mit mir ist alles in Ordnung.«
»Das werden wir sehen.«
Aber nichts war in Ordnung.
Diesmal erhob Colonel Chung keine Einwände, Dorthy
hinauszufliegen. »Dr. Andrews hat mir versichert, daß der
Krater ungefährlich ist. Außerdem haben wir jetzt zwei
Chopper mehr. Morgen kommt ein Robotdoc herunter, so daß auch
Kilczer mit Ihnen fliegen kann. Dr. Andrews möchte, daß er
diese seltsamen Bewohner da draußen näher
untersucht.«
»Diese Hüter? Aber ich dachte…«
»Dr. Kilczers Instrumente werden eine wertvolle
Ergänzung zu Ihrem… äh… TALENT sein.
Außerdem könnten Sie ja wieder einen Ihrer Anfälle
bekommen.«
Dorthy hatte das Gefühl, in ein tiefes Loch zu fallen.
»Dr. Kilczers Instrumente können viel weniger ausrichten
als ich.« Der kleine Strahl der Hoffnung, Andrews würde sie
für ihre Dienste belohnen, erlosch. Offenbar hatte der
Zusammenbruch vor seinen Augen seine Hoffnung, sie und ihr TALENT
sinnvoll einsetzen zu können, erheblich geschmälert und so
die Wahrscheinlichkeit verringert, daß sie auf seine Empfehlung
diesen Planeten bald verlassen konnte.
Gefangen, dachte sie. Ich sitze in der Falle.
Colonel Chung legte ihre Hände zusammen und berührte mit
den Fingerspitzen das Kinn. »Ich übermittle hier nur Dr.
Andrews’ Wünsche. Wenn Sie damit nicht einverstanden sind,
sollten Sie ihm das sagen.«
»Dazu dürfte es schon zu spät sein. Kilczer wird
draußen nur seine Zeit verschwenden, wenn er mitkommt. Das
versichere ich Ihnen, Colonel.«
»Wenn das so sein sollte, werde ich auch mit Dr. Andrews ein
deutliches Wort sprechen müssen. Ich hoffe, Sie werden mich auf
dem laufenden
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