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Alien 1: Vierhundert Milliarden Sterne

Alien 1: Vierhundert Milliarden Sterne

Titel: Alien 1: Vierhundert Milliarden Sterne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul J. McAuley
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oben trampelte die nachdrängende Herde
die von den Explosionen zerfetzten Leiber ihrer Artgenossen immer
tiefer in den Sand.
    »Jetzt kommen nicht mehr viele«, rief Kilczer. »Es
sieht jedenfalls so aus.«
    Irgendwo unter der unsteten Oberfläche ihrer Verwirrung
spürte Dorthy jetzt eine reale, tiefe Furcht aufkeimen. Sie
verschränkte die Arme vor der Brust und beobachtete geduckt die
vorbeiflutende Prozession von Tierleibern im matten, kalten
Sonnenlicht.
    Kilczer hatte recht, der Strom der Tiere begann sich zu lichten.
Nach einer Weile eilten nur noch ein paar Nachzügler an ihrer
rettenden Felserhebung vorbei, dann versiegte der Strom völlig.
Nur die zertrampelten Kadaver rings um die inzwischen ausgebrannte
Hülle der Raupe blieben zurück.
    Kilczer riet Dorthy, sich nicht von der Stelle zu rühren, und
verschwand zwischen den Felsen am Hang. Fast eine ganze Stunde blieb
er weg. Dorthy fror in der kalten Luft, wagte sich aber kaum zu
rühren. Der Schlag gegen den Kopf hatte ihren Willen
gelähmt. Die Zeit ging offenbar nicht vorbei – sie war nur
einfach da.
    Schließlich tauchte Kilczer wieder auf. Er hatte ein Gewehr
über die Schulter gehängt. An seinem Gürtel baumelte
eine Tasche aus orangefarbenem Zelttuch mit irgendwelchen
Gegenständen darin.
    »Die Zwillinge«, fragte Dorthy sofort, »haben Sie
sie gefunden?«
    »Ich habe Ade gefunden – und sie beerdigt. Von Chavez
keine Spur! Wenn er mit dem Leben davongekommen wäre, würde
er jetzt nach Marta suchen, da bin ich sicher. Das Zelt und alles
darin ist ebenfalls zum Teufel. Kaum noch verwertbare Nahrungsmittel,
kein einziger Sender. Aber wie geht es Ihnen?«
    Dorthy mußte unwillkürlich an ihr Buch denken. Lange
Zeit hatte es sie überallhin begleitet. Jetzt war es weg. Auf
seltsame Weise traf sie dieser Verlust härter als der Tod der
Zwillinge. Er machte alles, was geschehen war, irgendwie realer.
»Es geht schon. Ich kann gehen.« Gehen? Wohin?
    »Wir können nirgends hin. Wir werden hier warten.
Vielleicht taucht Chavez…«
    »Er ist tot, Kilczer. Sehen Sie endlich den Tatsachen ins
Gesicht: Wir sind hier allein, gestrandet. Aber hier können wir
nicht bleiben. Es gibt kein Wasser, keine Nahrung. Wir müssen
ins Hochland hinauf, müssen versuchen, den See und Andrews’
Camp dort zu finden.«
    »Vielleicht wird Andrews nach uns suchen.« Aber Kilczer
glaubte selbst nicht daran.
    »Sie wissen, daß er nach uns suchen lassen, uns aber
sehr wahrscheinlich nicht finden wird. Wir sind über hundert
Kilometer vom verabredeten Treffpunkt entfernt, und Andrews kann
unmöglich wissen, in welche Richtung wir gefahren
sind.«
    »Also keine langen Diskussionen mehr!« Kilczer fuhr sich
über das blasse, verkniffene Gesicht.
»Unglücklicherweise haben Sie recht. Uns bleibt nur der
Marsch durch die Wildnis. Die Vorstellung behagt mir zwar nicht, aber
anscheinend bleibt uns nichts anderes übrig.«
     
    Die Critter hatten auf den getrockneten Schlammpfannen eine
breite, deutlich sichtbare Spur hinterlassen, die zu der
angeschwemmten Randaufwerfung und weiter in den Canyon führte,
der die Klippen am Seerand zerteilte. Bei ihrem Aufstieg passierten
Dorthy und Kilczer immer wieder die Kadaver von Crittern, deren
weiße Körper total zerfetzt und zertrampelt waren. Ihr
Blut bildete jeweils einen schwarzen, gallertartigen Fleck rings um
den Tierleichnam.
    »Sie müssen sehr hart getrieben worden sein«,
murmelte Kilczer. »Sehen Sie, sie haben nicht mal fressen
können, sondern die Pflanzen nur niedergetreten.«
    Dorthy antwortete nichts darauf. Sie stand immer noch unter dem
Eindruck dieser seltsamen Klarheit, die sich inzwischen noch
verstärkt hatte. Sie empfand auch keine Furcht mehr, sondern war
jetzt nur hungrig und durstig. Während ihrer gelegentlichen
kurzen Pausen verzehrten beide ein paar Schokoladenriegel aus der
Notration, die Kilczer unter den Überresten im Zelt vorgefunden
hatte. Der bittersüße Geschmack machte sie zwar noch
durstiger, wirkte aber belebend. Während die letzten Krumen auf
der Zunge schmolzen, hockte Dorthy sich auf den Boden und ließ
den Sand durch die Finger rinnen. Ein paar Partikel blieben an der
Haut kleben. Glimmerkörner. Quarz.
    Ganz allmählich drang die Erkenntnis ihrer ausweglosen
Situation, ihrer völligen Isolation zu ihrem Bewußtsein
durch und legte sich wie ein eisiger Mantel über ihre Gedanken.
Trotz gegenseitiger Bemerkungen schien es völlig unmöglich,
das Camp am See zu erreichen und so lange von dem,

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