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Alien 1: Vierhundert Milliarden Sterne

Alien 1: Vierhundert Milliarden Sterne

Titel: Alien 1: Vierhundert Milliarden Sterne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul J. McAuley
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Weite, in der
Kilczers Gedanken so gleichmäßig aufblitzten wie Ochsen,
die in beständigem Trott einen Schöpfbrunnen in Gang
hielten: der von Wäldern umgebene See mit den aufragenden
Bergen; die alptraumhafte Stampede der Critter; Ades zermalmter
Körper, das unversehrte Gesicht voll Schmutz und Staub; wieder
der See; die schwache Vision einer nackten Frau, die sich in einem
dämmrigen Zimmer ihm zuwandte…
    Dorthy akzeptierte diese Bilder wie eine Papierseite die Tinte,
war einfach zu müde, um darüber nachzudenken. Ihre Beine
schmerzten nun bis zu den Gelenken, und wenn Kilczer einen Halt
vorgeschlagen hätte, wäre sie auf der Stelle zu Boden
gesunken. Doch erbittert und frustriert setzte er einen Fuß vor
den anderen, hatte dabei offensichtlich mehr Schmerzen als sie, und
sie teilte seine grimmige Verbissenheit – zu erschöpft, um
zu erkennen, daß es nicht ihre eigene war.
    Und da war noch etwas.
    Ziemlich schwach zuerst, von Kilczers Gedankenfragmenten kaum zu
unterscheiden. Mit jedem Schritt aber wurde es deutlicher.
Wachsamkeit, eine zögernde Furcht, unruhig, kommend und gehend,
doch bei jeder Wiederkehr stärker spürbar.
    »Irgend etwas beobachtet uns«, sagte sie.
    Er löste das Gewehr von der Schulter und sah sich vorsichtig
um. »Ihr TALENT arbeitet? Wo ist das Wesen?«
    »Irgendwo weiter vorn, höher. Es schaut auf uns
herunter. Nein, warten Sie!«
    Sie fuhr herum. Im selben Moment trat die Kreatur aus dem
Felsschatten am Ende eines Kiesabhangs heraus und löste, als sie
auf allen vieren herunterkroch, eine kleine Gesteinslawine aus.
Dorthy und Kilczer fuhren zurück. Die Kreatur erhob sich auf die
Hinterläufe und streckte die Arme wie zu einer flehentlichen
Bitte aus. Ein mittleres Paar verkümmerter Gliedmaßen
hatte sie über die Wölbung ihres schwarzen Bauchfells
verschränkt. Der kapuzenförmige Hautlappen flatterte um das
schmale Gesicht. Unterhalb der Schnauze verjüngten sich die
schwarzen Lippen zu einem spitzen, scharfen Horn.
    Einen Augenblick stand Dorthy wie erstarrt. Dann spritzte ein paar
Meter neben dem Hüter Sand auf. Das Wesen wirbelte herum und
rannte geschmeidig auf allen vieren davon. Als ein zweiter
Schuß Gesteinssplitter durch die Gegend streute, verschwand es
hinter den Felsen.
    Dorthy fand erst wieder zu sich, als Kilczer ihren Arm nahm.
    »Tut mir leid, ich habe ihn verfehlt«, murmelte er. Und
er meinte es wirklich so. Schweißtropfen rannen ihm über
das blasse Gesicht. »Es wäre sicher nicht gut, seiner Spur
zu folgen.«
    »Ein Hüter?«
    »Todsicher.«
    Seine disharmonischen Gedanken störten ihren Versuch, das
Wesen ausfindig zu machen. »Ich glaube nicht, daß er etwas
Böses im Sinn hatte. Er versuchte, etwas zu
beschützen.«
    »Wir können uns ja mal da oben umschauen«, meinte
Kilczer halbherzig.
    Sie brauchten nicht lange zu suchen. Oberhalb des Geröllhangs
teilte eine hohe Spalte die Klippe, und tief darin befand sich eine
Kreatur, deren stumpfer Körper von einer lederartigen Schale
umhüllt war. Runzlig, mit vielen Höckern, war sie gut einen
Meter größer als Kilczer. Dorthy konnte in diesem
rätselhaften Gebilde nichts erfassen, nicht mal das geringste
Wissen um seine Art, das alle Tiere außer den primitivsten
Lebensformen aufwiesen. Das Gebilde hätte ebenso gut eine
Samenhülse oder ein Koffer sein können.
    »Ich will verdammt sein«, knurrte Kilczer und schob sich
das Haar zurück. »Da soll mich doch…«
    »Sie wissen, was es ist?«
    »Ich habe jedenfalls eine Vermutung. Was ist der
portugiesische Ausdruck für die Übergangsform einer
Insektenlarve zum ausgewachsenen Insekt?«
    »Ein Kokon. Oder eine Puppe.«
    »Auf Nowaja Rosja haben wir Bienen, verstehen Sie? Mir
dämmert langsam, Dr. Yoshida, was das da ist.«
    »Ich werde nicht erst Ihre Gedanken lesen, um es zu erfahren.
Hören Sie, der Hüter könnte zurückkommen. Sollen
wir nicht besser verschwinden?«
    »Ich will nur sehen…« Kilczer zog sein Messer
heraus und drückte auf den Knopf. Sofort begann die schimmernde
Klinge summend zu vibrieren. Als er die Hand ausstreckte, quietschte
das große Ding. Kilczer zog ruhig das Messer zurück und
setzte es anderer Stelle nochmals an. Als die Klinge die Haut
berührte, geriet die Hülse in Bewegung und zuckte nach
vorn. In der engen Spalte hallte ihr Quietschen laut wider. Kilczer
wich zurück und stieß Dorthy dabei um. Beide stürzten
und rollten in einer kleinen Lawine aus Sand und Geröll den Hang
hinunter. Kilczer rutschte gegen

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