Alien 2: Verborgene Harmonien
schlug ihm
entgegen. Das Gefühl der Isolation, diese entsetzliche Leere in
seiner Brust verstärkte sich beim Anblick des tristen Foyers mit
seinen kümmerlichen Pflanzen. Ein armseliges Loch! (Jonthan
– so hatte der Junge damals geheißen. Ob er noch lebte
– jenseits der Trackless Mountains?)
Das kleine Fenster des Büros der Concierge war wie das tote
Auge eines altmodischen Trivia-Schirms. Die Glastür spiegelte
matt das hellerleuchtete Foyer wider. De Ramairas Spiegelbild kam auf
ihn zu und schwang elegant zur Seite, als er die Tür
öffnete und hinausging.
Das kalte Fensterglas beschlug von Ricks Atem, während er auf
die Straße hinabsah. Der Regen hatte aufgehört.
Leuchtröhren unterbrachen wie helle Inseln das Dunkel der
Straße. Nach einem Augenblick trat eine Gestalt in weißem
Umhang aus der Tür der Pension. Rick folgte ihr mit den Augen,
bis de Ramaira außer Sicht war. Hinter ihm war wieder nur das
leere Zimmer. Zögernd drehte er sich um – und sah es einen
Moment lang mit den Augen von de Ramaira. Schäbige Möbel,
die sich an die Wände drängten, als würden sie sich am
liebsten unsichtbar machen. Die nackte Leuchtröhre gab einen
hohen Summton von sich, an den Ricks Ohren sich längst
gewöhnt hatten. Jetzt nahm er ihn wieder ganz kurz wahr,
zusammen mit dem gedämpften Dröhnen der Stimmen aus den
Trivia-Geräten seiner Nachbarn. Schon schien das Haus, das er
mit Cath geteilt hatte, kaum realer zu sein als sein Zimmer im
Nichtgraduierten-Haus oder das Wohnheim in Mount Airy.
Cath. Das, was Rick für sie empfunden hatte – eine
vorsichtig keimende Liebe – war inzwischen ebenso tot wie die
verkümmerten Pflanzen im Foyer. Die letzten Spuren dieses
Gefühls waren ausgelöscht worden, als er ihre und seine
Sachen zur Aufbewahrung in einem Lager zusammenpacken mußte,
nachdem das Haus beschlagnahmt worden war.
Jetzt war er hier, nur wenige Kilometer von Cath entfernt, und
trotzdem konnten sie ebenso wenig miteinander sprechen wie Elysium
mit der Schoßwelt. Es wäre leichter zu ertragen gewesen,
wenn Rick sich an den Vorbereitungen für die Verteidigung von
Port of Plenty vor der nicht greifbaren, aber trotzdem sehr realen
Bedrohung durch die Rebellen hätte beteiligen können.
Immer wieder lieferten sich die Siedler Scharmützel mit der
Port Authority-Polizei in den westlichen Wäldern zwischen Stadt
und Outback. Diese Tatsache und das Gefühl, vor der Internierung
sicher zu sein, solange er für die Stadt arbeitete, hatten ihn
dazu getrieben, gegen die bürokratische Gleichgültigkeit
der Freiwilligen Verteidigungs-Streitmacht anzukämpfen. Zuerst
hatte er geglaubt, man nähme ihn nicht, weil er aus einer
Siedlung stammte und man ihm daher nicht trauen könne. Aber dann
hatte er sehen müssen, daß andere Siedler, die an der
Universität arbeiteten oder studierten, durchaus einberufen
wurden, kaum daß der Krieg erklärt worden war.
Schließlich war er zu Professor Collins gegangen, der in
mehreren dieser Ad hoc-Komitees zur Umsetzung der Anweisungen der
Stadtregierung mitarbeitete. Dabei erfuhr Rick, daß Savory es
war, der seine Einberufung blockierte. Aus welchem Grund, konnte
– oder mochte – Professor Collins nicht sagen. Er hatte
Rick nicht im unklaren darüber gelassen, daß die
Vermittlung einer Musterung eine letzte Vergünstigung
seinerseits war.
Immerhin war es eine Chance, dieser Vorhölle zu entrinnen, in
die man ihn gesteckt hatte. Dieses hilflose Abwarten wie das Opfer
eines Säbelzahns, dieses Gefühl, der Willkür Savorys
ohnmächtig ausgeliefert zu sein…
Aber jetzt gab es da das Projekt von de Ramaira. Selbst wenn Ricks
Einberufung abgelehnt würde, bot sich diese Sache als Ausweg an.
Als Kopf der FVS hatte Savory sicher weitreichende Vollmachten. Aber
Ricks Mitarbeit an einem Projekt, das die Stadtregierung genehmigt
hatte, konnte selbst er sicher nicht verhindern.
Rick ging zum Schrank und holte nach kurzem Wühlen in den
wenigen Überbleibseln seines früheren Lebens den Compsim
heraus. Er würde jetzt gleich beginnen…
Es war sein Versprechen für einen neuen Anfang.
Als er sich an den nackten Tisch setzte, begann es draußen
vor dem dunklen, reflektierenden Fenster zu regnen.
12 Wander-Melodie
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Den ganzen Tag regnete es östlich der Wälder um Port of
Plenty ununterbrochen, ein kalter Nieselregen, der alle Einzelheiten
des Graslandes auslöschte. Er berührte Miguels Gesicht mit
Myriaden Nadelstich-Küssen, während der Dingo
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