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Alien 3: Ewiges Licht

Alien 3: Ewiges Licht

Titel: Alien 3: Ewiges Licht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul J. McAuley
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erhellten. Die gekippte
Verschwenkung des einfallenden Bogens, größtenteils durch
den furchterregend nahen Horizont abgeschnitten, war geisterhaft
blaß. Dorthy hörte, wie ihre eigene Stimme, bis an die
Obergrenze ihres Umfangs getrieben, vom Anzug verstärkte Sicht
verlangte.
    Langsam rollte eine Rasterlinie das trübe Blickfeld herunter
und ersetzte es durch ein Gewirr unscharfer schwarzweißer
Blöcke, die sich nach einiger Zeit zum Bild einer streifigen
Fläche von Rillen und zerfetzten Kanälen ordneten.
Überall lag Staub von rußigen Rückständen
interstellarer Körner.
    In Dorthys Erinnerung tauchten einige Zeilen eines alten
Missionarsliedes auf… Erde stand fest wie Eisen / Wasser wie
ein Stein… Dann bewegte sich ihr usurpierter Körper
wieder. Sie fühlte überall auf der Haut, wie die
atavistische Erregung vom Geist des weiblichen Neutrums sie reizte.
Ihre Zähne knirschten aufeinander, als sie wie ein
vierfüßiges Tier über Löcher und Bodenwellen
dahinraste.
    Das Gewirr des Wracks der Fremden dämmerte langsam über
dem abgeschnittenen Horizont auf. Das weibliche Neutrum bewegte sich
vorsichtiger. Die Bauchpartie des Anzugs scharrte über
rußige Eisfelsen, während sie von Spalte zu Spalte
hastete. Das Blut war durch ungewohnte Chemikalien erregt, und der
Puls verwirrend schnell. Das menschliche Sehzentrum im Gehirn schien
mit Mikrogravitation nicht zurechtzukommen und behauptete stur,
daß sie, anstatt über eine chaotische Ebene zu rasen,
einen unendlich gekrümmten Berg emporstiege – oder, noch
schlimmer, eine kahle Steinfläche hinunterkröche. Der
Reflex stieß weiche Fingerspitzen ohne Nägel ständig
zu tief in Felsspalten, und der ganze nackte gegabelte Körper
war in seinem Panzer in Schweiß gebadet.
    Schließlich hing sie am Rande der flachen Schüssel des
Aufprallkraters des Wracks, das gegen eine halb geschmolzene
Felsspitze gerast war. Die Schüssel schnitt eine große
Lücke in den nahen Horizont, runzlig durch Scherströme,
gestreift mit Adern aus nacktem Eis, die noch nicht durch langsam
einfallenden interstellaren Ruß bedeckt waren. Ein Mandala, das
mit surrealistischer Intensität in ihrer verstärkten Sicht
glühte.
    Das Wrack lag im Zentrum dieses Mandalas, ein ausgedehnter Verhau
von Röhren, die wie die Beine einer Menge kopulierender Spinnen
verflochten waren. Durch das gigantische Gewirr wie zwergenhaft
wirkte ein Dreiecksflügel, den Dorthy als eines der Beiboote der Vingança erkannte. Wie in einem Alptraum suchte sie ein
Versteck, konnte sich aber nicht bewegen. Das Beiboot und das
darüber aufragende Wrack kamen außer Sicht, als das
weibliche Neutrum den gesamten Krater absuchte. Sie wurden ruckartig
wieder scharf, während ein halbes Dutzend glühend heller
Fackeln lässig davon aufstiegen als eine strahlende
bösartige Konstellation, die nach der Seite zu driften begann,
als die Fackeln die paar Meter pro Sekunde erreichten, die für
eine Umlaufbahn erforderlich waren.
    Schatten, die in dem Wrack tanzten, bewirkten, daß es sich
zu schütteln und zu rühren schien, wie aus einem langen
ungestörten Schlaf erwacht. Und etwas, das kein Schatten war,
stoppte das langsame Kriechen um die Peripherie des Kraters zu der
Felsspitze, wo das weibliche Neutrum hing. Sie zischte und verletzte
dabei ihre menschliche Kehle, bog nagellose Finger und sprang, wobei
sie Arme und Beine um die Gestalt im Druckanzug schlang, während
sie beide hoch über runzligem Eis dahinflogen.
    Rote Linien kreuzten sich über ihnen, als sie im Schweben um
sich schlugen. Wo die Linien die Oberfläche des Planetoiden
berührten, brach schwarzes Eis ein und verkochte oder zerplatzte
explosiv. Das weibliche Neutrum machte eine Rolle und hielt dabei
immer noch die Arme ihres Gegners fest, so daß sich ihre
Handschuhe unter den Rand seines Helms schoben. Schneller, als Dorthy
folgen konnte, schätzte sie das Gewebe roter Fäden ab, trat
zu, hakte einen Fuß um eine Bodenfalte und zog.
    Dann lag sie auf ihrer Beute in einer tiefen Senke, während
rußiger Staub um sie herum hochflog. Stumpfe Finger
bemühten sich, das Opfer auszuweiden, kratzten aber nur
über unnachgiebigen Strahlenpanzer. In ihrem Helm krächzte
eine Stimme.
    »Töte ihn nicht!« schrie Dorthy und merkte dann,
daß sie tatsächlich schreien konnte. Ihre Kehle schmerzte.
Die Augen füllten sich mit Tränen, die in der
Mikrogravitation anschwollen, aber nicht herunterliefen. Sie rollte
sich von Robot weg und schnaubte kräftig.

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